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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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griffen.
    »Du bist verrückt«, sagte er.
    Er versuchte, die Masse von den Fingern zu kriegen und im Futter zu verteilen. Es machte ihm so viel Mühe, das heimlich und in der Tiefe der Tasche zu tun, daß er das Klingeln des Telefons nicht hörte. Er sah nur, daß Thea den Hörer hochriß, und erst ihr Hallo ließ ihn zusammenzucken und die Hände aus den Taschen ziehen.
    Das Telefon konnte nicht funktionieren. Er hatte es heruntergeworfen, und es war kaputtgegangen.
    Thea schrie ein zweites Hallo in den Hörer hinein und drückte ihn fest an ihr Ohr, als wäre die Verbindung nur schlecht.
    »Was ist?« fragte Nat.
    Thea verzog ihr Gesicht. Sie kniff die Augen zu und gab kleine hohe Töne von sich. Wie ein Kind, das zu weinen vorgibt.
    »Wer ist es?« fragte Nat.
    Theas Töne wurden dringender.
    Nat sah, daß sie tatsächlich weinte.
    »Ich kann nicht mehr«, sagte Thea und wußte selber nicht, warum sie sich gerade diesen Augenblick aussuchte, um so vernehmlich verzweifelt zu sein.
    »War die Leitung eben auch schon tot?«
    »Ja«, sagte Thea.
    Nat seufzte. Wenigstens das war ihm gelungen. Wenn es auch nur ein Aufschub sein konnte.
    »Gib mir den Hörer«, sagte er.
    »Du hast Blut an deiner Hand.«
    Nat legte den Hörer auf den Schreibtisch und wischte die Hand an der Hose ab.
    »Das ist dein Lippenstift«, sagte er.
    »Du hast herumgewühlt.«
    Nat holte die Hülse aus der Hosentasche und den unteren Teil des Stiftes, in dem ein Rest der roten Masse klebte, der noch nicht in warme Schmiere verwandelt war.
    »Du hast herumgewühlt«, sagte Thea, »und was hast du gefunden?«
    »Nichts«, sagte Nat, »nicht die Nummer deines Informanten und nicht den Vertrag.«
    Thea legte den Hörer auf die Gabel, um ihn gleich wieder hochzunehmen und die Nummer des Verlages zu wählen.
    »Was wolltest du mit dem Vertrag?«
    »Ich handle ohne Logik«, sagte Nat, »nur von Gefühlen getrieben. Zerreißen vielleicht.«
    »Ich komme nicht nach draußen«, sagte Thea.
    Nat nickte.
    »Hast du mit dem Hammer draufgehauen?«
    »Ich habe mich in der Schnur gefangen.«
    »Ich ziehe aus. Eben habe ich unterschrieben.«
    Thea sagte das so hastig, daß sie sich daran verschluckte und zu husten anfing.
    »Es geht dir nicht gut«, sagte Nat.
    Thea nahm den Schlüsselbund, den sie neben das Telefon gelegt hatte, und ging aus dem Zimmer. Nat folgte ihr.
    Thea sagte nichts. Sie zog ihren Mantel an und sah in den Spiegel, der über der Kommode hing. Ihre Augen waren rot.
    »Du gehst noch mal weg?«
    »Das siehst du doch.«
    »Wohin?«
    Theas Rücken wurde steif vor Widerwillen gegen den Jammer, den Nat in das eine Wort legte.
    »Telefonieren«, sagte sie.
    Sie zog die Tür hinter sich zu und stand noch eine Weile, um auf das Schluchzen zu warten. Es kam nicht.
    Der Neue legte auf.
    »Ich kann nicht mehr«, hatte Thea gesagt.
    Er nahm es zur Kenntnis.
    Er hatte die Nase schon voll von Thea.
    Heulte ihm ins Telefon. Tat, als höre sie nicht.
    Theater mit dem Lover vermutlich.
    Ihn kotzte das an.
    Er war nicht die Heilsarmee.
    Er diktierte den Brief ohne Bedauern.
    Thea eine Chance geben. Getan. Gestorben.
    Der Mann hatte graue Hosen an und hellbraune Schuhe.
    Wenn er einen Satz sagte, wiegte er die Knie.
    Er sagte viele Sätze und hörte vielen Sätzen zu.
    Er hörte nicht auf, zu telefonieren.
    Thea hatte Männer mit hellbraunen Schuhen nie gemocht.
    Auch keine Leute, die in Telefonzellen standen und lange Gespräche führten. Doch ihr fehlte die Energie, die Tür aufzureißen und harte Worte zu sprechen.
    Thea stand brav, bis der Mann aus der Zelle kam.
    Der Apparat nahm erst ihren dritten Groschen an.
    Das Rufzeichen. Die Stimme der Sekretärin.
    »Ich stelle durch.«
    Thea wartete.
    Der Mann mit den grauen Hosen und den hellbraunen Schuhen war zurückgekommen. Er ging vor der Telefonzelle auf und ab.
    »Tut mir leid«, sagte die Stimme, »er hat keine Zeit.«
    »Was ist mit London?« fragte Thea.
    »Er hat Ihnen geschrieben. Im Brief steht alles drin.«
    Thea brauchte Zeit, um aufzulegen.
    Sie war sicher, daß etwas schrecklich schiefgegangen war.
    Der Mann klopfte an die Scheibe.
    Thea drückte die Schulter gegen die Tür und schob sie auf.
    Der Mann quetschte sich an ihr vorbei, noch ehe sie die Telefonzelle verlassen hatte.
    Den Makler anrufen. Den Vertrag rückgängig machen.
    Die Wohnung war zu teuer.
    Thea stand vor der Zelle und sah auf die wiegenden Knie.
    Dann beschloß sie, den Brief abzuwarten.
    Nat nahm die Whiskyflasche und war

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