Theres
Ausfahrten der Polizeiwache in Lautenberg und Abensberg blockiert haben. Die Taktik, einen der Räuber vorweg in die Bankfiliale zu schicken, um einen Kassettenrekorder mit äußerst lauter Musik einzuschalten, ist ebenfalls ungemein effektiv. Die Musikwirkt ablenkend, man gewinnt Zeit, in der die drei anderen Täter ihre Position wählen (immer eine heikle Situation). Durch das Parken des Fluchtautos direkt vor der Zweigstelle schirmt man die Geräusche ab und verhindert den Einblick. Das ist es auch, was zu der Tragödie führt. Als der Polizeibeamte SCHONER die Sparkassenfiliale im Gebäude gegenüber verlässt, bemerkt er natürlich sofort den verkehrswidrig geparkten VW -Bus. Da das Fahrzeug aber die Sicht behindert, bemerkt er seinen Irrtum erst, als er auf der Beifahrerseite des Busses angekommen ist. Der erste und zweite Schuss erfolgt aus dem Wageninneren. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sein Sehvermögen durch die Glassplitter vermindert, die ihn in drastischer Weise verletzen. Schoner sieht nur einen Ausweg: er schleppt sich hinter den Minibus, um von dort aus im Kassenraum Schutz zu suchen, in dem sich die Bankräuber seit längerem befinden. Derjenige Täter, der die Kassiererin unter Aufsicht hält, hat also genügend Zeit zum Zielen und Schießen, als der nunmehr kriechende Schoner hinter der Tür auftaucht. Das Mord zu nennen, ist ein Euphemismus. Es handelt sich um eine kaltblütige Hinrichtung.
Anmerkungen :
Keine der Aktionen, die dem Kerntrupp der BM -Bande mit Sicherheit zugeschrieben werden können, hat auch nur annähernd ein solches Maß an Ausgefeiltheit gezeigt.
Keiner der Mitglieder des Kerntrupps (ausgenommen: MEINS , siehe Anlage!) ist in der Zeit unmittelbar vor dem Überfall in Kaiserslautern oder dessen Umkreis gesichtet worden.
Dass bei Hausdurchsuchungen in Wohnungen dieses Gebiets Schmähschriften und anderes schriftliches BM -Material gefunden wurden, ist an und für sich kein schlüssiger Beweis. Überhaupt besteht bei den Medien die unglückselige Tendenz, die Verbreitung dieses Materials zu unterschätzen, auch bis hin zu Personen, die keinerlei Verbindung zu der Gruppe aufweisen.
Schlussfolgerung :
Diese brutale Aktion kann der Baader-Meinhof-Bande nur dann zugeschrieben werden, wenn der Rahmen für die Darstellung ihrer Aktivitäten und ihrer Rekrutierungsbasis beträchtlich erweitert wird . Es ist meine persönliche Auffassung, dass genau das geschehen sollte, wodurch die Polizeiarbeit erleichtert würde. Wir haben es nicht, wie Böll schreibt, mit sechs isolierten desperaten politischen Aktivisten zu tun, sondern mit Tausenden, vielleicht Zehntausenden von Sympathisanten, bei deren Mehrzahl die politische Einstellung kaum mit ihrer Neigung zum Begehen von kriminellen Handlungen vergleichbar ist. Es ist signifikant, dass Böll die Medienberichterstattung in allen Punkten kritisiert, mit Ausnahme eben dieses Punktes, des hohlsten und gefährlichsten. Ginge es nur um einige wenige isolierte und ideologisch aufgeklärte Aktivisten, wären wir nie Zeugen eines so brutalen Mordes wie diesen hier geworden. Die Fixierung der Medien auf die Personen ist in jeder Hinsicht unglücklich. Die Konzentration auf den Kerntrupp der RAF (deren Mitglieder den Anstrich einer Art »negativer Helden« erhalten) ist kontraproduktiv insofern, dass es ständig neue Sympathisanten, die weitaus weniger ideologisch bewusst als auf »Abenteuer« aus sind, verlockt, sich an den Aktionen der Gruppe zu beteiligen. Die Vorführung dieser bereits bekannten Gesichter zieht auch eine mentale Einengung nach sich, die die Fahndungs- und Nachforschungsarbeit der Polizei beträchtlich erschwert.
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Dieser Bericht, nur von wenigen gelesen, hat natürlich keinen Einfluss auf das Geschehen außer für die Abteilung T (T für »Terrorismus«) des BKA , die ihre Fahndung nach bestimmten Individuen intensiviert, vor allem nach denen, die von dem sogenannten Sozialistischen Patientenkollektiv kommen und die man aus guten Gründen im Verdacht hat, hinter diesem Attentat zu stecken (von besonderem Interesse sind Carmen Roll , Gerhard Müller und Klaus Jünschke ). Doch obgleich die Polizei zu diesem Zeitpunkt weiß, dass beispielsweise Meinhof in der RAF eine relativ unbedeutende Rolle spielt, ist undbleibt sie in den Augen der deutschen Öffentlichkeit der eigentliche Motor der Gewaltmaschinerie. Also: Fakten werden von Fiktion getrennt. Zwei Welten entstehen, oder vielmehr: eine Welt wird aufgespalten in zwei. An
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