Theodor: Im Zeichen des Bösen (German Edition)
verwahrlostes Gesicht. Zentimeterlange verdreckte Fingernägel. Alles an ihm war dreckig. Stofffetzen hingen an ihm herab. – Einfach schauderhaft.“
„Ein – Landstreicher?“ Arnold schnaubte. „Und – was wollte er?“
„Wie, was wollte er?“ Ron sah ihn stirnrunzelnd an. „Kennst du ihn etwa?“
„Bist du irre?“ Arnold machte einen Schritt zurück. „Was hat er gewollt?“
„Zigaretten. Er wollte Zigaretten...“
Die Haustür wurde geöffnet. Kurz darauf betrat Doc Wesley das Behandlungszimmer. Wortlos stellte er seinen Arztkoffer in die Ecke und setze sich in seinen Sessel. Mit gesenktem Kopf starrte er vor sich hin.
„Joseph?“, sprach Arnold ihn vorsichtig an. Wesley schaute auf.
„Hang ist tot“, sagte er.
„Hang – tot?“ Mit offenem Mund starrte er auf ihn. „Deswegen war March so außer sich“, bemerkte er noch.
Ron räusperte sich. „Mich wundert nichts mehr“, sagte er zu Wesley gewandt. Die Todesnachricht schien ihn nicht sehr zu berühren. Wesley sah ihn prüfend an.
„Muss ich etwas wissen?“, fragte er ihn geradeheraus.
„Sag es ihm“, forderte Ron seinen Freund auf. „Sag ihm, was vor zwei Tagen passiert ist. Sag ihm, woher du – du diese Verletzung hast.“
Arnold schnaubte. Zornig funkelte er seinen Freund an. „Tsss“, zischelte er darauf abschätzig und grinste hämisch. „Jetzt drehst du ganz durch.“
„Was sollst du mir sagen, Arnold“, hakte Doc Wesley sofort ein. „Was muss ich wissen?“
„Och...“, Arnold versuchte gelassen zu wirken. Doch es blieb nur bei einem Versuch, denn innerlich brodelte es in ihm. „Ron ist etwas verwirrt. Ich nehme das Ganze nicht so ernst.“ Er lehnte sich lässig gegen die Fensterbank und verschränkte die Arme. „Soll er es selbst erzählen“, sagte er dann. „Ich glaube den Mist nicht.“
Doc Wesley wandte sich zu Ron. Dem perlte der Schweiß auf der Stirn. „Wir haben Gläserrücken gespielt. Und dabei ist etwas passiert“, begann er vorsichtig.
„Gläserrücken??“ Doc Wesleys Augenbrauen zogen sich zusammen. Seine Miene verfinsterte sich, als er auf Arnold blickte.
„Spaß“, sagte Arnold. „Das war nur Spaß. Und Ron glaubt an den Mist. Man, das war nur Show. Der Spanier hatte eine Show abgezogen. War gut – verdammt gut, das muss ich ihm lassen. Und er ist darauf reingefallen. Tsss...“
„Show?“ Wesley musterte wieder Ron. „Erzähle!“
„Henriece“, begann Ron. „Der Spanier heißt Henriece. Er hat einen Buchstabenkreis –“
„Ich weiß, wie Gläserrücken geht“, unterbrach Wesley ihn. „Hattet ihr Kontakt?“ Sein Gesicht war wie versteinert, als er ihn das fragte.
„Ja, wir hatten Kontakt.“ Ron wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn. „Der Geist heißt Theodor. Und er war da. Er war unter uns. Es war kalt, eiskalt. Der Vorhang wehte, die Fensterläden klapperten. – Es war schauderhaft.“ Ron fröstelte es. Als sei es erst vor wenigen Minuten gewesen.
Wesley sagte nichts. Regungslos starrte er auf Ron, dem die Angst ins Gesicht geschrieben stand.
Auch Arnold sagte nichts. Der nagte nervös auf seiner Unterlippe.
„Seitdem ist alles anders“, sagte Ron. „Arnold will es aber nicht sehen. Er will nicht sehen, dass die Leute von Harbourn total anders sind. Er blickt nicht, dass das mit seinen und meinen Reifen damit zusammenhängt.“ Ein tiefer Seufzer entfuhr ihm. „Ich hab es ja am Anfang auch nicht geglaubt. Aber jetzt – jetzt ist es doch offensichtlich.“ Nochmals entfuhr ihm ein Seufzer. Seine Hände zitterten leicht. „Ich habe mit Pater Athelwolds darüber sprechen wollen“, fuhr er fort. „Ich wollte wissen, warum die Leute gestern so komisch waren, als sie aus der Kirche kamen.“
„Gestern?!“ Wesley horchte auf. „Wann gestern?“
„In der Früh. So gegen zehn Uhr.“ Erwartungsvoll sah er ihn an.
„Gestern.“ Wesley sah von Ron auf Arnold. „Gestern war ich mit Pater Athelwolds um diese Zeit in der Stadt. Er bat mich, ihn zu fahren. Gestern konnte kein Gottesdienst gewesen sein.“
„Da hörst du es“, sprach Ron seinen Freund an. „Da stimmt was nicht – und den ersten Toten gibt es auch schon.“
„Der Landstreicher“, erwiderte Arnold. „Erzähl ihm auch von dem Landstreicher. Der war es, der die Reifen zerstochen hat. Der – nicht dieser Geist.“
„Landstreicher?“ Fragende Blicke von Wesley.
„Es war gestern Abend“, begann Ron. „Es war schon dunkel, als ich den Pater aufgesucht hatte. Ich
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