Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
knurrte etwas, das klang wie „Du bist hier.“
„Und seit wann bist du hier?“
„Du brauchst mir nicht zu erzählen, dass du das nicht wüsstest.“
Ich wollte gerade zu einer verwirrten Entgegnung ansetzen, da nahm ich am Tor eine Bewegung wahr und riss den Strahler wieder hoch. Sein Licht fing Verne ein, der zu uns hochwinkte.
„Der Göttin sei Dank, er ist zurück“, stieß ich aus.
„Und in einem Stück“, bemerkte Nia, die in ihrer Erleichterung ihren Groll für eine Sekunde vergessen zu haben schien.
Wir beobachteten, wie Verne den Hinterhof betrat und das Tor hinter sich sicherte, bevor er auf das Kaufhaus zuging und unseren Blicken entschwand. Auch auf die große Entfernung konnte ich sehen, wie erledigt er wirkte. Ich fragte mich, was er bei den Schatten erlebt haben mochte, das ihm so zugesetzt hatte.
„Meinst du nicht, wir sollten lieber zusammenhalten?“, versuchte ich es erneut. „Hier in Citey bekriegen sich doch schon genug Menschen. Wir haben doch dieselben Wurzeln …“
„Ich nicht mehr“, unterbrach sie mich harsch. „Versuch nicht, dich einzuschleimen. Lass mich einfach in Ruhe.“
„Na gut, wie du willst.“ Ich hatte auch meinen Stolz.
Hoch erhobenen Hauptes verließ ich das Dach und stieg zur Wohnwelt hinab. Ich putzte mir die Zähne, doch auf dem Weg in mein Zimmer kam ich am Treppenhaus vorbei und lief kurzentschlossen in die erste Etage hinunter. Ich hatte richtig vermutet. Verne saß in Gesellschaft einer einzelnen Kerze an einem der Tische und studierte die Auflistung der Forderungen, die er mit Sicherheit schon auswendig kannte. Er sah nicht auf, als ich mich zu ihm setzte. Keine Minute später erschien Will und nahm auf der Bank gegenüber Platz.
„Und?“, fragte ich vorsichtig.
„Bis zum nächsten Vollmond geben wir ihnen, was wir entbehren können. Am ersten Vollmond des nächsten Jahres wird die gesamte Menge fällig. Zuzüglich Zinsen, versteht sich“, erklärte Verne mit dumpfer Stimme.
„Das ist doch gut!“, fand Will.
„Ja! Das war es doch, was du wolltest“, stimmte ich mit einer Heiterkeit ein, die ich nicht empfand. „Du konntest sie überzeugen.“
Verne hob den Kopf. Seine Augen waren leer. „Ja, das konnte ich. Aber ich bürge dafür mit meinem Leben.“
Wills Lächeln verschwand schlagartig.
„Was soll das heißen? Wenn du ihnen bis dahin die Ware nicht gibst, nehmen sie dir stattdessen das Leben?“, fragte ich ungläubig.
„Nein“, sagte Verne schlicht. „Mein Leben ist nur den Aufschub wert, nicht die Ware. Es wird die Schuld nicht tilgen. Die restlichen Arkadier werden sie dann am Hals haben.“
„So weit wird es nicht kommen. Wenn ihr merkt, dass ihr es nicht schafft, haut ihr einfach früh genug ab.“
Verne lachte müde. „Das funktioniert nicht. Sie finden einen. Überall.“
„Quatsch. Das ist mit Sicherheit nur ein Mythos, den sie pflegen, so wie sie versuchen, mit ihren blöden Kapuzenumhängen Eindruck zu schinden. Früher sind Leute auch schon untergetaucht und da gab es noch Überwachungskameras und Internet und Interpol und weiß der Geier was sonst noch. Jetzt ist es noch viel leichter. Aber das wird alles gar nicht nötig sein. Du schaffst das schon, Verne.“
Ein kleines Lächeln hatte sich bei meiner Erwähnung der Kutten in Vernes Gesicht breit gemacht. „Vielleicht.“
„Ganz sicher“, sagte Will voll Überzeugung und stand auf. „Jetzt komm schon, es ist spät. Morgen müssen wir Einiges schaffen, wenn du deinen Kopf behalten willst.“
„Du hast eine sehr motivierende Art, Will.“
„Natürlich.“
In der Wohnetage trennten sich unsere Wege. Bevor ich jedoch in mein buntes Zimmer schlüpfen konnte, hielt mich Will an der Schulter zurück. „Danke“, flüsterte er.
„Wofür?“
„Dass du Verne Mut gemacht hast. Der grenzenlose Optimismus ist normalerweise mein Job. Aber wenn es so dick kommt, weiß ich manchmal nicht, wo ich ihn hernehmen soll.“
„Ich verdanke euch so viel. Ohne euch hätte ich Polly niemals gefunden. Verne ein bisschen aufzuheitern ist wohl das Mindeste, was ich tun kann.“
„Oh, wenn du dich noch auf andere Art und Weise erkenntlich zeigen möchtest –“ Sein verschmitztes Grinsen machte es unnötig abzuwarten, wie der Satz enden würde. Ich entzog mich seiner Berührung und boxte ihm in den Solarplexus.
„Gute Nacht“, wünschte ich akzentuiert, während Will sich vor Schmerzen, aber dennoch feixend, krümmte.
Mein Bett fand ich erfreulicherweise
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