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Thea und Nat

Thea und Nat

Titel: Thea und Nat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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einen Grund, mir das alles zu erzählen?«
    »Ich hoffe nur, daß Thea Ihr Verständnis hat. Manchmal platzt ihr ein Termin. Morgen soll sie nach London?«
    »Ich melde mich nachher noch mal«, sagte der Neue.
    Nat zuckte zusammen, als er das Klicken in der Leitung hörte. Nichts mehr zurückzunehmen. Er hatte Thea verraten. Er hoffte nur, daß ihm das half.
    »Die Hochbahn stört mich nicht«, sagte Thea.
    Sie sah aus dem Fenster, das der Makler geschlossen hatte, gerade als die Bahn vorbeifuhr, und sah auf die Treppe, die genau zwei Stockwerke unter ihr lag. Zehn Stufen. Thea hatte sie gezählt, als sie ins Haus gegangen waren.
    Die Geräusche kamen durch das geschlossene Fenster.
    »Es stört mich nicht«, sagte Thea.
    Die Wohnung war gut. Weit genug von Nats Welt.
    Thea zog die Spitze ihres lila Schuhs über das matte Parkett, das noch die Spuren eines Teppichklebers zeigte.
    Die Wohnung stand schon leer. Das beste an ihr.
    »Ich nehme sie«, sagte Thea.
    Der Makler versuchte, die Doppeltür zurückzuschieben, die er aus der Wand gezogen hatte. Ein loses Parkettstück machte ihm Schwierigkeiten.
    »Wir können den Vertrag gleich fertig machen«, sagte er, »wenn Sie mit in mein Büro kommen.«
    Thea ging die zehn Stufen hinunter und dachte an Nat, wie er am Fenster stand, halb vom Vorhang verdeckt.
    Der Makler hielt die Autotür auf. Thea stieg ein. Sie vergaß, daß sie ihren Fiat unter der Hochbahn abgestellt hatte.
    »Sie können morgen einziehen«, sagte der Makler.
    Thea nickte. Nat stürmte die Treppe hoch. Schlug die Tür ein. Zog das kleinste Geißlein aus dem Uhrkasten.
    »Ist Ihnen nicht gut?«
    Thea guckte auf die Dose englischer Fruchtbonbons, die im Fach neben dem Fahrersitz lag. Nur die Dose vor Augen haben. Keine anderen Bilder. Nur nicht anfangen, sich für das kleinste Geißlein zu halten.
    »Frau Friedberg?«
    »Ich bin nur müde«, sagte Thea.
    Nur müde, dachte Thea, als sie den Vertrag unterschrieb und statt des F fast ein L geschrieben hätte.
    »Das wäre es dann«, sagte der Makler.
    »Ja«, sagte Thea.
    Das wäre es dann. Sie mußte es nur noch Nat beibringen.
    Nat ließ das Telefon noch einmal fallen. Aus größerer Höhe diesmal. Er betrachtete den hellgrauen Apparat, der auf dem hellgrauen Teppich lag, und hob schließlich den Hörer auf. Er hörte den langen Ton, kaum daß er an der Gabel rührte.
    Die Platine hatte immer noch keinen Schaden genommen. Nat schaute zu den Steinplatten, die vor dem Kamin eingelassen waren. Er warf das Telefon, als ob er eine Boulekugel würfe. Er hörte das Knacken des Kunststoffs und konnte den Riß im Gehäuse aus anderthalb Meter Entfernung erkennen. Nat näherte sich langsam, halb in Erwartung, daß der Apparat sich aufbäumen würde und wieder den langen Ton hören ließe. Er hob den Hörer. Die Leitung war tot. Er hatte es geschafft. Keine Verbindung mehr nach draußen.
    Nat saß am Schreibtisch, als Thea kam. Seine kleine elektrische Schreibmaschine surrte, er hatte die Finger auf den Tasten und fing an zu schreiben, ohne sich nach Thea umzudrehen.
    »Du hast kein Papier eingespannt«, sagte Thea.
    Nat schaute die schwarze Walze an und erkannte viel mehr Buchstaben, als er in der kurzen Zeit geschrieben hatte. Es mußte ihm schon öfter passiert sein, ohne Papier zu schreiben.
    »Ich bin mit den Nerven durch«, sagte er.
    »Hast du getrunken?«
    Nat lachte. Er schaltete die Schreibmaschine aus und ließ die Hände in den Hosentaschen verschwinden. Die beste Möglichkeit, das alberne Zittern zu verbergen.
    »Nein«, sagte Nat.
    Er lag ziemlich zurück mit dem Alkoholkonsum heute. Er war einfach nicht dazu gekommen.
    Thea ging zum Fenster und zog die Vorhänge zurück.
    »Es ist noch hell draußen«, sagte sie.
    »Natürlich«, sagte Nat.
    In der Tiefe des Taschenfutters fühlte er die kühle Hülse des Lippenstifts, den er aus der Schublade genommen hatte.
    »Frau Liebig hat die Vorhänge ausgeklopft«, sagte er.
    »Die Vorhänge ausgeklopft«, sagte Thea.
    »In dieser Stadt staubt es noch mehr als in London.«
    »Seit wann werden hier die Vorhänge ausgeklopft? Sie werden heruntergenommen und in die Reinigung gebracht.«
    »Reg dich nicht auf. Du hast ihr keine Anweisung gegeben«, sagte Nat.
    »Du hast am Fenster gestanden, als ich aus dem Haus ging. Du hast gedacht, daß der Vorhang dich verdeckt. Ich habe dich gesehen. Du bist groß genug.«
    Nats Finger hoben die Metallhülse ab und drehten an dem Stift, bis sie in eine weiche Masse

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