Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
Hotelleitung fehlte … Aufs Bett? Geht nicht … Auf die Couch? Autsch. Also auf das Kaminsims damit.
Wieder verging die Zeit falsch, nämlich offenbar gar nicht.
Neurotisch, sagte mein Verstand, als ich der Reihe nach alle vorhandenen Schubladen und Schränke aufriss und mir kurz, aber achtlos ihren Inhalt – Besteck, Spiele, Gewürze, Decken, Kerzen, Gitarre – besah. Langsam wurde es dämmrig, also zündete ich eine Kerze an, konnte mich aber nicht entscheiden, wo ich sie hinstellen sollte und beließ sie schließlich auf dem Tisch zwischen Sofa und Kamin, nachdem ich sie mehrfach quer durch den Raum getragen hatte. Ein Blick in die gut gefüllte, fensterlose Speisekammer ließ meinen Magen knurren und gleichzeitig eine Welle von Übelkeit in mir aufsteigen. Natürlich hatten wir unseren Proviant nicht verzehrt und ich war, abgesehen von einem Frühstück etliche Stunden zuvor, nüchtern.
Zu nüchtern. Mir fiel Kalas Abschiedsgeschenk ein.
Das wird mit Sicherheit einen tollen ersten Eindruck geben – du völlig von der Rolle mit einem Joint auf der Couch, wenn der Typ hier rein kommt, merkte mein Verstand an.
Er kann ja wieder gehen, wenn's ihm nicht passt. Fahrig kramte ich nach dem kleinen Tabakbeutel.
Ich hatte gerade eine der drei Zigaretten und die Streichhölzer aus dem Säckchen gefischt, als ich Schritte hörte, die sich auf dem Weg näherten. Innerlich fluchend stopfte ich alles schnell zurück und versteckte den Beutel unter einem Sofakissen. Schritte auf der Holztreppe. Ich stand auf. Setzte mich wieder, wollte nicht zu erwartungsvoll erscheinen. Sprang wieder auf, wollte nicht zu desinteressiert scheinen. Machte einen Schritt auf die Tür zu und erstarrte, als ich sah, wie sich die Klinke bewegte.
Dann schwang die Tür auf, ein lauer Windstoß blies mir von draußen entgegen – und Louis trat ins Haus.
Kapitel 3
Die Eishülle um mein Herz zerbarst in einer schmerzhaften Explosion. Liebe, Verzweiflung, Trauer, Einsamkeit, Freude – alle Emotionen, die ich in den vergangenen Monaten unterdrückt hatte, wurden mit einem Schlag in meine Blut- und Nervenbahnen katapultiert, rauschten durch meinen Körper und ließen ihn zittern. Aber ich achtete nicht darauf, rannte einfach los, auf Louis zu – so schnell, dass ihre Füße den Boden kaum berührten, fliegt sie mondlos auf ihn zu, direkt in seine ausgebreiteten Arme. Da bist du ja, sagt er und umarmt sie. Wärme und Glück durchströmen sie, als sie sich wie eine Ertrinkende an ihn klammert. Minutenlang stehen sie eng umschlungen im Abendlicht der untergehenden Sonne. Sein Atem streift über ihre Haut, als er ihre Stirn, ihre Augenbrauen, ihre Nasenspitze küsst. Mit der Hand streicht er sanft ihre Haare aus dem Weg und hebt ihr Kinn an. Seine Lippen tasten sich über ihre Wange, bis sie ihren Mund finden – und blieb wie angewurzelt zwei Schritte vor ihm stehen.
„Wer bist du?“ Meine Stimme klang fremd und meine Arme und Beine fühlten sich komisch an. Vielleicht war ich einfach nicht ich, so wie der Mann vor mir nicht Louis war, auch wenn er im Dämmerlicht die gleiche Statur, die gleiche Haarfarbe, die gleichen Gesichtszüge haben mochte.
Er sah mich an, völlig verwirrt durch meine widersprüchlichen Reaktionen, stellte seine Sporttasche lautlos auf dem Boden ab und machte einen kleinen Schritt auf mich zu. Unwillkürlich wich ich zurück und er blieb stehen.
„Wer bist du?“, wiederholte ich schärfer.
„Ganz ruhig“, sagte er mit einer beschwichtigenden Handbewegung und näherte sich ganz langsam, als wäre ich ein scheues Pferd. „Ich tu dir doch nichts.“ Seine Stimme war anders. Ähnlich, aber nicht dieselbe. Und das machte mich wütend und panisch und todtraurig zugleich. Ohne meine Beine wirklich spüren zu können, taumelte ich noch ein paar Schritte zurück.
„Wer bist du!!!“ Ich hörte, wie meine Stimme ins Schrille überschnappte.
„Mein Name ist Cesare. Und du bist Aella, richtig?“, fragte er etwas unsicher nach. Vielleicht wünschte er sich, er hätte die falsche Hütte erwischt.
„Ell!“, widersprach ich heftig. Louis hatte mich nie anders genannt.
Dann schlug ich die Hände vors Gesicht und brach in Tränen aus. Es war, als versuchte ich alles nachzuholen, was ich die ganze Zeit über zurückgehalten hatte. Als hätte ich erst jetzt begriffen, dass Louis wirklich weg war. Und die Verzweiflung darüber nahm mir die Luft zum Atmen. Die Sehnsucht zerrte gewaltsam an meinem Herzen, meiner Haut, an
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