Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
einen Abend zusammen verbringen!“, schlug Polly, das Biest, vor.
„Oh ja! Alle zusammen!“, rief Corazon begeistert und rieb sich die Hände. „Oder hast du was Besseres vor, Ell?“
Langsam ließ ich meine Hände sinken, die den Pulli im Dunkel des Schranks gerade ertastet hatten, und schloss die Augen. Mist . Ich kam nicht aus. Natürlich konnte es nun, nach dieser Aussprache, nach unserer friedlichen Einigung definitiv nichts Besseres geben, als mit meinen Mädels einen vergnüglichen Abend zu verbringen. Wenn ich mich jetzt herausredete, würden sie mir nie verzeihen und meine ganze Argumentation war komplett unglaubwürdig.
Aber Louis! schrie mein Herz.
Er wird sich Sorgen machen, wenn du nicht auftauchst! mahnte mein Verstand.
He ihr! rief ich ihnen zu. Seit wann seid ihr beide denn mal einer Meinung?
Die anderen warteten auf meine Reaktion.
„Gibt es jetzt schon Erleuchtungen im Kleiderschrank?“, fragte Victoria spitz.
„Schwarz?“, wollte Polly wissen.
Und ich musste lachen und drehte mich um. „Natürlich habe ich nichts Besseres zu tun. Mir war nur kalt.“ Obwohl es im von der Sonne aufgeheizten Raum mindestens fünfundzwanzig Grad hatte, zog ich mir der Glaubwürdigkeit halber meinen dicken Pulli über und sofort brach mir der Schweiß aus. „Und was gibt’s zu trinken?“
Das war der Satz, der noch gefehlt hatte, um die Stimmung wieder komplett herzustellen. Normalerweise tranken wir nichts Alkoholisches, aber ich brauchte einen Vorwand, um aus dem Zimmer herauszukommen.
„Ich organisiere uns was“, rief Polly und sprang auf.
„Ich komme mit“, sagte ich schnell.
Wir ließen die anderen im Zimmer zurück und liefen nach unten.
„Na prima!“, zischte ich Polly zu, als wir im Hof standen.
„Was denn?“, fragte sie unschuldig, aber ich sah ihr ihre Schadenfreude auch im Fackellicht nur allzu deutlich an.
„Louis wartet am Fluss auf mich und ich habe keine Chance, ihm abzusagen. Ich brauche mindestens eine Viertelstunde dorthin und so lange kann ich nicht wegbleiben“, flüsterte ich verzweifelt.
„Dein Problem“, erwiderte sie gleichgültig und so sehr ich sie liebte – ich hatte sie noch nie so gehasst. „Hättest den Mädels ja nicht zusagen müssen.“
„Wie, bitteschön, hätte ich absagen sollen, verdammt?!“
„Tja, dein Herz ist einfach zu weich“, zitierte meine fiese kleine Schwester unsere Mutter.
„Wie auch immer – besorg du den Stoff, ich laufe solange zu Dante und gebe ihm Bescheid. Dann kann er Louis zumindest erzählen, warum ich ihn versetzt habe, und er wird mir vielleicht, hoffentlich verzeihen.“
„Hoffentlich nicht“, knurrte Polly. Am liebsten hätte ich sie erwürgt. Stattdessen schenkte ich ihr nur ein furchterregendes Lächeln, bevor ich in Richtung der Arbeiterquartiere rannte und sie ins Produktionsgebäude schlich.
Fünf Minuten später trafen wir wieder auf einander, ich ein bisschen beruhigter und Polly mit sichtbar ausgebeulter Jacke. Möglichst unauffällig stapften wir an den Amazonen im Atrium vorbei nach oben, wobei ich einen Umweg über das Bad machte, um vier Zahnputzbecher einzusammeln. Als ich danach ins Zimmer kam, herrschte erneutes Schweigen. Mit Sicherheit war wieder über mich gesprochen worden, diesmal jedoch offenbar Positives, denn jetzt sahen meine Schwestern mir direkt in die Augen und die Atmosphäre war um mindestens zehn Grad wärmer. Das konnte unter Umständen aber auch an meinem Winterpulli liegen.
Ich zog die Becher aus meinen Ärmeln, wo ich sie für den Weg zwischen Bad und Zimmer verborgen hatte, und stellte sie neben die große Flasche Met auf den Tisch. Irgendwann würde mir die ganze Heimlichtuerei über den Kopf wachsen. Louis, okay, das ging definitiv nicht anders. Dann noch meine Arbeit für Atalante, über die ich nicht reden durfte. Aber jetzt auch noch heimliche Trinkgelage – ich befürchtete, komplett den Überblick zu verlieren, wer was wusste und wissen durfte und wer nicht, was durch den Genuss von Alkohol sicher nicht einfacher würde.
Ich bemerkte, dass Polly im Gegensatz zu Victoria und Corazon ziemlich langsam trank und tat es ihr gleich. Bloß nicht die Kontrolle verlieren.
Alle paar Minuten blickte ich verstohlen aus dem Fenster und suchte den Hof nach Louis ab. Wenn ich daran dachte, dass er gerade mit den Irrlichtern am Fluss saß, auf mich wartete und sich wahrscheinlich von Minute auf Minute mehr Sorgen machte, drückte mir die Sehnsucht fast die Luft ab.
Die
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