Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
befestigt, die zu einem zweiten, kleineren Stamm führten, der in eine glatte, vorne und hinten zugespitzte Form gebracht worden war. Auch der Hauptrumpf war an beiden Enden gleichermaßen spitz und mit Steuerrudern versehen.
An dem mittig aufragenden Mast hing ein Segel an einem Querbaum, dessen Takelung Rian völlig fremd war. Ein grimmiges Gesicht war auf dem Stoff aufgemalt, das an die Masken erinnerte, die Rian bei ihrer Ankunft an den Wächtern gesehen hatte. Auch der Rumpf und der Ausleger waren bunt bemalt – mit Mustern und Bildern, die über Wellen jagende Tiere andeuteten.
»Jetzt die dritte Aufgabe«, sagte Yacowie, nachdem Rian an den Strand gebracht worden war. »Dieses Kanu ist schnell, aber mein altes war schneller. Es hatte die Magie der Meeresschwestern, die dafür sorgte, dass die Rümpfe über das Wasser glitten, anstatt es zu schneiden. Geh und sorge dafür, dass auch mein neues Kanu derartige Magie besitzt.«
»Und wie soll ich das tun? Ich weiß nicht einmal, wer diese Meeresschwestern sind, geschweige denn wie man sie ruft.«
Yacowie winkte einer Frau mit schuppiger Haut und einem Knochenkamm an Kopf und Rücken. Sie brachte ihnen eine faustgroße Schale einer Kauri-Meeresschnecke. Yacowie nahm der Frau die Schale ab und hielt sie Rian so hin, dass die Elfe das daran angesetzte Mundstück sehen konnte.
»Blas zur richtigen Zeit am richtigen Ort in die Schale, und sie werden kommen. Der Rest liegt bei dir.«
Rian nahm die Kaurischale entgegen. Sie spürte eine fremdartige, pulsierende Magie darin, nicht unähnlich der, die in das Schwirrholz eingearbeitet war, das um ihren Hals hing.
Yacowie deutete auf eine Reihe von brandungumtoster Felsen, die vor der Klippe ein Stück weit draußen im Meer lagen. »Blas sie dort, wenn das erste Licht auf das Wasser fällt. Die Schwestern ziehen dann gerade von den Höhlen, in denen sie wohnen, an den Felsen vorbei hinaus ins Meer und werden dich hören.«
Die Elfe sah zu den Felsen hinaus. Die Gischt sprühte hoch, und die Felsen waren ständig feucht, da war sie ziemlich sicher. »Wie komme ich da hinaus?«
»Windreiter kann dich am Abend bringen, aber du wirst dort übernachten müssen, damit du zur rechten Zeit am Morgen da bist.«
Rian nickte. »Gut. Gebt mir nur einen Tag Zeit für ein paar Vorkehrungen.«
Yacowie hob die Hände. »Soviel du willst. Wir haben keine Eile.«
Rian sammelte den Tag über einiges an Blättern, Ranken, Holzstücken und Steinen, die ihr für ihre eigene Magie nützlich werden konnten. Es war eher unwahrscheinlich, dass die Schwestern ihr einfach den Zauber übergeben würden, daher musste sie sich gut darauf vorbereiten, ihnen gegenüberzutreten. Sie würde ihnen einen Handel anbieten müssen, doch im Moment wusste sie noch zu wenig, um zu ahnen, was für diese Schwestern interessant sein mochte. Sie hoffte jedoch, diese Wissenslücke vorher schließen zu können.
Am Abend, während alle anderen sich wieder in der Thronhöhle hinter dem Wasserfall einfanden und sich der Rhythmus der Klanghölzer und Trommeln über alles erhob, ging Rian hinunter zum Ausgang am Fuß des Wasserfalls, balancierte an der Klippe entlang zu einem Stück Strand, das ein wenig abseits lag, und nahm das Schwirrholz ab. Sie öffnete den Knoten in der Schnur, damit sie länger wurde, ließ das Holz an das Ende gleiten und hielt die Schnur hoch. Langsam ließ sie das Holz um sich kreisen, wie sie es bei den Musikanten gesehen hatte, und wurde allmählich schneller, bis das Holz in Schwingungen geriet und einen eigenartigen, charakteristischen Sirrton erzeugte. Eine Weile blieb sie so stehen, schwang das Holz und lauschte dem Geräusch. Als sie hinter sich Schritte im Sand hörte, ließ sie das Instrument auspendeln und nahm es wieder in die Hand, ehe sie sich umdrehte.
Der alte Aborigine saß hinter ihr im Sand und betrachtete die Sterne und den Mond.
»Der Mond von Eingana hat immer eine Sichel«, sagte er und deutete hinauf. »Selbst wenn er voll ist. Das ist so, damit man sich daran festhalten kann, wenn man hinaufsteigt, und damit Papang einen Platz zum Sitzen hat, wenn er dort ist.«
Rian sah zum Mond hinauf und stellte fest, dass tatsächlich ein sichelförmiger Teil am unteren Rand heller war als der Rest.
»Eingana? Nennt ihr so das Reich Eas?«
»Eingana ist das Land der Regenbogenschlange, das große, feste Land, auf dem wir stehen. Die Inseln haben andere Namen, denn sie sind andere Reiche – Aoru, das in Richtung des
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