Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
präapokalyptische Technik bisher kaum vermisst, aber in diesem Moment hätte ich meine rechte Hand für eine funktionstüchtige Digitalkamera gegeben.
Bis zum Abend war die Halle entrümpelt, frische Wäsche trocknete auf langen Leinen über dem Feuer und vom Boden hätte man essen können.
Will hatte während der Prozedur immer wieder das Gesicht in den Händen vergraben und Dinge gemurmelt wie „das kann sie nicht machen“ und „jetzt werfen sie uns mit Sicherheit raus“, aber Chiara hatte den Bogen raus. Sie war zu zart und liebenswürdig, als dass man ihr eine Bitte abschlagen konnte, und gleichzeitig zu resolut, als dass man eine Weigerung auch nur in Betracht gezogen hätte.
Am nächsten Tag wurden zwischen den Hochlastregalen Holzplatten befestigt, die die Räume unterteilten, in denen die Arkadier unterkommen sollten. Ich teilte mir mit den Mädels ein Zimmer. Wieder bildete ein Vorhang die Tür und Betten bauten wir aus Paletten, auf die wir die überschüssigen Matratzen legten. Mit der Zeit wurde es sogar ein bisschen wohnlich, nachdem Chiara den geklauten Bronzepokal und andere Dinge, die sie draußen sammelte und pedantisch säuberte, in die Regale gestellt hatte.
In der ersten Zeit nach dem Einbruch in die Ordensvilla hielten wir uns von den Schwarzmärkten fern. Stattdessen schwärmten wir in Zweiergruppen aus und hielten in der Stadt unauffällig nach den Schattenkutten Ausschau. Doch egal, zu welcher Tages- und Nachtzeit wir unterwegs waren, wir erblickten keinen Einzigen von ihnen. Auch Nia und Ces, die die Villa erneut observierten, bestätigten, dass das Ordensquartier dunkel und verlassen sei.
„Die Typen sind wie vom Erdboden verschluckt“, sagte Nia.
„Irgendwo müssen sie doch hin sein!?“
„Ich schätze, sie haben Bruderorganisationen in den anderen größeren Städten. Vermutlich haben sie sich, zumindest vorerst, dorthin zurückgezogen, weil ihr Stützpunkt hier nicht mehr sicher ist“, meinte Munin.
„Wir haben sie vertrieben!“, rief ich ungläubig, aber triumphierend aus.
„Zumindest vorerst“, wiederholte Munin. „Wir sollten trotzdem die Augen offenhalten.“
Doch die Schatten blieben verschwunden und als Verne wieder so fit war, dass er das Bett verlassen konnte, bekam er einen Rappel, weil so lange – acht Tage waren es nur! – nichts geschehen war. Sofort begann er, neue Strategien auszuarbeiten, und schickte uns zur Residenz, damit das Geschäft wieder anlaufen konnte.
Zuerst dachte ich, Shirokkos Leute hätten uns nur aufgenommen, weil sie auf einen Teil der Ware spekulierten. Nach und nach gewann ich jedoch den Eindruck, dass sie uns duldeten, weil wir uns mit dem Überfall auf den Schattenorden ihren Respekt verdient hatten. Und ich stellte fest, dass sie, trotz ihres teilweise definitiv abschreckenden Äußeren, herzensgute Leute waren. Nicht, dass sie das hätten hören wollen. Nicht, dass ich gewagt hätte, das in ihrer Gegenwart zu wiederholen.
Mein Shampoo hatte ihre Haarpflegegewohnheiten revolutioniert und in unserer Dankbarkeit für die Unterkunft stellten wir natürlich sämtliche Lagerbestände davon zur Verfügung.
„Versteh mich nicht falsch, Mann –“, sagte Phoenix irgendwann zu mir, verbesserte sich aber schnell: „Ell, meine ich, das Zeug ist wirklich gut, aber kannst du nicht irgendwas Männlicheres machen? Ich komme mir schon ein bisschen albern vor, wenn ich mir mit Victoria die Haare wasche … Und vielleicht kannst du den Veilchenduft durch irgendwas ersetzen?“
„Du willst also ein Biershampoo“, schloss ich daraus und kratzte mir nachdenklich den Kopf.
„Egal, nur irgendwas ohne Blumen.“
Damit hatte ich keine Erfahrung, ich hatte bisher lediglich das Rezept verwendet, das ich in Themiskyra gelernt hatte. Nachdem mich Carlos die Fragmente des ehemaligen worldwide webs zu der Thematik hatte durchforsten lassen, konnte ich Phoenix eines Tages stolz mein neues Männershampoo präsentieren.
Spätestens jetzt würde dich Atalante enterben und verstoßen, bemerkte mein Verstand.
„Ich habe es nach dir benannt.“
Phoenix hatte ohnehin einen Narren an mir gefressen, seit ich dank meiner Erfahrung mit Pollys GemPlayer bei einem seiner Musikratespiele haushoch gewonnen hatte. Nun aber schwor er mir ewige Treue und Gefolgschaft bis in den Tod. Und da ich mir dachte, dass man sowas immer brauchen konnte, akzeptierte ich lachend seinen Eid.
Ich gewöhnte mich rasch ein. Dennoch vermisste ich das Kaufhaus – oder
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