Therapielexikon der Kleintierpraxis
allem bei schweren Lungenerkrankungen auftritt (Tumor, fortgeschrittene Mykoplasmose). Die differentialdiagnostische Abklärung erfolgt durch Anfertigung eines Blutausstrichs oder mittels der Wood-Lampe (Fluoreszenz der Porphyrine).
Anatomische Besonderheiten des Rattenauges
• Der Tränenapparat der Ratten besteht aus vier Bestandteilen: je eine intraorbital und extraorbital gelegene Drüse, die Harder-Drüse sowie die Tränenkanäle.
•Das Sekret der Harder-Drüse enthält Lipide, Pheromone, Melatonin und porphyrinhaltige Pigmente. Die Pheromone spielen eine Rolle beim Putzverhalten der Ratten.
Ätiologie
Es gibt zwei Gründe für eine übermäßige Sekretion der Harder-Drüse: Stress und Irritationen der Drüse (primär oder sekundär durch andere Erkrankungen).
Stress
• Physiologisch bedingt: Entwöhnung, Trächtigkeit, Laktation.
• Psychologisch bedingt: Verlust eines Artgenossen, neue Umgebung, Besitzerwechsel. Da Ratten sehr soziale Tiere sind, brauchen sie territoriale Markierungen, die sie in Form von Pheromonen im Urin, in den Fäzes und in Hautabsonderungen absetzen.
• Pathologisch bedingt: Schmerzen, systemische Erkrankungen, chronische respiratorische Erkrankungen.
Irritationen der Harder-Drüse
• Sekundär:
•Konjunktivitis:
– Durch Umwelteinflüsse: meistens durch hohe Ammoniakkonzentration, Luftzug, ungeeignete Einstreu (Kiefern- oder Zedernspäne, parfümierte Einstreu etc.).
– Durch Infektionen: Pasteurellose
(Pasteurella pneumotropica), Streptococcus pneumoniae,
Sialodakryoadenitis-Virus (s. u.).
•Durch Traumata.
•Okulärer oder periokulärer Tumor knöchernen, muskulären oder konjunktivalen Ursprungs.
•Okulärer oder periokulärer Abszess.
•Entzündliches sekundäres Granulom durch eine nahe gelegene Bissverletzung, ein Trauma oder eine Zahnwurzelentzündung (sehr viel seltener als bei Kaninchen oder Meerschweinchen aufgrund der kürzeren Zahnwurzeln).
• Primär:
•Dakryoadenitis, bei Ratten häufig viral bedingt:
–Das Sialodakryoadenitis-Virus (SDA) der Ratten ist ein hochansteckendes Coronavirus und wird durch Tröpfcheninfektion oder direkten Kontakt übertragen. Es handelt sich um eine Erkrankung der Speicheldrüsen, Tränendrüsen und Lymphknoten.
– Klinik: Rhinitis und Ausfluss, später Blepharospasmus, Photophobie, Chromodakryorrhö, Keratokonjunktivitis, Exophthalmus. Schwellung der retromandibulären Lymphknoten und der Speicheldrüsen (Nilpferdkopf). Nach einigen Tagen heilt die Krankheit entweder aus oder es kommt zu einer Austrocknung der Hornhaut, gefolgt von einer Panophthalmie.
– Therapie: Antibiotikagabe, um bakterielle Sekundärinfektionen zu vermeiden (Marbofloxacin 5 mg/kg/12 h oder Enrofloxacin 10 mg/kg/12 h), Antiphlogistika, antibiotische Augensalbe oder -tropfen, Tränenersatz, Zwangsfütterung.
•Tumor der Harder-Drüse: Zystadenom.
•Zysten im Tränenapparat: meist verantwortlich für einen Exophthalmus.
Therapie
• Maßnahmen im Umfeld:
•Aufstellen des Käfigs an einem ruhigen, zugluftfreien Ort. Vorsicht bei auf dem Boden stehenden Käfigen.
•Parfümierte Einstreu, Kiefern- und Zedernspäne entfernen und stattdessen auf Hanfeinstreu, zerkleinerten Mais (außer bei bestehender Pododermatitis oder bei übergewichtigen Tieren) oder Küchenpapier zurückgreifen. Die Einstreu muss 2 × wöchentlich erneuert werden.
• Nursing (Zwangsfütterung).
• Ätiologische Therapie:
•Antiinfektiös mit prophylaktischer oder therapeutischer Absicht: Marbofloxacin oder Enrofloxacin. Bei Verdacht auf Mykoplasmose zusätzlich Doxycyclin über 1 Monat.
•Steroidale (Dexamethason) oder nichtsteroidale Antiphlogistika (Meloxicam,
Metacam®)
über einen kurzen Zeitraum von 3 – 5 d bei respiratorischen Einschränkungen und/oder Schmerzen.
• Chirurgische Therapie: Enukleation bei Panophthalmie, rezidivierenden Abszessen, intraokulären oder retrobulbären Tumoren.
Dacryozystitis
Dacryozystitis
Epiphora
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Demodikose
Bei Nagern und Hasenartigen parasitieren zahlreiche Demodexarten. Sie sind artspezifisch.
Diagnostik
• Auffällig sind kaum oder nicht juckende Hautveränderungen mit diffusem oder lokalisiertem Haarausfall (Kopf, Rumpf), manchmal mit Erythem und Schuppenbildung.
•Mithilfe eines Hautgeschabsels können die Parasiten leicht nachgewiesen werden.
• Sehr häufig beim Hamster (v. a. bei älteren Tieren) mit zwei möglichen Milbenarten:
•
Demodex aurati
(am häufigsten): parasitiert in
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