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Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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daran gewesen war, möglichst viel Zeit alleine oder genauer gesagt mit Louis zu verbringen.
    Aber sei's drum. Die Sache war wirklich wichtig und ich musste die Gelegenheit beim Schopf packen, wenn ich etwas ändern wollte. Also setzte ich mich wieder.
    „Es geht um die Arbeiterinnen und Arbeiter“, begann ich. „Ich arbeite doch momentan in der Färberei und dort ist auch ein älterer Herr beschäftigt, das heißt, er war es bis vor etwa zwei Wochen. Dann ist er schwer krank geworden und hat gerade so überlebt. Der Punkt ist: Er wäre gar nicht erst so krank geworden, wenn er sich vorher hätte auskurieren können. Aber das ging nicht, denn dann wäre er vermutlich verhungert, weil unser System den Arbeitern keine Möglichkeit bietet, größere Vorräte anzusparen oder einen Vorschuss zu erhalten, wenn sie aus gesundheitlichen oder anderen Gründen einmal nicht arbeiten können.“ Ich kam langsam in Fahrt. Meine Mutter sah mich etwas überrascht an, unterbrach mich aber nicht.
    „Außerdem kann es nicht sein, dass Arbeiter hier nicht medizinisch versorgt werden dürfen. Sevishta hat es rundweg abgelehnt, sich um ihn zu kümmern. Ich weiß, dass das nicht ihre Schuld ist und dass sie sich nur an die bestehenden Regeln hält, aber in Zeiten, da es keine öffentlichen Krankenhäuser und soziale Einrichtungen mehr gibt, müssen diese Regeln geändert werden. Diese Menschen arbeiten sechs Tage die Woche für uns, teilweise bis zum bitteren Ende, und erhalten dafür einen Hungerlohn und ein mehr oder weniger dichtes Dach über dem Kopf. Das ist ein Anfang, aber nicht genug. Wir haben eine soziale Verantwortung ihnen gegenüber.“
    Ich atmete tief durch und meine Mutter nutzte die Möglichkeit, einzuhaken: „Sie arbeiten aus freien Stücken hier. Keiner ist gezwungen zu bleiben, wenn es ihm nicht gefällt.“
    „Heutzutage hat man wohl kaum die Wahl“, schnaubte ich. „Die Menschen ergreifen jeden Strohhalm, der sie auch nur einen Tag länger überleben lässt. Aber wir haben nicht das Recht, das auszunutzen. Außerdem: Wir brauchen sie. Erzähl mir nicht, dass wir das alles ohne die Arbeiterschaft hinbekämen, die Ernte, die Arbeit in den Stallungen, auf den Weiden, oder auch hier im Haus … glaubst du, du könntest Polly dazu bringen, bis an ihr Lebensende die Böden zu schrubben? Nie im Leben. Die baute sich eher ein Baumhaus irgendwo im Südwald und zöge ihr eigenes Ding durch, wenn es darauf ankäme. Apropos Haus – Hast du mal die Hütten gesehen, in denen sie leben müssen? Warst du überhaupt schon mal dort?“
    „Natürlich“, erwiderte sie. „Allerdings frage ich mich, warum du dort warst!“
    Mist. „Ich konnte den alten Mann wohl kaum alleine nach Hause gehen lassen. Dante war viel zu schwach, er konnte sich kaum aufrecht halten. Er hatte eine Lungenentzündung und hohes Fieber und es hat Tage gedauert, bis er wieder einigermaßen fit war.“
    „Willst du damit etwa sagen, du hast dich um ihn gekümmert?“ Die Stirn meiner Mutter furchte sich beängstigend.
    „Ja“, sagte ich frei heraus und hob mein Kinn.
    „Das kannst du nicht machen. Das geht zu weit, dass eine Amazone einen Mashim gesundpflegt“, sagte sie streng und schüttelte den Kopf. „Allerdings verstehe ich jetzt, was Areto vorhin damit meinte, dass du zwischenzeitlich so abwesend und müde gewesen seist. Sie hat sich Sorgen gemacht.“
    Nie im Leben hat sie das. Aber es machte mich nervös, dass ich meine Erschöpfung wohl doch nicht gut genug getarnt hatte. Jetzt nicht den Kopf verlieren …
    „Sorg dafür, dass die Arbeiter in der Klinik behandelt werden und ich werde so etwas nie wieder tun“, versprach ich ihr hitzig. „Aber wie auch immer: Wir können nicht behaupten, im Einklang mit der Natur zu leben, und dabei unsere Mitmenschen am Rande des Existenzminimums dahinvegetieren lassen. Und wenn sie unseren Anforderungen nicht mehr genügen, nicht einmal mehr das – und ihnen in diesem Fall sogar die medizinische Versorgung verweigern. Wo es doch viel schlauer wäre, das Beste für ihre Gesundheit zu tun, damit sie Themiskyra noch lange nützlich sein können“, setzte ich hinzu und appellierte damit an ihre ökonomische Seite.
    Dass sie mich so lange einfach hatte reden lassen, verwirrte mich, und dass sie nach meinem Vortrag nicht gleich zum Gegenangriff ansetzte, interpretierte ich als gefährliche Stille . Deshalb lehnte ich mich schwungvoll zurück und verschränkte trotzig die Arme vor der Brust, wie um mich

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