Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
geweigert hast, mit etwas anderem als einem Säbel zu kämpfen.«
Rudrinn verzog das Gesicht. »Du meine Güte, Tharn hat mir so oft den Hintern versohlt, dass ich kaum noch sitzen konnte. Tharn war übrigens unser Schwertmeister.«
Saliah musste lächeln, als sie an früher dachte. »Rijana und ich hatten Glück, uns hat meistens Brogan unterrichtet.«
»Die Mädchen hatten ohnehin Vorteile«, knurrte Broderick. »Immer hat Birrna ihnen Kuchen und heiße Schokolade gebracht.«
»Na, bei zwei so hübschen Mädchen wundert mich das nicht«, sagte Finn lächelnd.
Ariac spielte nachdenklich mit Rijanas Haaren. Er konnte bei diesen Dingen wie immer nicht mitreden, aber mittlerweile machte es ihm gar nicht mehr so viel aus.
Broderick erzählte noch eine Weile weiter, bis Norick auf seinem Schoß eingeschlafen war.
»Ich bringe ihn ins Bett«, flüsterte Broderick und stand vorsichtig auf.
»Du brauchst nicht zu flüstern«, meinte Kalina mit einem Lächeln. »Wenn er mal schläft, dann schläft er. Selbst wenn die Gaststube gefüllt ist, kann ihn nichts wecken.«
»Das hat er von seinem Vater.« Finn wirkte jetzt ein wenig wehmütig. »Meine Frau hat Broderick immer in eine Wiege hinter dem Tresen gelegt. Dort hat er geschlafen wie ein Stein, aber das ist lange her.« Er betrachtete seinen Ziehsohn nachdenklich. »Nie hätte ich gedacht, dass du eines Tages eine so wichtige Rolle in unserer Welt spielen würdest. Ich bin sehr stolz auf dich.«
Broderick nickte lächelnd, dann trug er Norick hinaus in das kleine Bett, in dem er immer schlief.
»Ich konnte zehn vertrauenswürdige Männer finden«, erklärte Finn, als Broderick zurück war. »Mehr konnte ich nicht treffen, der Schnee ist einfach zu hoch.«
»Das macht nichts«, beruhigte Broderick den älteren Mann. »Vor dem Frühling wird nichts geschehen, und dann sehen wir weiter.«
Betrübt stimmte Tovion ihm zu. Er hatte noch immer keine Nachricht von Nelja und Brogan, auch wenn er trotz der Kälte jeden Tag nach draußen ging und nach dem Falken Ausschau hielt.
Bald waren alle schläfrig und rollten sich in der Gaststube vor dem Feuer zusammen. Finn hatte die Tür fest verriegelt, daher musste niemand Wache halten. Doch viel Schlaf war ihnen nicht vergönnt, denn sie mussten noch vor der Dämmerung zurück in ihr Versteck. Da es so bitterkalt war, nutzten viele arme Leute die Schenke, um sich aufzuwärmen, wenn ihnen zu Hause das Holz ausgegangen war.
»Du kannst bei Kalina bleiben und dich in ihrem Zimmer verstecken, Broderick«, schlug Falkann vor, als sie sich alle seufzend möglichst warm einpackten, damit sie aufbrechen konnten.
»Niemand wird dir das übel nehmen. Wer weiß, wann ihr euch wiederseht, wenn wir erst weitergezogen sind.«
Broderick zögerte. Es schien ihm nicht richtig, seine Freunde allein frieren zu lassen, während er gemütlich im Warmen wartete. Als die anderen ihm ebenfalls gut zuredeten, blieb er zwar mit schlechtem Gewissen, aber auch irgendwie glücklich, in der Schenke. Sein kleiner Sohn würde ihm Gesellschaft leisten können, wenn Kalina arbeiten musste.
Mehrere Tage ging es so weiter. An einem dieser bitterkalten Tage erhob sich Tovion von der Feuerstelle in dem Kellerraum und sagte seufzend: »Ich werde nach dem Falken sehen.«
Ariac reichte Tovion seinen Elfenumhang. »Nimm ihn, draußen ist es noch schlimmer.«
Tovion nickte und ging zur Tür.
»Warte, ich komme mit.« Rijana verzog das Gesicht. »Wenn ich noch länger sitzen bleibe, dann friere ich fest.«
Die beiden stiegen durch die halb verfallenen Gänge die Treppe hinauf in die Kälte eines klaren Wintertages.
»Finn wird bald das Futter für die Pferde ausgehen«, befürchtete Tovion. Er hielt den verzauberten Anhänger, der dazu diente, dem Falken seinen Standort anzuzeigen, in die Sonne. Wie so viele Tage zuvor wartete er vergeblich auf ein Zeichen. Als er schon resigniert zurückgehen wollte, hörte er plötzlich einen Schrei und zuckte zusammen.
Es war sein Falke, endlich war er zurückgekehrt. Der Vogel stürzte geradezu vom Himmel auf seinen Arm. Tovions in letzter Zeit immer so ernstes Gesicht zeigte nun tiefste Freude, aber zugleich zögerte er, die Nachricht vom Bein des Falken zu nehmen.
»Jetzt lies schon«, drängte Rijana und rieb ihre Hände aneinander.
»Lass uns zuerst reingehen!« Tovion nahm den kleinen Zettel und lief die Treppe hinunter zu den anderen.
»Wir haben Nachricht«, rief Rijana schon von weitem und schlüpfte
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