Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
Stück um die Feuerstelle herum, und Rian wich zur anderen Seite hin aus, die letzten zischend glühenden Kohlen immer zwischen ihnen haltend.
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie. »Aber es ist die dritte Probe, die ich bewältigen muss, ehe er meinen Freund freigibt und mir vielleicht hilft. Ich muss etwas über den Quell der Unsterblichkeit herausfinden.«
Die Alte schnaubte. »Wenn er darüber etwas wüsste, würde ihm wohl kaum langsam die Kraft ausgehen, um die Jungen im Zaum zu halten.«
»Er selbst weiß es wohl nicht, aber ich hoffe, dass er mir helfen kann, zu Eigigu zu kommen.«
Die Alte blieb stehen und richtete sich auf. »Eigigu? Die Frau im Naoero-Mond? Sie hat seit Ewigkeiten mit niemandem mehr geredet. Warum sollte sie ausgerechnet dich vorlassen?«
Rian ließ die Muschel sinken. »Ich bin auf einer Suche, die für uns alle wichtig ist. Wir müssen diesen Quell finden, damit die Zeit ihre Macht über uns wieder verliert. Und ich bitte dich, mir dabei zu helfen.«
Einen Moment zögerte die Alte, doch dann schüttelte sie den Kopf. »Was geht mich das alles an? Wahrscheinlich kommst du ohnehin nicht zu Eigigu. Sie weiß vermutlich auch nicht mehr, sonst hätte sie doch schon etwas unternommen, oder? Also kann ich am Ende nur verlieren, wenn ich dir helfe. Gib mir einfach die Muschel, und ich lasse dich am Leben, damit du weiter suchen kannst.«
Erneut ging die Seeherrin einen Schritt weiter um das Feuer herum, und Rian trat wieder zur Seite. Im nächsten Moment stieß die Elfe mit ihrer Hand in Richtung des Feuers vor. Ein Windstoß wirbelte die letzte Glut auf und warf sie auf die Alte. Mit einem spitzen Schrei wich Junkgowa zurück, und Rian ließ die nächste Handbewegung folgen, mit der sie an unsichtbaren Fäden das Netz aus dem Dach des Unterstandes löste. Von Gewichten gezogen, fiel es schwer auf die Fischfrau. Kreischend schlug sie um sich, wehrte sich gegen die Schlingen, die sich doch immer fester zuzogen. Dann verlor sie das Gleichgewicht und stürzte – ganz wie Rian es erhofft hatte! Sofort war die Elfe über ihr, griff durch die Maschen hindurch und durchtrennte mit einem kleinen Messer das Band, an dem ein helles Schwirrholz um den Hals der Alten aus dem Wasser hing.
Junkgowa warf sich herum, und plötzlich blickte ein junges, hübsches Gesicht mit schillernden Augen zu Rian auf.
»Stiehl uns nicht das Holz, bitte«, bat sie leise und mit weiten Augen. »Wir wollen doch nur unseren Frieden und nicht den Wünschen anderer dienen müssen.«
Rian zögerte. Sie konnte die Meerfrau verstehen. Ihr selbst gefiel es auch nicht, wenn jemand Macht über sie gewann und Dinge von ihr forderte, die sie nicht zu geben bereit war. So, wie Yacowie es tat. Warum sollte sie ihm ein weiteres Wesen ausliefern? Was hatte Junkgowa ihnen allen schon getan? Rian sah in die schillernden Augen der jungen Frau und fand dort nichts als den Wunsch nach Frieden, einem Frieden, den sie selbst ebenso sehr ersehnte.
Die Elfe blinzelte und wischte die Fäden der Bezauberung ab, die von der Meergöttin zu ihr herübertrieben.
»Ich werde Yacowie das Schwirrholz nicht geben, wenn du dafür sein Kanu verzauberst, sodass es wie sein altes nicht ins Wasser eintaucht, sondern darauf gleitet. Das ist der Handel.«
Die junge Frau senkte den Blick. Den Kampf gegen die sich immer enger zusammenziehenden Schlingen des Netzes hatte sie bereits aufgegeben. »Gut«, sagte sie. »Aber gib uns erst die Muschel, damit wir wissen, dass es das letzte Mal ist.«
Rian zögerte. Yacowie hatte nichts davon gesagt, dass sie die Muschel zurückbringen müsse, und die Bitte erschien ihr nur gerecht. Also knotete sie das Band an Junkgowas Schwirrholz wieder zusammen, hängte es sich um den Hals und ließ es im Ausschnitt ihrer Bluse verschwinden, ehe sie sich hinunterbeugte, um die Schlingen etwas zu lösen, damit sie der Meerherrin die Muschel geben konnte. Doch kaum war der Arm der Meerfrau frei, schoss ihre Hand vor und verkrallte sich im Stoff von Rians Bluse. Mit einem Aufschrei versuchte die Elfe, sich loszureißen, aber weder der Stoff noch der Griff der Wasserfrau gaben nach.
Mit einem Ruck zog Junkgowa die Elfe dicht genug an ihr Netz, dass sie auch mit der zweiten Hand zupacken konnte, riss die Bluse auf und griff nach dem Schwirrholz. Endlich bekam Rian ihr Messer zu fassen, doch noch ehe sie nach ihrer Gegnerin stechen konnte, stieß diese sie mit einem Aufheulen von sich und wand sich am Boden, die Hand fest an die
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