Themsen, V: Elfenzeit 17: Korsar der Sieben Stürme
Rian zu Bangarras Lager gebracht worden war; Zeit, die Yacowie zweifelsohne für seine eigenen Vorbereitungen genutzt hatte.
Kurz dachte die Elfe an Grog, den der König bei sich behalten hatte – als Sicherheit für Rians Verhalten, wie er sagte. Bisher war es dem Kobold mit Yacowies Gefolgsleuten immer gut gegangen, und die Prinzessin hoffte, dass es so blieb. Ihrer beider Leben hing vom Erfolg ihrer Aufgabe ab – Rians, weil Bangarra sie vermutlich umbrachte, sollte er ihre Absichten entdecken, und Grogs, weil Yacowie es den Kobold würde büßen lassen, falls sie versagte.
Einen Moment fühlte sich das kleine Säckchen mit Pulver, das Rian neben dem Schwirrholz unter ihrer Bluse trug, wie ein tonnenschweres Gewicht an. Doch sie schob die Sorgen sofort wieder beiseite. Der Trick war gut, und es würde Spaß machen, ihn auszuspielen. So war es schließlich immer schon gewesen. Was geschah, war nur ein spannendes Spiel, ein Abenteuer. Sie half niemandem, wenn sie es anders sah.
Weitere Wachen und neugierige Kämpfer gesellten sich zu ihnen, während der Wächter sie zwischen einer Mischung aus kruden Unterständen und einfachen Häusern, die mit sorgfältig gewebten Palmblattmatten gedeckt waren, hindurchführte. Es schien, als habe sich Bangarras Kriegerschar auf einen längeren Aufenthalt vorbereitet. An den meisten Lagerstellen saßen, lagen und standen verschiedenste Tiergestalten beieinander, teils fast menschlich, teils Mischungen verschiedener Tiere, die Rian meist völlig fremd waren. Lediglich in einem mit Steinbrocken abgegrenzten Bereich Sandstrand sah sie Wesen, die sie nicht so leicht zuordnen konnte. Sie waren klein und wendig, bewegten sich nahezu tänzelnd und standen keinen Moment still.
»Wer ist das?«, fragte sie einen Wächter.
»Die Feuergeister«, antwortete dieser. »Man muss sich vor ihnen vorsehen, aber sie sind sehr nützlich, im Leben wie im Kampf. Bangarra hat ihnen viel Nahrung versprochen, wenn sie ihm folgen.«
Rian runzelte die Stirn. Viel Nahrung für Feuergeister hieß viel Zerstörung, das war klar. Langsam gewann sie den Eindruck, dass Yacowie vielleicht immer noch das bessere der beiden Übel darstellte.
Bangarras Lager füllte im Norden der Insel den gesamten schmalen Küstenstreifen auf einer beträchtlichen Länge. Rian schätzte, dass er etwa dreimal so viele Krieger im Gefolge hatte wie Yacowie. Zudem stellten die Feuergeister eine Kampfmacht dar, die das Gleichgewicht der Kräfte deutlich verschob, wenn Yacowie nicht noch eine Geheimwaffe gegen sie besaß.
Sie näherten sich einem Unterstand, in dem mehrere Männer beieinandersaßen und mit weiten Gesten und teilweise erhobenen Stimmen gegeneinander anredeten, während ein weiterer Mann, der auf einem aufwendig geflochtenen und mit Federn und Blüten verzierten Sitz ruhte, ihnen mit auf der Armlehne aufgestütztem Kopf zuhörte. Als Rian und die Wache sich samt der aufgesammelten Entourage näherten, sah er auf und gebot mit einer herrischen Handbewegung Stille.
Der Mann sah menschlich aus, mit ähnlich dunkler Haut wie der Alte, von dem Rian das Schwirrholz bekommen hatte. Doch seine Haut war straff und glänzend. Auch strahlte er nichts von der Ruhe aus, die der Fremde von einst gezeigt hatte. Stattdessen flackerten seine vollständig roten Augen auf eine Art, die an die Feuergeister erinnerte. Sein langes schwarzes Haar wand sich in Bögen um seinen Kopf und war mit unzähligen Federn und Knochenstücken verziert. Einige Stellen waren dick mit ockerfarbener und roter Farbe überzogen, was dem Ganzen eine Steifheit und Kompaktheit gab, die es eher wie eine Perücke oder einen Hut wirken ließ. Seine Nasenscheidewand war durchstochen und mit einem die gesamte Kopfbreite überspannenden Federkiel verziert, und seinen muskulösen Körper bedeckte ein Muster weißer Punkte. Außer einem Band um die Hüfte trug er keine Kleidung, und Rian stellte fasziniert fest, dass er ein spitzes, langes Horn über sein Geschlecht geschoben trug.
Kaum waren Rian und ihr Wächter zwischen den Männern stehen geblieben, die um den Mann herumsaßen, beugte er sich schon vor und musterte die Elfe mit leicht zusammengekniffenen Augen.
»Wer bist du, und was willst du hier?«, fragte er.
Rian stand aufrecht und stolz und gab sich ungerührt von der Barschheit ihres Gegenübers. Sie hatte ein langes, weich um ihre Figur fallendes Kleid ausgewählt. Darauf waren Blumen abgebildet, und dank eines kleinen Zaubers erweckten sie den
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