Theo Boone - Unter Verdacht: Band 3 (Heyne fliegt) (German Edition)
Schick allen deinen Freunden eine Mail und sag ihnen, wie irreführend das Foto und die Bildunterschrift sind. April, Chase, Woody und deine anderen Freunde sollen das Internet mit Richtigstellungen überschwemmen. Lass durchsickern, dass wir als Familie rechtliche Schritte in Betracht ziehen.«
» Echt?«, fragte Theo.
» Natürlich ziehen wir das in Betracht. Kann sein, dass nichts daraus wird, aber in Betracht ziehen wir das auf jeden Fall.«
» Deine Mutter hat Recht, Theo«, sagte Mr. Boone. » Du darfst nicht kampflos aufgeben.«
Theo fühlte sich schon besser. In den letzten zehn Minuten war er wie gelähmt gewesen, jetzt konnte er endlich aktiv werden.
Eine Stunde später saßen die Boones immer noch am Küchentisch und hämmerten auf ihre Laptoptastaturen ein. Es war ein Kampf gegen Windmühlen. Die Gerüchteküche war außer Kontrolle. Foto und Text waren ein gefundenes Fressen, Theo war die ideale Zielscheibe. Das einzige Kind zweier renommierter Anwälte als Einbrecher festgenommen. Inflagranti mit dem Diebesgut in seinem Schulspind ertappt. Wie alle Falschmeldungen wurde die Lügengeschichte mit jeder Wiederholung glaubwürdiger, bis sie praktisch schon als Tatsache galt.
Mr. Boone klappte seinen Laptop zu und begann, sich auf seinem Block Notizen zu machen. Seit Theo denken konnte, hatten im Haus immer mindestens fünf der gelben Anwaltsblöcke herumgelegen.
» Ich würde sagen, wir ermitteln jetzt selbst«, erklärte Mr. Boone.
Mrs. Boone nahm ihre Lesebrille ab, klappte ebenfalls ihren Laptop zu und nippte an ihrem Kräutertee. » Schieß los, Sherlock.«
» Erstens stellt sich die Frage, wer sich ungesehen an deinem Spind zu schaffen machen konnte«, begann Mr. Boone. » Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Fremder, vor allem ein Erwachsener, mir nichts, dir nichts in die Schule spaziert, schnurstracks zu deinem Schließfach geht und die Tür öffnet, nachdem er sich zuvor irgendwie den Code beschafft hat.«
» Ich auch nicht«, stimmte Mrs. Boone zu. » Theo, hast du schon mal gesehen, dass Lehrer, Trainer, Hausmeister oder irgendwelche anderen Erwachsenen die Schließfächer öffnen?«
» Noch nie. Die sind nie an den Schränken. Die Lehrer halten sich im Lehrerzimmer auf. Die Hausmeister haben eine Garderobe im Untergeschoss, aber zu der haben Schüler keinen Zutritt. Die Trainer nutzen die Umkleideräume in der Turnhalle.«
» Ein Erwachsener würde also auffallen?«
Theo überlegte einen Augenblick. » Ein Erwachsener, der eins unserer Fächer öffnet, würde bestimmt Aufmerksamkeit erregen. Das wäre ziemlich ungewöhnlich. Einen Fremden würden wir vermutlich ansprechen. Das weiß ich nicht so genau, weil es noch nie vorgekommen ist.«
» Du redest aber von den Pausen, wenn die Gänge belebt sind, oder?«, fragte Mr. Boone.
» Ja.«
» Und während des Unterrichts, wenn die Gänge leer sind?«
Theo überlegte wieder. » Das kommt eigentlich nicht vor. Irgendwer ist immer unterwegs– Schüler mit einer Unterrichtsbefreiung, Hausmeister, Hilfslehrer.«
» Was ist mit den Überwachungskameras in den Gängen?«, fragte Mr. Boone.
» Die sind vor ein paar Wochen abgebaut worden, weil ein neues System installiert werden soll.«
» Klingt, als wäre es für einen Erwachsenen zu riskant, ein Schülerschließfach zu öffnen«, stellte Mrs. Boone fest.
» Glaube ich auch«, meinte Theo. » Aber ist nicht jedes Verbrechen riskant?«
» Schon, aber für jemanden, der an den Schränken nichts zu suchen hat, ist das Risiko deutlich höher.«
» Richtig«, sagte Mr. Boone im Brustton der Überzeugung. » Und für einen Außenstehenden erst recht. Ich würde sagen, diesen Fall können wir ausschließen. Sind wir uns darüber einig, dass es sich um einen Insider, jemanden von der Schule, handeln muss?«
Theo zuckte die Achseln, widersprach aber nicht, genauso wenig wie seine Mutter.
» Wir haben es also mit jemandem zu tun, der weiß, wie man die Schließfächer öffnet«, fuhr Mr. Boone fort. » Jemandem, der sich den Code verschaffen könnte. Jemandem mit Zugang zu den Fahrradständern– einen Reifen aufzuschlitzen dauert nur zwei Sekunden. Jemandem, der Theos Rad kennt und weiß, wo er es abstellt. Jemandem, der seinen Terminplan kennt und weiß, wo er sich normalerweise aufhält. Jemandem, der Theo gut kennt und ihn beobachten kann, ohne entdeckt zu werden.«
» Ein Schüler?«, fragte Theo.
» Du hast es erfasst.«
Mrs. Boone war skeptisch. » Ich kann mir kaum vorstellen,
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