Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
…“ … bevor ich ihn durch mein angebliches Schäferstündchen mit Will aus dem Zimmer vertrieben habe. Die Sache belastete unser Verhältnis immer noch und das tat mir leid.
„Ja?“ Das unausgesprochene Was noch? hing förmlich in der Luft.
„Ist perfekt für alle Eventualitäten ausgerüstet und meist gut gelaunt. Kann kämpfen, Kartentricks und Origami“, setzte ich die Liste fort. „Aber selbst, wenn es gefunkt hätte, hätte ich ihn nach zwei Monaten wieder abgeben müssen und das ist nicht die Art von Beziehung, die ich mir vorstelle.“
„Du solltest dir überhaupt keine Beziehung vorstellen, du bist eine Amazone.“
„ Pssst!“, machte nun ich und schielte zur Balkontür hinauf.
„Sorry.“
„Warum wurdest du aus Themiskyra verbannt?“, wagte ich einen weiteren Versuch. Ich hatte so viel von mir erzählt, aber über sie wusste ich noch fast gar nichts.
„Ein paar kleine Vergehen. Und ein großes, das das Fass zum Überlaufen gebracht hat.“ Ihre Miene verhärtete sich. „Sie bringen dir bei, auf eigenen Beinen zu stehen und für deine Ziele zu kämpfen, trichtern dir dein Leben lang ein, dass du stark und selbstbewusst bist, aber wenn du versuchst, das Ganze auf die Realität anzuwenden, werfen sie dich raus“, sagte sie verbittert.
„Da hast du wohl recht.“ Stumm, aber so einträchtig wie noch nie stapften wir die Treppen hinauf. Und plötzlich fand ich es schön, eine meiner Schwestern hier zu haben. Ein Stück Themiskyra. Allerdings eines, das offenbar genauso inkompatibel zu den dortigen Sitten war wie ich.
Die anderen merkten ziemlich schnell, dass Nia und ich unseren Disput beigelegt hatten, denn das eisige Schweigen, das zwischen ihr und mir bis auf gelegentliche Beschimpfungen geherrscht hatte, war von einem Tag auf den anderen Vergangenheit. Sie war nach wie vor aufbrausend und sarkastisch, aber das war wohl ihre Art und hatte nichts mehr mit meiner Anwesenheit zu tun. Vor allem Ces schien erleichtert zu sein. Es musste kompliziert gewesen sein, mir die Loyalität zu halten, während er drauf und dran war, sich in eine Frau zu verlieben, die mich verabscheute. Und dass er das tat, war sonnenklar.
Der Schnee kam früh in diesem Jahr und wenn wir auch in Themiskyra manchmal gefroren hatten, machte mir der Winter in Citey klar, wie komfortabel ich es in der Stadt der Amazonen gehabt hatte. Der Strom, den die Solarplane auf dem Dach erzeugte, reichte nicht, um Elektroheizungen anzuschließen, er gewährleistete lediglich die Versorgung der Alarmanlage und das Aufladen der wichtigsten Lampen. Ohne einen Wald vor der Haustür war Holz rar und kostbar. Die Scheite, die wir mühsam vom Land antransportierten, waren dafür rationiert, eine warme Mahlzeit am Tag zu kochen, Brot zu backen und einen Raum zu beheizen – und das war Vernes Zimmer im Landhausstil, da dort praktischerweise ein Kachelofen stand. Er hatte den Abzug mit einigen Rohren verbunden, die den Rauch nach draußen leiteten, und die fehlende Zimmerdecke und Seitenwand mit Holzbrettern verdeckt, damit der Raum die Wärme besser hielt. Jeden Abend versammelten wir uns nun dort und stritten fast um die begehrten Plätze auf der Ofenbank.
Unsere Zimmer und der Rest des Kaufhauses waren unbeheizt und als das Thermometer nachts auf minus zwanzig Grad hinunterging, war ich fast soweit, Wills großzügiges Angebot anzunehmen, die Wärme seines Betts mit mir zu teilen. Morgens war das Wasser in den Eimern von einer Eisschicht bedeckt und das Waschen selbst eine Tortur. Ich hatte das Gefühl, wochenlang nicht richtig warm zu werden. Das Einzige, was gegen die permanente Kälte half, war Bewegung und ich meldete mich freiwillig an die Pedale der Wäschetrommel, auch wenn die Hitze schnell verflog, weil ich die nassen Kleidungsstücke im eisigen Keller aufhängen musste.
Ich hatte Angst um Louis. Wo immer er war, ich hoffte, dass er einen Platz hatte, an dem er es warm genug hatte. Auf dem Markt hatte ich schon gehört, dass in den kalten Nächten einige Leute gestorben waren, weil sie weder Feuer, noch genug Decken gehabt hatten, um sich zu wärmen.
Ein Lichtblick war im wahrsten Sinne des Wortes das Lichterfest. Will hatte schon am frühen Morgen „Heiligabend!“ über die Wand hinwegtrompetet und Nia mir beim Frühstück mit einem Lächeln „Yazaya“ zugeflüstert. Genaugenommen war das Lichterfest zwei Tage früher, aber ich hatte in diesem Jahr gar nicht über die Wintersonnenwende nachgedacht und sie –
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