Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
meinem Hals, die mir die Luft abdrückten, und roch seinen fauligen Mundgeruch.
Das war's. Ende. konstatierte mein Verstand. Mein Herz war schon seit langem in eine gnädige Ohnmacht abgedriftet. Die Amazone hatte ihr Bestes gegeben, das Höhlenweibchen letztendlich die Oberhand gewonnen. Die Ränder meines Sichtfelds begannen zu flimmern, wurden unscharf, statisches Rauschen in meinen Ohren übertönte die Geräusche der Nacht.
Im diffusen Dämmerlicht nahm ich verschwommen Hengs hassverzerrte Miene wahr. Und eine undefinierbare, schnelle Bewegung in der Finsternis hinter ihm. Sein Gesichtsausdruck nahm eine abrupte Leere an, dann brach er bewusstlos über mir zusammen. Wie Lenno, war das Einzige, was ich denken konnte. Wie eine Ertrinkende schnappte ich nach Luft, als der Druck um meinen Hals nachließ.
Panik und Ekel lösten meine Erstarrung ab und ich begann hektisch, mich unter dem reglosen Körper hervorzukämpfen, da wurde er schon von mir weg in die Dunkelheit gerissen. Eine starke Hand packte mich und zog mich hoch. Stolpernd kam ich auf die Füße. Eine Zehntelsekunde lang fürchtete ich einen erneuten Angriff und wollte dem Impuls folgen, meinen Kampf fortzusetzen, aber dann spürte ich ein vertrautes Summen von meiner Hand ausgehend durch meinen Körper strömen, das alle Angst vertrieb.
„Louis!“, flüsterte ich.
„Es tut mir leid.“ Er ließ das Aststück fallen, mit dem er den Pseudopiraten bewusstlos geschlagen hatte, und küsste meine Stirn, Wangen und Lippen mit einer Verzweiflung, die mein Herz mit einem Schlag aus der Ohnmacht katapultierte. „Ich hätte dich nicht weglaufen lassen sollen. Es tut mir leid.“ Unentwegt strich er mir über das Gesicht und die Haare, wie um sich zu versichern, dass ich unverletzt war. Erleichterung und Dankbarkeit durchfluteten mich.
„Mir tut es auch leid …“ Es gab soviel, was ich sagen wollte, aber zuerst mussten wir die Situation in den Griff bekommen. „Wir brauchen Licht“, beschloss ich, stapfte zu meiner Tasche und holte die Schütteltaschenlampe hervor. Im grellen Lichtkegel besah ich mir meine Gegner.
Bunck kauerte leichenblass an einen dicken Baumstamm gelehnt und hielt sich den Bauch. Etwas weiter entfernt lag Bob und begann, sich gerade wieder zu regen.
Ohne lang zu zögern hob ich das Aststück hoch und schickte ihn mit einem kräftigen Schlag wieder ins Land der Träume. Es wäre vielleicht nicht nötig gewesen, aber bewegungsunfähige Marodeure waren leichter im Auge zu behalten, außerdem sollte Louis ruhig sehen, dass ich nicht zimperlich war.
Wir zerrten ihn und Heng zu Bunck, damit wir sie besser im Blick hatten. Mit dem Seil, das Louis an Boreas' Sattel hängen hatte, fesselten wir die Vatwaka. Sie leisteten keinen Widerstand. Heng und Bob waren immer noch ohnmächtig und Bunck stöhnte nur mit schmerzverzerrter Miene auf, als Louis seine Hände von der Wunde zerrte, um sie zu verschnüren. Er durchsuchte die Marodeure nach Waffen, förderte aber lediglich zwei Springmesser zutage.
Währenddessen suchte ich den Boden nach meinem Dolch ab und fand ihn glücklicherweise nach ein paar Minuten in einem Gebüsch unweit der Kampfzone. Mit ein paar Blättern wischte ich die Schneide von Buncks Blut sauber und war hin und her gerissen zwischen Triumph und Abscheu. Ich brauchte dringend ein Schwert. Ein eigenes. Für meine Schwertkampfstunden nahm ich immer eines aus dem Fundus, aber das gehörte der Gemeinschaft; ich konnte es nicht einfach mitnehmen. Und ein Dolch reichte heutzutage offenbar nicht mehr aus, wenn man draußen unterwegs war.
Ich kehrte zu Louis zurück und lehnte meine Stirn erschöpft an seine Schulter.
„Was hast du nur gemacht?“, fragte er.
Ich sah auf. „Ich war sauer.“
Louis schaute mich vielsagend an. „So sauer?“
„Mindestens.“ Aber die Wut auf Louis war verraucht, der Kampf hatte sie vollständig absorbiert. Und immerhin hatte ich ihm bewiesen, dass ich zumindest mit einem Gegner bestens klar kam.
„Sie ist verrückt“, stieß Bunck aus, hob den Kopf und sah mich mit hasserfüllter Miene an. „Hat uns einfach angegriffen.“
„Der wollte Hekate stehlen und die beiden hatten vor, irgendwelche Informationen aus mir herauszupressen und mich als Geisel zu nehmen“, stellte ich klar und zeigte auf die entsprechenden Subjekte. „Das musste ich doch verhindern!“
„Ja, das habe ich gesehen“, sagte Louis und hob eine Augenbraue.
Plötzlich durchkreuzte eine Vermutung meinen Kopf:
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