Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
prangte mir das schlecht tätowierte Abbild einer Pyramide entgegen, auf beiden Seiten eingeschlossen von jeweils drei Buchstaben, die zusammen das Wort CHEOPS ergaben. Ein Andrakor! dachte ich voll Entsetzen und ließ seinen Arm wieder fallen. Hier! In Themiskyras Wäldern!
„He, Bunck, wir haben …“, ertönte hinter mir eine Männerstimme, stockte aber, als ihr Besitzer die Situation erfasste.
Mein Herz machte einen erschrockenen Satz. Ich wirbelte herum. Zwischen den Bäumen waren zwei weitere Typen hervorgetreten. Der eine war bärtig und hatte das Kaliber des Pferdediebs, der andere war etwas kleiner, aber bulliger und trug ein Tuch in Pseudopiratenmanier um den Kopf und einen olivgrünen Rucksack auf dem Rücken. Beide hatten schmutzige Kleidung an und waren definitiv nicht auf einem Wanderausflug hier in den Wäldern unterwegs.
Hastig sah ich mich nach Hekate um. Sie graste gelangweilt ein ganzes Stück entfernt.
Pfeif sie her, schwing dich auf ihren Rücken und hau ab.
Genau das wollte ich tun. Doch dann sah ich die Mienen der beiden Typen. Sie hatten einen Augenblick gebraucht, um zu begreifen, was mit ihrem Kumpel passiert war, dann aber hatte sich synchron ein Grinsen auf ihren Gesichtern ausgebreitet, das so siegessicher, anmaßend und widerlich war, dass mir eine Sicherung durchbrannte. Die Sicherung, die normalerweise für meinen gesunden Menschenverstand zuständig war, wie ich mir später eingestehen sollte. Ich ließ sie ein Stück auf mich zukommen, atmete tief durch und wappnete mich. Adrenalin und brodelnder Zorn jagten durch meine Adern.
„Meinst du, das ist eine von denen, Bob?“, fragte der Pseudopirat den Bärtigen, als wäre ich gar nicht anwesend, und verschluckte dabei jede Menge Konsonanten.
„Die Art und Weise, wie sie Buncker zugerichtet hat, legt die Vermutung nahe.“
Eine von denen? Wussten sie von den Amazonen? Waren sie deshalb hier unterwegs? Ein weiterer Grund, sie nicht ungeschoren davonkommen zu lassen.
„Gibt bestimmt eine gute Geisel ab“, stellte der Pseudopirat fest und ließ seinen Rucksack auf den Boden gleiten.
„Außerdem hat sie mit Sicherheit Kenntnis über einige Dinge, die für uns von Interesse sein dürften.“ Bobs gewählte Ausdrucksweise irritierte mich, ich konnte sie nicht mit seinem Äußeren in Einklang bringen.
Sie waren bis auf ein paar Schritte herangekommen. „Was hast 'n du mit unserem Kumpel gemacht, Kleine?“, fragte der Pseudopirat.
Ich schwieg. Keine Lust auf Konversation.
„Spricht wohl nicht unsere Sprache“, stellte er konsonantenarm fest und kam noch einen Schritt näher.
Nah genug. Die Wut verlieh mir Flügel und der Überraschungseffekt war auf meiner Seite, als ich ihm blitzschnell einen geraden Fußtritt in den Bauch versetzte. Die „F“s artikulierte er überraschend deutlich, als er daraufhin ein „Uff!“ ausstieß und wieder etwas zurückstolperte.
Inzwischen hatte ich ein gutes Jahr exzessiven Trainings bei der fußkräftigen Tianyu hinter mir. Alles, was ich tat, jede Bewegung, die ich ausführte, geschah ohne bewusstes Nachdenken, lief ab wie ein automatisiertes Programm. Sie waren größer und stärker, aber ich war wütender – und sie unterschätzten mich.
Ich holte gerade zu einem weiteren Tritt aus, als ich mich rücklings von den Armen des Bärtigen umklammert und hochgehoben fühlte. Kurz erwog ich es, mich dagegen zu wehren, aber dann nutzte ich die erhöhte Position, um von hier aus dem Pseudopiraten noch ein paar gezielte Tritte ins Gesicht zu geben, von denen ihn einer zu Boden schickte. Es gelang mir, einen meiner Arme aus Bobs Griff zu befreien, ich langte über meinen Kopf und hieb ihm dann mit der Faust auf die Nase. Er ließ mich mit einem Schmerzensschrei fallen. Blut rauschte in meinen Ohren, als ich herumfuhr, ihm mein Knie zwischen die Beine und meine Handkante in die Kehle rammte. Ich sah ihn umkippen, wirbelte weiter und kickte dem Pseudopiraten, der sich gerade wieder stöhnend aufrappelte, in die Brust, sodass er wieder zu Boden fiel.
„Jetzt reicht's“, ertönte hinter mir eine raue Stimme. Bunck, der Pferdedieb hatte das Bewusstsein wiedererlangt. Blitzartig drehte ich mich zu ihm um, um einen weiteren Fußtritt zu landen, aber diesmal war er schneller. Er hielt mein Bein fest, bevor mein Fuß ihn treffen konnte, drehte es herum und ich, aus der Balance gebracht, fiel der Länge nach hin. Ich fing mich mit den Armen ab, rollte herum und kickte mit beiden Beinen gegen seine
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