Throne of Glass – Die Erwählte
gesehen. Celaena wäre niemals so dumm. Der Narr war Dorian – wenn er sie wirklich liebte, würde sie ihm das Herz brechen.
Unfähig, seinem Freund noch länger zuzusehen, verließ der Captain der Garde den Ball.
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Kaltain beobachtete mit ohnmächtiger Wut, wie Lillian Gordaina und der Kronprinz von Adarlan tanzten und tanzten und tanzten. Sie hätte diese falsche Lady sofort wiedererkannt, selbst mit einer größeren Maske. Und wie konnte man auf einem Ball nur Grau tragen? Kaltain sah an sich hinunter und lächelte. Ihr Kleid in hellen Blau-, Smaragd- und Brauntönen hatte zusammen mit der passenden Pfauenmaske so viel gekostet wie ein kleines Haus. Natürlich war es ein Geschenk von Perrington gewesen, zusammen mit den Juwelen, die ihren Hals und ihre Arme zierten – nicht zu vergleichen mit der farblosen Pfuscherei aus Kristall, die das hinterhältige Flittchen trug.
Perrington strich ihr über den Arm und sie wandte sich ihm mit einem Augenaufschlag zu. »Ihr seht heute Abend blendend aus, mein Lieber«, sagte sie und rückte die goldene Kette über seiner roten Tunika zurecht. Sogleich nahm sein Gesicht die Farbe seinerKleidung an. Ob sie sich dazu überwinden könnte, ihn zu küssen? Natürlich konnte sie ihn weiter hinhalten, wie im letzten Monat; aber wenn er so betrunken war …
Sie musste sich dringend einen Ausweg überlegen. Allerdings war sie Dorian seit dem Frühherbst um keinen Millimeter nähergekommen. Und solange Lillian im Weg war, würde sie auch keine Fortschritte machen.
Ein Abgrund tat sich vor ihr auf. Durch ihren Kopf zuckte ein kurzer, matter Schmerz. Ihr blieb keine andere Wahl. Lillian musste beiseitegeschafft werden.
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Als die Uhr drei schlug und die meisten Gäste – auch die Königin und Chaol – gegangen waren, entschied Celaena schließlich, dass keine Gefahr mehr drohte. Sie verließ den Saal, während Dorian sich etwas zu trinken holte. Draußen wartete Ress, um sie zu ihren Gemächern zurückzubegleiten. Es war still im Schloss und sie benutzten leere Dienstbotenflure, um allzu neugierige Höflinge zu meiden, die mehr über sie erfahren wollten. Selbst wenn sie aus den falschen Gründen zum Ball gegangen war, hatte ihr das Tanzen mit Dorian doch ein wenig Spaß gemacht. Eigentlich sogar mehr als nur ein wenig. Sie lächelte in sich hinein und zupfte an ihren Nägeln, als sie in den Flur einbogen, der zu ihren Gemächern führte. Sie fühlte sich noch immer wie in einem Rausch. Dorian hatte nur sie gesehen, nur mit ihr gesprochen und sie behandelt, als wäre sie ihm ebenbürtig und mehr. Vielleicht war ihr Plan am Ende also doch kein totaler Fehlschlag gewesen.
Ress räusperte sich, und als Celaena aufblickte, sah sie Dorian vor ihren Gemächern stehen und mit den Wachen plaudern. Er konnte nicht mehr lang auf dem Ball geblieben sein, wenn er vor ihr hier war.Ihr Herz hämmerte, aber sie brachte ein schüchternes Lächeln zustande, als Dorian sich vor ihr verbeugte, die Tür öffnete und sie hineingingen. Sollten Ress und die anderen Wachen doch denken, was sie wollten.
Celaena nahm die Maske ab, warf sie auf den Tisch in der Mitte des Vorraums und seufzte, als die kühle Luft an ihre heißen Wangen gelangte. »Und?«, fragte sie und lehnte sich an die Wand neben der Tür zu ihrem Schlafzimmer.
Dorian kam langsam auf sie zu und blieb nur eine Handbreit vor ihr stehen. »Ihr seid gegangen, ohne Euch zu verabschieden«, sagte er und stützte sich neben ihrem Kopf an der Wand ab. Sie hob den Blick und betrachtete die schwarze Stickerei auf dem Ärmel, der fast ihr Haar berührte.
»Ich bin beeindruckt, dass Ihr so schnell hier heraufgekommen seid – und ohne ein Rudel Hofdamen im Schlepptau. Vielleicht solltet Ihr eine Ausbildung zum Assassinen in Erwägung ziehen.«
Er schüttelte das Haar aus dem Gesicht. »Ich bin nicht an Hofdamen interessiert«, sagte er mit verhangener Stimme und küsste sie.
Sein Mund war warm und seine Lippen weich und Celaena verlor jedes Gefühl für Zeit und Ort, als sie seinen Kuss langsam erwiderte. Er löste sich für einen Moment, sah ihr in die Augen, die sich nun öffneten, und küsste sie wieder. Tiefer dieses Mal, voller Verlangen.
Ihre Arme waren schwer und zugleich leicht und um sie herum drehte sich alles. Sie konnte nicht aufhören. Sie mochte das – mochte es, von ihm geküsst zu werden, mochte, wie er roch und schmeckte und sich anfühlte.
Er legte ihr den Arm um die Hüfte und zog sie fest an sich, während seine
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