Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
natürlich zuerst testen wollen. Wie konnte ich das nur vergessen?«
Rijana nickte und deutete ein Lächeln an, dann lief sie so schnell, wie sie es für höflich hielt, die Treppe hinauf. In ihrem Zimmer lehnte sie sich tief durchatmend an die Wand. Diese höfischen Sitten waren einfach nichts für sie. König Greedeon war sehr freundlich und zuvorkommend, doch irgendetwas störte sie an ihm. Rijana zog sich die Sachen an, die sie aus Camasann mitgebracht hatte, und als sie schließlich herunterkam, verzog der König leicht missbilligend sein Gesicht.
»Haben die Diener dir keine Hosen und Hemden in meinen Farben gebracht?«
Sie schüttelte den Kopf und sagte leichthin: »Nein, aber das macht nichts.«
»Das tut es sehr wohl!«, sagte der König mit einem Unterton, der keinen Widerspruch duldete.
König Greedeon führte das Mädchen durch den Park zu den Pferdekoppeln.
»Such dir ein Pferd aus«, verlangte er.
Rijana kletterte auf den hohen Holzzaun und schaute sich die einzelnen Pferde lange an. Es waren wirklich wunderschöne Tiere, sodass es ihr sichtlich schwerfiel, sich zu entscheiden.
»Darf ich näher herangehen?«, fragte sie.
Der König nickte. »Natürlich, aber sei vorsichtig!«
Rijana betrachtete jedes Pferd aus der Nähe. Jedes einzelne sah sie mit sanften Augen neugierig an. Schließlich blieb sie vor einer eleganten braunen Stute stehen.
»Ich würde sie gerne reiten«, rief Rijana dem König zu.
Der winkte einem Diener, der sofort loseilte und Sattel und Zaumzeug holte. Rijana streichelte das Pferd, das ihr seinen warmen Atem in die Haare blies. Die Stute war schlank und geschmeidig, hatte die Muskeln jedoch an der richtigen Stelle und wirkte feurig. Der Diener eilte herbei und wollte anfangen, das Pferd zu satteln.
»Danke, aber das kann ich selbst«, sagte sie freundlich.
Doch der König rief von weitem: »Nein, lass das den Diener machen.«
»Ich tue es gerne«, erwiderte Rijana und nahm dem Mann das Zaumzeug aus der Hand.
Nun kam der König wütenden Schrittes auf sie zu, sein eben noch so freundliches Gesicht wutverzerrt. »Ich sagte, lass das den Diener machen!«, sagte er bissig. »Es gehört sich nicht für eine Lady.«
Rijana hielt überrascht inne. Der erschrockene Diener nahm ihr rasch das Zaumzeug ab. Sie starrte den König verwirrt an, doch der hatte sich scheinbar schon wieder unter Kontrolle.
»Nun gut, reite sie dort drüben in der leeren Koppel«, schlug Greedeon vor.
Rijana nickte, doch das Verhalten des Königs hatte sie erschreckt. Sie bestieg die Stute, die sich wunderbar weich lenken ließ. Rijana trabte und galoppierte ein paar Mal auf der Koppel herum.
»Ich würde diese Stute gerne nehmen, wenn Ihr sie mir wirklich überlassen wollt.«
König Greedeon nickte huldvoll. »Für die Sieben ist mir nichts zu teuer.«
Rijana nickte unsicher und stieg ab. Anschließend folgte sie dem König, der sie zu den anderen führte, die bereits beim Schwertkampftraining waren. Rijana schloss sich ihnen an, und König Greedeons Soldaten staunten nicht schlecht, wie gut das junge, zierliche Mädchen mit dem Schwert umgehen konnte. Als sie etwa zur Mittagszeit das Training beendeten, sah Rijana, wie Saliah mit einem gutaussehenden Soldaten flirtete.
Bei Saliah sieht das alles immer so selbstverständlich aus, dachte Rijana betrübt. Sie selbst wäre wahrscheinlich knallrot angelaufen und hätte keinen Ton herausbekommen.
Falkann kam lächelnd auf Rijana zu, wurde jedoch von König Greedeon aufgehalten, der ihm irgendetwas erzählte.
Rijana ging langsam in Richtung des großen Schlosses zurück.
Rudrinn rannte hinter ihr her und grinste sie an. »Na, hast du dir ein Pferd ausgesucht?«
Sie nickte. »Ja, eine wunderschöne braune Stute.«
»Na, dann passt sie ja zu dir.«
Rijana errötete zu ihrem Ärger schon wieder. »Ha, kaum dass du einen Bart trägst, denkst du wohl, du kannst hier mit Komplimenten um dich werfen?«, meinte sie, um ihre Verlegenheit zu überspielen.
Rudrinn grinste und fuhr sich über die dunklen Bartstoppeln, die sein Gesicht bedeckten. »So wirke ich wenigstens ein bisschen älter«, sagte er augenzwinkernd.
Rijana hob kritisch die Augenbrauen. »Besonders, wenn du mit Kirschkernen auf die Portraits ehrenwerter Könige spuckst.«
Rudrinn lachte laut auf, nahm Rijana bei der Hüfte und hob sie über seine Schulter, sodass diese nur erschrocken quietschte. »Na schön, dann bin ich eben nicht erwachsen und werde es hoffentlich nie werden«,
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