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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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den Rücken gekehrt hatte. Doch er drehte sich noch einmal um.
    »Kannst du in den nächsten Tagen los? Ein Interview, das eigentlich das Londoner Büro machen sollte.«
    »Und warum machen die das nicht?« fragte Thea, um irgendwas zu sagen und ihren Schrecken über das Du zu verbergen.
    »Zuviel zu tun«, sagte der Neue. »Also, kannst du?«
    »Ja«, sagte Thea, »sagen Sie mir nur noch, um was es geht.«
    Er schaute auf die Uhr.
    »Am Telefon«, sagte er, »spätestens morgen vormittag.«
    Thea ließ ihn aus der Tür gehen und gab noch kurze Zeit zu. Lange konnte sie nicht mehr da stehen. Gleich stürmten sie aus den Büros und auf die Straße, und Thea hatte kaum Lust, ihnen zu begegnen. Kein Bild von Stärke, das sie im Augenblick bot. Schlimm genug, daß der Neue das bemerkt haben mußte. Die Turmuhr der nahen Kirche schlug das Viertel der nächsten Stunde an, als Thea aus der Tür kam. Viertel nach zwölf.
    Um eins hatte Thea einen Termin mit dem Makler.
    Es überraschte Nat, die Schubladen des Sekretärs offen zu finden. Er ließ die Büroklammer, die er schon in Form gebogen hatte, in den Papierkorb fallen und fühlte sich fast enttäuscht. Die Schlösser der kleinen Laden ließen sich leicht mit einer Klammer lösen. Er hatte das schon vor Jahren herausgefunden. Da hatte der Sekretär noch seiner Mutter gehört. Als Thea ihn in Gebrauch nahm, hatte Nat ihr den Schlüssel zu den Schubladen mit großer Geste gegeben. Sie fiel ihm leicht. Er schenkte ihr Geheimnisse, an die er jederzeit kommen konnte. Nat, der Ahnungslose, noch ohne Vorstellung davon, daß Thea ihm derart entgleiten könnte. Ihre Geheimnisse nicht länger in Schubladen und Taschen legte.
    Keine Zettel mit Telefonnummern. Keinen Vertrag.
    Nat schloß die Klappe des Sekretärs und schaute auf die schwarzen Masern des Eibenholzes, bis es ihm vor den Augen flimmerte. Früher einmal hatte er dicke Monde um die Masern gemalt. Mondgesichter, die Mimi mit viel Politur entfernen mußte. Tagelang hatte er zur Strafe nicht in den Kindergarten gedurft. Nach der Schweinerei. Mucky mess, hatte seine Mutter gesagt. Er dachte viel an Louise in diesen Tagen.
    Louises Verzweiflung, von ihm verlassen zu werden. Ihr Haß auf Thea, die er doch nur ein einziges Mal getroffen hatte. Den Mund hätte er halten müssen. Louise nicht erzählen, daß er nur noch mit Thea leben mochte. Doch es hatte ihn zu sehr ergriffen, das zu empfinden für eine andere Frau. Es hatte ihn zu sehr gefreut, seiner Mutter die Macht zu nehmen.
    I'm leaving, Mother. Louise hatte sich an den Hals gefaßt. Ihre Hand hing in drei Reihen grauer Perlen. Sie zog und zerrte daran, doch das konnte ihr das Atmen nicht leichter machen. Louise hätte ihn lieber tot gesehen als an Theas Seite. Nat war ihr zuvorgekommen.
    Nat ging ohne Hoffnung an den Schminktisch. Der Lippenstift, den er zu grell fand an Thea, kullerte in der Schublade, als er sie aufzog. Nat nahm ihn und steckte ihn ein und hatte das Gefühl, einen Feind auszuschalten.
    Das nächste, was ihm in die Hände fiel, war die Kreditkarte, die er Thea im Dezember gegeben hatte, kurz nachdem sie ihren Job verlor. Die Karte hatte einen Schnitt. Einen halbherzigen Schnitt, dachte Nat. Gerade, daß die Schere in die Kante des Plastiks gegriffen hatte. Keine Konsequenz in Theas Tun. Wie Pulsadern quer aufschneiden. You can't die, dear.
    Das Telefon klingelte zweimal. Dann war Nat schon da, um nach dem Hörer zu greifen. Sein Magen zog sich zusammen, als die Frau den Namen der Zeitung nannte und mit dem Mann verband, von dem Thea als dem Neuen gesprochen hatte.
    »London hat doch mehr Eile, als ich dachte«, sagte der Mann, »am besten, du fährst gleich morgen los.«
    »Nat Landman«, sagte Nat und nahm Anlauf für die nächsten paar Worte. »Tut mir leid. Thea ist nicht da.«
    »Der Lebensgefährte«, sagte der Neue. Er ließ es klingen, als kenne er Nat zur Genüge.
    »Ihre Kleine scheint das häusliche Glück ja dicke zu haben. Ist ganz heiß auf einen Vertrag.«
    »Meine Kleine«, sagte Nat, »ist manchmal nicht ganz bei sich.«
    »Wie soll ich das verstehen?«
    »Ich hoffe nur, daß der Vertrag ihr hilft, vom Trinken loszukommen.«
    »Thea trinkt«, sagte der Neue.
    »Thea ist ein bißchen aus der Bahn. Ein Schuldkomplex nach einem Unfall, den sie verursacht hat.«
    »Ja«, sagte der Neue, »ich hatte gleich das Gefühl, daß Thea mit den Nerven durch ist.«
    »Lassen Sie sich nur nichts anmerken. Thea fängt sich schon noch.«
    »Haben Sie

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