Therapielexikon der Kleintierpraxis
außen verbogene Gliedmaße oder Gliedmaßenabschnitt: Das klassische Beispiel ist die Abweichung der Vordergliedmaße bei einem Welpen, dessen Wachstumsfuge der Ulna verletzt wurde und sich vorzeitig geschlossen hat (Radius curvus).
Varus
Nach innen gebogene Gliedmaße oder Gliedmaßenabschnitt: beim Hund seltener, da der Knorpel des Radius medial gelegen und damit für Traumata weniger exponiert ist.
Diese Entwicklungsanomalien des Skeletts werden röntgenologisch diagnostiziert und chirurgisch korrigiert (Osteotomie des Knochenabschnitts, dessen Wachstum gestoppt ist).
Vaskulitiden
Definition
Nicht häufig beim Hund, selten bei Katzen auftretende Dermatosen, die durch Purpura, Nekrose und Ulzeration v. a. an den Extremitäten charakterisiert sind.
Vaskulitiden können in bestimmten Fällen eine Folge immunologischer Faktoren sein.
Wenn sie eine Dermatose hervorrufen, werden sie dem Typ III in der Klassifizierung von Gell und Coombs zugeordnet (
Hautallergien
).
Sie können zusammen mit anderen Erkrankungen vorkommen (Neoplasien, Infektionskrankheiten, Autoimmunerkrankungen), durch eine Medikamentenreaktion hervorgerufen werden (iatrogen) oder (in 50 % der Fälle) idiopathisch sein.
Symptome
Es sind Bereiche mit Purpura, Bullae oder hämorrhagischen Pusteln und gelegentlich eine Zyanose der Extremitäten (Ohrmuscheln, Lefzen, Maulschleimhaut, Schwanz, Skrotum, Pfotenballen) zu beobachten. Im Krallenbett können Blutungen auftreten. Seltener verursachen subkutane Knoten eine Pannikulitis, die durch eine septale Vaskulitis hervorgerufen wird.
Das Erythem der Haut verschwindet bei Druck mit einem Glasspatel nicht, was das Vorliegen einer Purpura bestätigt.
Allgemeinsymptome können die kutanen Symptome begleiten: Anorexie, Schwäche, Fieber, seltener Polyarthritis, Myopathie und Gliedmaßenödem.
Weder Geschlecht noch Alter haben einen Einfluss. Dackel und Rottweiler scheinen prädisponiert zu sein.
Es sind einige besondere klinische Gegebenheiten beschrieben:
• Proliferative Nekrose der Ohrmuscheln. Die Läsionen beginnen am Apex der Ohrmuschel und dehnen sich über die konkave Ohrmuschelseite aus. Ein längliches, von einem dicken Rand begrenztes hyperpigmentiertes und schuppiges Ulkus dehnt sich nach und nach aus und führt dabei zur Deformation des Ohrs.
• Eine fokale Vaskulitis mit Alopezie ist an der Injektionsstelle bestimmter Tollwutimpfstoffe beobachtet worden. Diese v. a. bei Pudeln und Yorkshire-Terriern festgestellte Veränderung kann sich 3 – 6 Monate nach der Injektion entwickeln.
• Eine mit einer Glomerulonephritis kombinierte kutane Vaskulitis ist bei Tieren der Rasse Greyhound, die im Rennsport eingesetzt wurden, angetroffen worden. Die wenige Millimeter bis 10 cm großen Läsionen liegen v. a. an der Schenkelinnenseite und am Tarsus. Zunächst blutig serös, ulzerieren sie innerhalb von 1 – 2 Tagen bis in den subkutanen Bereich und sondern dabei eine klare und rosafarbene Flüssigkeit ab. MancheTiere zeigen Allgemeinsymptome: Polyurie/Polydipsie, Fieber, Erbrechen, akute Niereninsuffizienz.
Diagnostik
Die Diagnostik beruht auf Anamnese, klinischer Untersuchung und Histologie, die in Abhängigkeit vom Alter der Läsion unterschiedliche Stufen einer vorwiegend neutrophilen und lymphozytären Vaskulitis zeigt. Die Beeinträchtigung von Blutgefäßen in der tiefen Dermis lässt eine Allgemeinerkrankung vermuten.
Sobald die Diagnose einer kutanen Vaskulitis gestellt ist, sollte nach den zugrunde liegenden Ursachen gesucht werden: Erfrierung, Kälteagglutination, verschiedene Infektionskrankheiten, Injektion von Fremdproteinen (Sera, Impfstoffe, Hypersensibilisierung) oder Medikamenten (Antibiotika) oder andere Erkrankungen (Lupus erythematodes, Dermatomyositis, lymphozytär-plasmazelluläre Pododermatitis, disseminierte intravasale Gerinnung etc.).
Therapie
Die Behandlung zielt darauf ab, die zugrunde liegende Ursache, sobald sie identifiziert werden konnte, zu korrigieren und immunmodulatorische Substanzen zu verordnen.
In bestimmten Fällen führt eine Kortikoidtherapie (Prednison oder Prednisolon 2 – 4 mg/kg/d) zu einer deutlichen Besserung.
Bei Kortikoidresistenz kann man Dapson
(Dapson-Fatol
® [H. M.]), 2 mg/kg/d, oder Azathioprin (div. H. M.), 2 mg/kg/d, einsetzen.
Gute Therapieerfolge lassen sich auch mit dem immunmodulatorisch wirkenden Pentoxifyllin (div. H. M.), 5 – 10 mg/kg 2 – 3 × tgl. p. o., sowie mit Ciclosporin A (5 mg/kg/d) erreichen.
Die
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