Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Bistro versammelt hatten.
Will fragte stirnrunzelnd: „Wollte er irgendwohin?“
„Ich war vorhin noch bei ihm“, erzählte ich, „aber er hat nichts erwähnt.“
„Ich habe ein ungutes Gefühl.“ Munin ließ sich auf eine Bank fallen und stützte das Kinn auf die Hände.
„Was meinst du?“, wollte Ces wissen. „Glaubst du, er ist einfach abgehauen?“
„Nein, das würde er nicht tun“, warf Will ein. „Er würde uns nie im Stich lassen.“
Munin stimmte ihm zu. „Ich befürchte eher, dass er versucht, beim Orden noch einmal einen Aufschub zu bekommen.“
„Na super!“, rief Nia aus. „Und wen töten sie diesmal? Die Hühner? Die Pferde? Vielleicht einen von uns?“
Auf dieses Stichwort hin hielt es Chiara nicht mehr aus und begann fahrig, die gebrauchten Teller einzusammeln und zur Spüle zu tragen. „Vielleicht ihn“, sagte sie nur leise.
Munin schüttelte den Kopf. „Wilde Spekulationen bringen jetzt überhaupt nichts. Wahrscheinlich wollte er wirklich einfach nur mal raus. Er war immerhin den ganzen Tag da unten. Versucht, euch zu entspannen, vielleicht ist er ja gleich wieder da.“
Aber Verne war nicht gleich wieder da und entspannen konnte sich keiner von uns. Im Gegenteil, je mehr Zeit verging, desto nervöser wurden wir. Niemand legte sich schlafen, aber ich brachte es irgendwann auch nicht mehr fertig, bei den anderen zu sitzen und Trübsal zu blasen. Erneut suchte ich das Gebäude ab, überprüfte die Melder der Alarmanlage und begab mich schließlich aufs Dach, wo ich bis zum Morgengrauen Wache hielt. Doch Verne kehrte nicht zurück.
Vielleicht war ihm doch alles zu viel und er hat sich aus dem Staub gemacht, mutmaßte mein Verstand.
Ich hätte es verstehen können. Aber glauben konnte ich es nicht.
Wie gerädert saßen wir bei einem sehr frühen und sehr schweigsamen Frühstück. Will schob als erster seinen Stuhl zurück und stand mit den Worten auf: „Ich muss hier raus. Ich sehe mich mal im Viertel um.“
Ich haderte gerade damit, ob ich es ihm gleichtun oder mich doch für eine Stunde hinlegen sollte, da tauchte er mit versteinertem Gesicht wieder auf. In der Hand hielt er einen Zettel.
„Das hier hing außen am Tor“, sagte er grimmig und warf ihn auf den Tisch. Er tigerte wütend hin und her, während wir uns über den Brief beugten.
Sehr geehrte Damen und Herren, da Ihr Geschäftsführer derzeit unser Gast ist, erlauben wir uns, Sie in seinem Namen an die vereinbarte Warenübergabe zu erinnern. Bitte veranlassen Sie rechtzeitig die nötigen Vorbereitungen für eine Abholung der Ware seitens des Ordens gegen Einbruch der Dunkelheit am 3. Januar 2026. Mit freundlichen Grüßen, Arich Llandre
stand dort in sauberer, mit brauner Tinte geschriebener Handschrift auf einem dicken, edlen Papier. Ich konnte nicht glauben, was ich da las. Oder eher: Ich konnte es nicht begreifen. Mein Kopf war vollkommen leer, aber es war eine schmerzhafte, kalte Leere. Und die Übermüdung tat ein Übriges.
„Sie benutzen ihn als Geisel, um sicherzustellen, dass sie die Ware bekommen und wir uns nicht einfach absetzen.“ Obwohl er nur das eigentlich Offensichtliche in Worte packte, war ich Will dankbar dafür, denn jetzt hatten meine Gedanken wieder etwas, wo sie einhaken konnten.
„Gast?“, stieß ich hervor und sprang auf. „Veranlassen? Mit freundlichen Grüßen? Was soll das? Sind sie sich zu schade dafür, Buchstaben aus alten Zeitungen auszuschneiden, wie es sich gehört?“
„Das haben sie nicht nötig. Wir sollen wissen, von wem der Brief kommt. Ist ja sogar unterschrieben, vom Chef persönlich“, bemerkte Munin.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte Chiara wissen.
Ces stieß ein Lachen aus, dem jede Heiterkeit fehlte. „Welche Wahl haben wir schon? Wir tun, was sie sagen und hoffen, dass sie Verne freilassen, sobald sie die Ware haben.“
„Wenn er noch lebt“, erwiderte Nia düster.
Chiara hatte sich erneut über die Nachricht gebeugt. Plötzlich zuckte sie zurück und verzog das Gesicht. „Ist das mit Blut geschrieben?“
In dem Augenblick, in dem sich die braune Tinte in Vernes Blut verwandelte, verdichtete sich meine Verwirrung und Wut zu einem Entschluss. „Wir lassen uns nicht erpressen!“
Die anderen blickten mich nur erschöpft an.
„Sondern?“, fragte Munin.
„Wir befreien Verne und behalten die Ware.“
„Ell, das ist der Orden.“
Als ob das Begründung genug wäre.
„Jetzt hört mal zu! Ich habe gestern eine ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher