Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
freute. Er brachte das Segel des schmalen, wendigen Piratenschiffs in die richtige Position und stellte sich ans Steuer.
Die anderen Piraten sollten Scurrs Männer so lange aufhalten, bis Saliah und Rudrinn sicher an Land waren.
Schon bald ertönte der erste Knall, und Feuerkugeln, von gewaltigen Katapulten geschleudert, versenkten eines von Scurrs Schiffen im Meer.
»Ha!«, rief Rudrinn. »Das war mein Vater!«
Saliah schluckte. Ihr war nicht wohl bei der Sache, vor allem da man bald erkannte, dass auch das Ufer schwer bewacht wurde.
Die Piraten hielten Scurrs Schiffe gut in Schach, und Rudrinn steuerte immer weiter auf den Strand zu.
»Rudrinn, wir schaffen es nicht«, rief Saliah besorgt, denn auf dem Landesteg standen jede Menge bewaffneter Männer. Sie hatten Bögen, Schwerter und Lanzen griffbereit in den Händen. Zwar war Saliah eine von Thondras Kindern, doch dies waren eindeutig zu viele Gegner.
»Lass mich nur machen«, versprach Rudrinn, und sein sonnengebräuntes Gesicht verzog sich zu einem jungenhaften Grinsen.
Die Wachen am Ufer gestikulierten wild herum, und Warnpfeile zischten durch die Luft, jedoch ohne Schaden anzurichten.
Nach kurzer Zeit holte Rudrinn ein Seil heraus und begann, es um das Steuer zu wickeln.
»Was tust du?« Saliah zog gerade das Segel ein wenig herum, so wie Rudrinn es gesagt hatte.
»Das wirst du gleich sehen.«
Er prüfte den Wind, dann nahm er Saliah an die Hand und zog sie zur Reling.
Nun waren sie nur noch wenige Längen vom Landesteg entfernt. Die Soldaten in roten Umhängen riefen, sie sollten das Schiff wenden.
Doch Rudrinn gab Saliah einen Kuss und rief: »Spring!« Damit zog er sie ins Wasser.
Rechts von ihnen hörten sie, wie das Schiff mit voller Fahrt in den Landesteg krachte und Soldaten aufschrien.
Rudrinn und Saliah schwammen, so schnell sie konnten, ans Ufer. An Land zog Rudrinn gleich sein Schwert, als einer der wenigen überlebenden Soldaten auf ihn zugerannt kam.
»Hol die Pferde, Saliah, sie haben immer welche bei den Türmen.«
»Du bist ein verfluchter …«
»Jetzt geh schon!«, schrie er und griff den ersten Soldaten an.
Auch Saliah musste sich ihren Weg freikämpfen, denn vom Turm aus hatten wohl einige Wachen mitbekommen, was los war. Aber schließlich hatte sie zwei große Kriegspferde gestohlen und galoppierte zu Rudrinn zurück, der mittlerweile in arger Bedrängnis war.
»Ich hätte doch lieber Fizzgan nehmen sollen«, sagte Saliah mit zornig funkelnden Augen, als es Rudrinn gelungen war, sich auf das Pferd zu schwingen.
Rudrinn lachte nur und trieb sein Pferd an. Sie stürmten weiter in Richtung Osten und hofften, Tirman’oc rechtzeitig erreichen zu können.
König Scurr schritt erhaben und siegessicher durch sein Schloss von Balmacann – ja, nun war es sein Schloss, nicht mehr das von König Greedeon, sosehr es diesem auch widerstreben mochte. In den einst kunstvoll angelegten Gärten kampierten nun Soldaten. Orks hatten die Blumen und Büsche zertrampelt, die Bäume waren zu Feuerholz zerhackt worden. Südlich des Schlosses lagerte seine Armee, die in etwa fünftausend Orks, Trolle und andere finstere Wesen umfasste sowie schätzungsweise dreitausend Soldaten, die er aus Ursann mitgebracht hatte. Doch jeden Tag wurden es mehr, die über die Brücke aus dem Norden ins Land strömten. Außerdem verfügte er über etwa zweitausend von Hawionns Männern aus Camasann, die Scurr jedoch insgeheim verachtete. Er merkte ihnen an, dass sie nicht die harte Ausbildung des Nordens genossen hatten. Sie kamen ihm verweichlicht vor, und in ihren Augen hatte er bereits während der letzten Schlacht Skrupel gesehen. Daher verließ er sich lieber auf seine eigenen Männer, die dem Bösen durch und durch ergeben waren.
Als Scurr sich gerade auf seinen Thron gesetzt hatte und seinen Wein genoss, betrat der grobschlächtige Worran den Raum und verbeugte sich flüchtig.
»Noch immer keine Spur der Sieben, mein Herr.«
Scurr fluchte innerlich, ließ sich jedoch nichts anmerken. »Vernichtet noch mehr Dörfer, lasst weitere Bauern hängen, denkt euch etwas aus, dann werden sie schon kommen.«
Auf Worrans narbigem, hässlichem Gesicht zeigte sich
ein böses Lachen. Das war eine Aufgabe nach seinem Geschmack.
»Sehr wohl, mein Herr, und wenn diese Ratte aus der Steppe …«
»Die Steppenratte ist ganz allein meine Angelegenheit«, zischte Scurr.
Worran schluckte und trat rasch den Rückzug an. Vor Scurr hatte er wirklich Angst. Doch
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