Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
flatternd. Ein lautes Knistern und Knacken setzte ein, hallte von den Wänden wider. Rian warf einen schnellen Blick zurück und sah voller Schrecken, wie die Koralle sich aufbäumte und alles abschüttelte, was sich auf ihr niedergelassen hatte. Nester mit Eiern und Jungvögeln gingen rettungslos im schäumenden Wasser verloren, während die aufgebrachten Elternvögel durch die Höhle schwirrten und ihrer hilflosen Wut in lauten Schreien Luft machten.
Als Rian ihren Kopf wieder drehte, um zum Ufer zu sehen, auf das sie mit kräftigen Schwimmstößen zuhielt, spürte sie einen kalten Luftzug dicht über sich. Im nächsten Moment bohrten sich spitze Krallen in ihren Körper, und ein Schnabel schlug hart gegen ihren Schädel. Rian schrie auf und tauchte, um ihren Angreifer abzuschütteln. Solange sie konnte, blieb sie unter Wasser, doch sobald ihr Kopf wieder an der Oberfläche erschien, spürte sie den kalten Luftzug und hörte den Schrei ihres Angreifers. Erneut stieß sie in die Tiefe hinunter und hielt in einem Bogen auf das Ufer zu. Unruhe erfüllte das Wasser, wechselnde Soge und Strömungen, als wolle die Koralle sich insgesamt aus dem Boden reißen und den See zum Abfließen bringen, um Rian zu folgen. Aber die Elfe wagte keinen Blick zurück, um zu sehen, ob diese grauenvolle Vermutung mit der Wirklichkeit übereinstimmte.
Endlich erreichte sie das Ufer. Im letztmöglichen Moment tauchte sie auf, taumelte aus dem Wasser. Sie spürte keine Kälte. Suchend sah sie sich nach Grog um, während sie zur schützenden Wand hinrannte. Der Kobold saß ein ganzes Stück weiter entlang des Ufers und starrte zur Insel hinüber. Rians Bogen hatte sie weit von ihm weggebracht.
Das gleichmäßige Schimmern, das die Höhle vorher erfüllt hatte, war nun zu einem hellen Gleißen geworden, in dem jedes Detail sichtbar wurde. Rian sah, wie der Korallenstock sich wand und zusammenzog, als wolle er eine Wunde beschützen. Die Außenkanten der Insel stülpten sich nach innen, und das Wasser wirbelte und schäumte um den Stock herum, während er sich in die Tiefe zurückzog.
Ein naher Vogelschrei erklang und machte die Elfenprinzessin rechtzeitig auf eine weitere Gefahr aufmerksam. Sie war erspäht worden! Im Sturzflug hielten mehrere Vögel auf sie zu. Ungeachtet der scharfen Kanten warf sich Rian auf den Boden und rollte sich zur Seite. Wieder ging der Ansturm der Vögel mit einem eiskalten Hauch einher, und als sie aufsah, kam es ihr vor, als würde das Licht um die Tiere, die sie angegriffen hatten, verschluckt werden. Erneut gruppierten sie sich. Rian sammelte einige lose Steine in ihrer Hand, ehe sie sich wieder aufrappelte und weiter rückwärts bis zur Wand zurückwich.
»Grog!«, schrie sie, so laut sie konnte, gegen das Kreischen der Vögel an. »Grog, hilf mir! Wir müssen hier raus!«
Doch der Kobold schien sie nicht zu hören. Regungslos stand er am Ufer und starrte zur Insel, als erwarte er sie dort zu sehen.
Der nächste Ansturm kam. Sie wehrte ihn mit einigen gut gezielten Steinwürfen ab, doch die Zahl der Steine in ihrer Hand wurde immer geringer, während die Anzahl ihrer Angreifer stetig zunahm. Schließlich wusste sie sich nicht mehr anders zu helfen, zog das Band des Schwirrholzes über ihren Kopf und ließ es wie einen Schild vor sich kreisen.
Einmal noch flogen die Vögel an, wichen jedoch in einem weiten Bogen aus. Die Dunkelheit, die sie umgeben hatte, floh und verschwand, und mit einem Mal benahmen sich die Vögel wieder wie der restliche Schwarm, der begonnen hatte, in den aus der Höhle führenden Gang zu drängen. Rian sah erneut auf den See hinaus. Noch immer trieb das Wasser in unruhigen Wirbeln Schaumflocken vor sich her, aber nichts wühlte es mehr auf. Auch das Licht war wieder zu einem Schimmern abgeflaut. Von der Insel war allerdings nichts mehr übrig, lediglich dicht unter der Wasseroberfläche konnte Rian noch den Korallenstock ausmachen.
Sie fing das Schwirrholz ein und hängte es sich erneut um. Langsam und vorsichtig ging sie zu ihrer Kleidung, zog sich an und eilte dann zu Grog, der noch immer unverändert dort stand, wo sie ihn zuvor gesehen hatte
»Grog!«, rief sie. Dabei ging sie in die Hocke.
Er drehte sich zu ihr um, und als sie in seine starren toten Augen sah, spürte sie die Kälte. Ehe sie zurückweichen konnte, schossen seine Hände vor und legten sich um ihren Hals.
»
Du hast die Ruhe der Toten gestört
«, sagte eine Stimme, die Grogs war und doch nicht. »
Du hast
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