Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
und unterhielten sich. Nur Falkann brütete düster vor sich hin und verschwand bald.
Am Morgen war Rijana schon früh wach. Draußen dämmerte es noch, doch sie konnte einfach nicht mehr schlafen. Sie zog sich an. Inzwischen hatte auch sie die blaue Hose, die hohen, schwarzen Lederstiefel und die weiße Bluse in den Farben Balmacanns bekommen. Sie band sich die dicken Haare zu einem Zopf und schlich durch das Schloss nach draußen. Um diese frühe Morgenzeit war noch niemand unterwegs. Rijana erreichte bald die Stallungen, holte sich Sattel und Zaumzeug für ihre Stute und lief dann im Frühnebel zu den Koppeln.
Die braune Stute hob den Kopf, als Rijana zu ihr kam.
»Na, wollen wir ein wenig ausreiten?«, fragte sie leise.
Das Pferd schnupperte ihr mit seinen weichen Lippen am Hals herum, sodass Rijana kichern musste. »Ich sollte dir einen Namen geben«, murmelte sie.
Sie streichelte dem Pferd über das kurze weiche Fell.
»Lenya heißt du.«
Die Stute schnaubte und blickte sie mit großen, klugen Augen an.
Rijana striegelte ihr Pferd bereits eine ganze Weile, als sie durch die Nebelschwaden hindurch eine Gestalt sah, die urplötzlich wie vom Donner gerührt stehen blieb. Es war Falkann, der ebenfalls Sattel und Zaumzeug in der Hand hatte und augenscheinlich nicht wusste, ob er nun schnell verschwinden oder hierbleiben sollte. Schließlich kam er zögernd näher, hängte seinen Sattel über den Zaun und fragte: »Na, bist du auch schon so früh wach?«
Rijana nickte lächelnd. »Ich konnte nicht mehr schlafen und hatte Lust auszureiten.«
»Hättest … ähm, hättest du etwas dagegen, wenn ich dich begleite?«, fragte er unsicher.
»Natürlich nicht!«, rief Rijana lachend. »Wie kommst du denn darauf?«
Falkann antwortete nicht und holte stattdessen seinen stattlichen Fuchshengst von der Koppel. Die beiden sattelten auf und ritten anschließend durch den stillen, nebelverhangenen Park. Alles wirkte so friedlich und still, dass sie beide zunächst schwiegen. Irgendwann brach die Sonne durch, und die Vögel begannen zu zwitschern.
»Komm, lass uns um die Wette reiten«, rief Rijana und trieb ihre Stute an, die wie ein Pfeil durch die weit auseinanderstehenden Bäume jagte.
Falkann holte auf seinem Hengst rasch auf und gewann um Haaresbreite mit seinem etwas größeren und kräftigeren Pferd. Rijana hielt lachend an: »Das nächste Mal schlage ich dich.«
Falkann grinste nur, und die beiden ritten im Schritt auf ihren schnaubenden Pferden am Ufer eines Sees entlang, der von Schilf eingerahmt war. In der Mitte des Sees lag eine kleine Insel mit vielen Bäumen.
»Es ist schön hier«, sagte Rijana. »Aber irgendwie auch, ich weiß nicht …«
Falkann nickte ernst. »Es wirkt einfach nicht natürlich, nicht wahr?«
Sie lächelte zustimmend. An einem kleinen Sandstrand am Ufer des Sees ließen sie die Pferde anhalten und stiegen in stillem Einvernehmen ab. Falkann pflückte ein paar rote Beeren, und die beiden setzten sich ans Ufer.
»Möchtest du welche?«
Rijana nickte, nahm ein paar von den süßen Beeren und schmierte sich dabei etwas roten Saft auf die linke Wange.
Falkann lächelte sie an und wischte ihr den Saft vorsichtig ab. »So hast du als kleines Mädchen auch immer ausgesehen.« Er schluckte und sagte ein wenig heiser: »Aber das bist du jetzt nicht mehr.« Falkann ließ seine Hand auf ihrer Wange, und Rijana konnte ihn nur mit großen Augen ansehen. Doch bevor Falkann sich wirklich dazu entschließen konnte, ihr einen Kuss zu geben, brach plötzlich ein Reiter aus dem nächsten Gebüsch heraus. Die beiden fuhren erschrocken auf.
»Da seid ihr!«, rief der Mann in der blauweißen Gardekleidung des Königs. »König Greedeon lässt euch schon suchen.«
Rijana beeilte sich, zu ihrem Pferd zu kommen, während Falkann unwillig die Stirn runzelte. In leichtem Galopp brachten sie den Weg zum Schloss rasch hinter sich. Rijana warf Falkann immer wieder unsichere Blicke zu. Hatte sie es sich eingebildet, oder hatte er sie wirklich küssen wollen? Doch das konnte sie einfach nicht wirklich glauben.
Als die beiden in den großen Saal kamen, trat ihnen König Greedeon mit wutverzerrtem Gesicht entgegen.
»Wo wart ihr? Ihr wisst doch, dass ihr euch abmelden müsst.«
»Tut mir leid, das war mir nicht klar«, sagte Rijana überrascht und blickte ihre Freunde nacheinander an.
»Ihr seid sehr wertvoll«, erwiderte König Greedeon ernst. »Ich möchte immer wissen, wo ihr seid, damit euch nichts
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