Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
sagte Irina, nachdem sie sich umgesehen hatte, und schwang sich vom Pferd. „Findet ihr den restlichen Weg allein?“ Sie fühlte sich wohl verantwortlich, weil sie die Älteste war. Wir nickten. „Wenn was ist – ihr wisst, wo ich bin.“
Obwohl ich die Weiterreise gerne noch ein wenig verzögert hätte, drängte Victoria, dass sie wieder los wollte. Also ritten wir weiter, immer am Seeufer entlang, bis wir nach etwa einer halben Stunde an ein Haus kamen, das mit dem Ersten quasi identisch war, mit dem Unterschied, dass es pastellgrün gestrichen war.
„Deins“, meinte Victoria nur.
Die Häuser wurden stets der Reihe nach verteilt. Wer sich zuerst meldete, bekam das, das sich am nächsten an Themiskyra befand. Es spielte im Grunde keine Rolle, aber es war eine Regelung, die Zwistigkeiten à la Ich will aber das rosa Haus! vermeiden sollte.
Ich nickte, blieb jedoch auf Hekates Rücken sitzen, während ich mein neues Domizil anstarrte.
„Na los.“ Victoria stieg ab und lächelte mir zu, aber ich erkannte die Ungeduld in ihrem Blick.
Ich wollte sie nicht noch länger aufhalten, deswegen ließ ich mich langsam aus dem Sattel gleiten.
Die Seelentiefe schloss mich in die Arme. „Du schaffst das schon. Immerhin weißt du, was dich erwartet. Da hast du uns anderen schon was voraus.“
Wieder nickte ich stumm, aber die Wahrheit war, dass ich nicht im Geringsten ahnte, was mich erwarten würde.
„Und du – pass auf dich auf. Und … hab eine schöne Zeit“, brachte ich hervor, während sie sich in den Sattel schwang.
„Werde ich haben.“ Sie warf mir noch eine Kusshand zu, dann preschte sie auf und davon. Ich sah ihr nach, bis sie zwischen den Büschen verschwunden war – und noch länger. Irgendwann stupste mich Hekate mit ihrer samtigen Nase an und rief mir ihre Gegenwart und ihre Bedürfnisse ins Gedächtnis. Ich führte sie um das Haus herum, wo ich einen angebauten Holzstall mit einer einzelnen große n Box vorfand. Offenbar ging man davon aus, dass sich die Pferde genauso gut anfreunden würden wie ihre Besitzer. Ich nahm meiner Aspahi den Sattel, das Gepäck und den Blumenschmuck ab, rieb sie mit Stroh ab, striegelte sie und gab ihr zu trinken.
Draußen stand die Sonne schon tief über den Hügeln jenseits des Sees. Da ich mich zumindest ein bisschen umsehen wollte, bevor die Anwesenheit des fremden 'Shims über mich hereinbrach, schnappte ich mir mein Gepäck und trug es eilig auf die Veranda hinauf. Ich fischte den Hausschlüssel aus meiner Tasche, sperrte auf und gab der Tür einen Schubs. Vorsichtig sah ich ins Innere des Sommerhauses. Sofort fiel mein Blick auf ein riesiges Himmelbett mit hellgrüner Bettwäsche, welches den Großteil des Raums zu beanspruchen schien. Hastig wandte ich mich wieder ab und riss nacheinander die hohen Bogenfenster auf, die bis zum Boden reichten. Frische Luft strömte mir entgegen. Ich atmete tief durch und konzentrierte mich auf das, was draußen war, um nicht über das Bett nachdenken zu müssen.
Ein schilfgesäumter Steg führte ein paar Meter in den See hinein, ein kleines, rotes Ruderboot war daran festgemacht. Die von der Sonne golden gefärbten Wellen, auf denen es sanft schaukelte, schienen mich zu hypnotisieren. Fast konnte ich mich zurückversetzen, mich erinnern, mir vorstellen, dass ich mich nur in einem der hübschen Ferienhäuschen befand, in denen mein Vater und ich im Urlaub gewohnt hatten. Ich sog den Duft des Sommertags ein, in den sich nach und nach die Feuchte des Abends mischte. Ein paar Minuten blieb ich stehen und war vollkommen ruhig, dann schlug mit einem Mal die gesamte, mühsam verdrängte Nervosität zu.
Ich begann auszupacken, doch ich fühlte mich mit jedem Augenblick unwohler dabei und stopfte schnell wieder alles zurück in die Tasche. Dann nahm ich meinen Schwertgurt ab und legte ihn nach kurzem Zögern wieder an, da ich das Gefühl hatte, schon viel zu viel ausgezogen zu haben. Dafür verräumte ich immerhin Bogen und Köcher auf die hölzerne Kommode. Mir wurde zu kühl und ich schloss alle Fenster, doch meine Füße schienen zu kochen, also zog ich Stiefel und Strümpfe aus. Danach lief ich zum Ganzkörperspiegel im Bad und schnallte mein Schwert wieder ab, denn es verhunzte meinen ungewohnt femininen Anblick, in den Paz mit dem Kleid ihren ganzen Ehrgeiz gelegt hatte. Ich legte es auf den Tisch in der offenen Küche, aber es harmonierte nicht mit der Obstschale, der nur der Vermerk Mit den besten Empfehlungen der
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