Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
Herbst mit heftigen Stürmen begann, schickte Scurr Lugan wieder fort, in der Hoffnung, sein Plan würde endlich aufgehen.
Falkann und seine Freunde waren schon einige Tage in dem unwirtlichen Gebirge von Ursann unterwegs. Orks hatten ein Dorf an der Grenze überfallen, und die drei verfolgten sie nun mit zehn weiteren Kriegern. Rudrinn, Falkann und Broderick waren gut aufeinander eingespielt. Sie kämpften entschlossen und sicher gegen die stinkenden Kreaturen, die sie früher nur aus Erzählungen gekannt hatten.
Es war ein düsterer und nasskalter Tag. Die drei Freunde saßen gemeinsam an einem kaum wärmenden Lagerfeuer, während der Regen von ihren Kapuzen herunterlief. Die Umhänge hatten sich als sehr nützlich erwiesen. Sie waren im Sommer leicht und angenehm, im Winter wärmend, und bei Regen hielten sie die Feuchtigkeit beinahe vollständig ab. Aus welchem Material sie gefertigt waren, wusste allerdings niemand.
Sie verspeisten gerade missmutig ihr mageres Abendmahl, als fünf ihrer eigenen Leute einen widerstrebenden jungen Mann herbeizerrten. Er hatte eine Platzwunde an der Schläfe und zappelte herum wie besessen. Wie bei allen von Scurrs Männern waren seine blonden Haare kurzgeschoren, und er trug die schwarze Uniform und den blutroten Umhang.
»Aha, ihr habt eine von Scurrs Ratten gefangen«, knurrte Broderick und spuckte einen kleinen Hühnerknochen ins Feuer.
»Nicht nur das«, erwiderte Gregon, einer der älteren und erfahrenen Krieger, der schon lange hier in den Bergen
war. Er deutete auf das Schwert, das der Gefangene bei sich trug.
Rudrinn, Falkann und Broderick sprangen gleichzeitig auf und starrten auf die Waffe. Sie sah genauso aus wie die Schwerter von Falkann und Broderick.
»Du … du bist einer von uns?«, fragte Broderick ungläubig.
»Ich bin keiner von euch!«, schrie Lugan, wie König Scurr es ihm befohlen hatte. Er sollte sich zu Anfang ein wenig wehren, damit alles echt wirkte. Später sollte er diese elenden Würmer auf Camasann ausspionieren.
»Wir müssen ihn nach Camasann bringen«, sagte Gregon ernst.
»Zunächst vielleicht auf das Schloss meines Vaters«, schlug Falkann vor, »dort kann Scurr ihn nicht so leicht befreien.«
»König Scurr wird mich retten, denn er ist der Herrscher«, schrie Lugan sehr überzeugend.
Gregon fesselte und knebelte Lugan schließlich, dann brachten sie ihn innerhalb weniger Tage auf das Schloss von König Hylonn. Das Wetter wurde zunehmend schlechter. Tagelang fiel dichter Regen vom Himmel, und alles war überschwemmt, sodass auch dieses Jahr die Ernte darunter leiden würde.
»Er kann nicht hierbleiben«, sagte der König ernst. »Es ist zu gefährlich.«
»Wir werden ihn so schnell wie möglich nach Camasann bringen«, beruhigte Falkann seinen Vater.
»Dann beeilt euch, bevor das Wetter noch schlechter wird«, sagte Hyldor zynisch, der seinen älteren Bruder wieder aus den Augen haben wollte.
»Sobald es zu regnen aufhört, brechen wir auf«, meinte Falkann ruhig. Er ließ sich nicht provozieren, was Hyldor noch viel mehr ärgerte.
Doch das Wetter machte ihnen einen Strich durch die
Rechnung. Es stürmte und regnete derart, dass niemand mehr vor die Tür ging. Als das Unwetter endlich einhielt, wurde es so eiskalt, dass alles gefror und keine Reisen möglich waren. Gregon schickte Botenvögel auf die Insel, um Zauberer Hawionn zu benachrichtigen, dass sie den Winter in Catharga verbringen würden und dass sie Lugan gefangen hatten.
Tovion und die Mädchen warteten schon lange Zeit auf die Rückkehr ihrer Freunde. Sie machten sich Sorgen um die drei. Immer wieder fragten sie Brogan nach ihnen, doch der wusste meist selbst nichts Neues.
Eines Tages, kurz vor dem Neujahrsfest, suchte Brogan die vier Freunde auf, die in einem der kleinen Aufenthaltsräume saßen und sich Birrnas Kekse schmecken ließen.
»Ich habe Nachricht von euren Freunden«, sagte er mit einem väterlichen Lächeln.
»Was denn?«, fragte Rijana und sprang auf. Sie war jetzt vierzehn Jahre alt und wurde immer hübscher, wie der Zauberer fand. Allerdings war sie sich dessen selbst noch nicht bewusst.
Er streichelte ihr über die weichen Haare, die sie zu einem Zopf zusammengebunden trug.
»Es geht ihnen gut, aber sie müssen den Winter über in Catharga bleiben. Das Wetter ist zu schlecht.«
Die vier stöhnten genervt auf, und Saliah schlug wütend auf die Armlehne ihres Sessels. Sie hatte sich darauf gefreut, zum Jahresfest mit Falkann zu tanzen.
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