Theo Boone und das verschwundene Mädchen: Band 2 (German Edition)
umher.
»Ihre Mutter war drei Nächte hintereinander nicht zu Hause. Sie hatte Todesangst, also hat sie ihren Vater angerufen oder er sie. Auf jeden Fall ist er zu ihr gefahren, hat die Tür mit seinem Schlüssel aufgesperrt, April geholt und ist mit ihr weg. In den letzten vier Tagen muss sie mit der Band auf Tour gewesen sein.«
»Sollen wir nicht die Polizei informieren?«
Theo tigerte auf und ab, überlegte und rieb sich nachdenklich das Kinn, während er versuchte, die Lage zu analysieren. »Nein, noch nicht. Vielleicht später. Jetzt wissen wir, wo sie gestern Abend war. Lass uns überlegen, wo sie heute sein wird. Ich schlage vor, wir rufen jede einzelne Studentenverbindung von der University of North Carolina, der Duke, Wake Forest und wie sie sonst noch heißen an, bis wir wissen, wo Plunder heute Abend spielt.«
»An der UNC ist am meisten los«, stellte Chase fest. »Da finden mindestens ein Dutzend Partys statt.«
»Gib mir die Liste.«
Theo übernahm die Anrufe, während Chase zuhörte und Notizen machte. Bei der ersten Studentenverbindung ging keiner ans Telefon. Die zweite war Kappa Delta, und die junge Dame am Apparat hatte keine Ahnung, wie ihre Band hieß. Unter der dritten Nummer meldete sich niemand. Im Haus von Delta nannte ihm ein Student den Namen einer anderen Band. Und so ging es weiter. Die Sache war einigermaßen frustrierend, aber Theo war überglücklich, dass April nichts zugestoßen war, und er wollte sie unbedingt finden.
Der achte Anruf brachte den Durchbruch. Der Student, der sich im Haus von Kappa Theta meldete, wusste nichts von einer Band und musste dringend zu einem Footballspiel, war aber bereit nachzufragen.
»Ja, die Band heißt Plunder«, sagte er, als er sich wieder meldete.
»Wann fangen die an zu spielen?«, erkundigte sich Theo.
»Keine Ahnung. Normalerweise so gegen neun. Ich muss los, Kumpel.«
Die Brezeln waren verputzt, und Theo hatte keine Ahnung, was sie tun sollten. Chase wollte unbedingt die Polizei informieren, aber Theo war nicht überzeugt.
Zwei Dinge standen fest, zumindest für Theo: Zum einen war das Mädchen auf dem Foto April. Zweitens war sie bei der Band und die würde am Abend im Haus der Studentenverbindung Kappa Theta in Chapel Hill, North Carolina, spielen. Theo rief nicht die Polizei, sondern Ike an.
Zwanzig Minuten später rannten Theo, Chase und Judge die Treppe zu Ikes Büro hinauf. Er hatte gerade im griechischen Imbiss im Erdgeschoss zu Mittag gegessen, als Theos Anruf kam. Während Ike und Chase sich miteinander bekanntmachten, suchte Theo auf Ikes Computer nach dem Foto von April.
»Das ist sie«, verkündete er schließlich.
Ike musterte das Foto eingehend über seine Lesebrille hinweg, die ihm auf der Nasenspitze saß. »Bist du sicher?«
Theo erzählte ihm die Geschichte von der Jacke. Er beschrieb Aprils Größe, Frisur und Haarfarbe, deutete auf das Profil von Nase und Kinn. »Das ist April.«
»Wenn du meinst.«
»Sie war bei ihrem Vater, genau wie du gesagt hast. Jack Leeper hatte nichts mit ihrem Verschwinden zu tun. Die Polizei jagt den Falschen.«
Ike nickte lächelnd, aber kein bisschen überheblich, ohne den Blick vom Monitor zu wenden.
»Chase meint, wir sollen die Polizei informieren«, sagte Theo.
»Allerdings«, bestätigte der. »Was spricht dagegen?«
»Lass mich nachdenken.« Ike schob seinen Stuhl zurück, sprang auf, schaltete die Stereoanlage ein und begann, im Raum auf und ab zu tigern.
»Ich halte nichts davon, die Polizei zu benachrichtigen«, sagte er schließlich. »Zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Sonst könnte Folgendes passieren: Die hiesige Polizei könnte die Polizei in Chapel Hill anrufen, und dann wissen wir nicht, wie es weitergeht. Vielleicht suchen die Beamten auf der Party nach April. Das könnte schwieriger werden, als ihr denkt. Stellt euch vor, es ist eine große Party. Jede Menge Studenten, die feiern, trinken und wer weiß was treiben. Wenn die Polizei da auftaucht, könnte die Sache außer Kontrolle geraten. Vielleicht geht die Polizei geschickt vor, vielleicht auch nicht. Vielleicht interessiert sie sich gar nicht für ein Mädchen, das nur auf seinen Vater wartet, der in einer Band spielt. Vielleicht will das Mädchen nicht von der Polizei gerettet werden. Es gibt jede Menge Möglichkeiten, und die meisten sind nicht gut. Nach Aprils Vater wird nicht gefahndet, weil ihm nichts vorgeworfen wird. Er gilt nicht als Beschuldigter– noch nicht.« Ike ging hinter seinem
Weitere Kostenlose Bücher