Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
um ihm einen Brief von Philippa zu überbringen. Ich überquerte den Platz zwischen den Arbeiterhütten, da vernahm ich einen Laut, den ich schon gefühlte Äonen nicht mehr vernommen hatte und der mein Herz für einen Moment ganz leicht machte. Neugierig, aber immer noch ungläubig folgte ich dem Geräusch, stahl mich zwischen ein paar Gebäuden hindurch und linste unauffällig um die Hausecke.
Tatsache. Polly lachte. Und was noch erstaunlicher war – sie tat es, obwohl Mato bei ihr war. Sie standen auf der kleinen Brachfläche zwischen Hütten und Außenmauer, neben Brettern, Bauschutt und einer verrostete Schubkarre.
Mach dich vom Acker, das geht dich nichts an, mahnte mein Verstand.
Aber ich konnte nicht. Polly hatte mich aus ihrem Leben so ausgeschlossen, ich hatte gar keine andere Chance, als sie zu belauschen, um zu erfahren, ob es ihr gut ging. Und, okay, ich war neugierig.
Pollys Heiterkeitsausbruch endete abrupt, so als hätte sie sich selbst bei etwas Unpassendem ertappt. Sie setzte einen entschlossenen Gesichtsausdruck auf und verschränkte die Arme. „Zieh gefälligst nicht alles ins Lächerliche. Ich bin nicht zum Spaß hier. Um es kurz zu machen: Hör. Auf.“ Da Mato nur interessiert lächelnd den Kopf schief legte, sah sie sich gezwungen, deutlicher zu werden. „Hör auf, mir nachzuschleichen und im Stall aufzulauern, hör auf, mir diese albernen Zettel zu schreiben und hör verdammt noch mal auf, dir irgendwelche Hoffnungen zu machen … warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du mir überhaupt nicht zuhörst?“
Mato machte ein e abwehrende Geste. „Deine Worte, auch die weniger freundlichen, sind Musik in meinen Ohren. Ich hänge an deinen Lippen.“
Das brachte Polly zur Weißglut. „Lass das!“, zischte sie. Sie schloss für einen Moment die Augen. „Pass auf. Ich weiß, dass du dir die Schuld daran gibst, was deine Vatwaka-Freunde getan haben. Aber glaub mir, du machst mein Leben um keinen Deut besser, wenn du mir dauernd hinterherschleichst. Ich verzeihe dir, okay? Du hast mir das Leben gerettet, wir sind quitt, deine Schuld ist beglichen, die Sau ist gegessen. Geh deiner Wege. Lass mich in Ruhe. Hau ab. Verstanden? Was ist das?“ Sie starrte auf das Ding, das Mato aus seiner Jackentasche gezogen hatte und ihr nun hinhielt. Aus meiner Warte konnte ich nur einen schmalen, dunklen Ring erkennen.
„Ein Geschenk. Für dich.“
Polly war so perplex, dass sie es ohne nachzudenken entgegennahm.
„Ein Armband. Ich habe es aus Selannas Schweifhaaren geflochten und ins Leder sind auch kleine Pferde geprägt“, erklärte er eifrig. „Gefällt es dir?“
„Ähm.“ Mit großen Augen sah sie das Armband hinunter.
Ja, soufflierte ich. Ich konnte sehen, dass es ihr gefiel, an der Art, wie sie es betrachtete und wie sie es in der Hand hielt. Doch sie zog die Augenbrauen zusammen und erwiderte: „Es ist … gut gemacht. Aber es ist nicht mein Stil und ich kann es ohnehin nicht tragen und überhaupt möchte ich von dir nichts geschenkt bekommen.“ Mit einer ruckartigen Bewegung hielt sie ihm das Band wieder hin.
Mato, so unerschütterlich er sich bis jetzt auch gegeben haben mochte, sackte in sich zusammen und sein Lächeln verschwand. „Ich will es nicht zurück.“
„Aber ich möchte es nicht haben. Nimm es.“
„Nein.“
Pollys Hand blieb ausgestreckt. „Ich nehme es nicht an. Schenk es jemand anderem“, sagte sie nachdrücklich.
„Es gibt niemand anderen.“
„Ich habe keine Verwendung dafür. Ich kann es nicht behalten. Du musst es zurücknehmen.“ Jetzt klang sie fast panisch.
„Nein. Es ist nicht mein Stil“, wiederholte er ihre Worte mit einem Hauch Sarkasmus. „Wenn du es nicht willst, wirf es weg, ich habe dafür auch keine Verwendung.“
Polly presste wütend die Lippen aufeinander. Dann schleuderte sie das Armband mit Schwung von sich. Es verschwand geräuschlos irgendwo zwischen Holzbrettern und der alten Schubkarre.
„Dicke Luft, was?“, raunte plötzlich eine Männerstimme ganz in meiner Nähe. Ich fuhr herum und entdeckte Flanellhemden-John neben mir, den anderen neuen Arbeiter.
„Hm“, grunzte ich nur, da ich nicht wollte, dass die Sache zwischen Polly und Mato in Arbeiterkreisen die Runde machte, und mir peinlich war, dass ich beim Lauschen erwischt worden war. Doch John wirkte nicht sensationslüstern, er schüttelte nur mitleidig den Kopf, als sich Mato mit hängenden Schultern und einem gemurmelten „na schön“ in Richtung
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