Throne of Glass – Die Erwählte
hatte keine Kraft.
Im Aufstehen fegte Cain den Stock wie einen Strohhalm zur Seite und sie musste zurückweichen. In diesem Augenblick hörte sie das Lachen – sanft, weiblich und böse. Kaltain. Celaenas Füße wankten, aber sie hielt sich aufrecht, als sie einen Blick auf die Hofdame riskierte und die Becher vor ihr auf dem Tisch bemerkte. In dieser Sekunde begriff sie, dass Bloodbane in ihrem Becher gewesen sein musste, genau das Gift, das sie bei der Prüfung nicht erkannthatte. Im besten Fall löste es nur Halluzinationen und Desorientierung aus. Im schlimmsten Fall …
Nur mit Mühe konnte sie den Stock halten. Cain griff an, und ihr blieb nichts anderes übrig, als seine Hiebe zu parieren, obwohl sie kaum noch die Kraft hatte, die Waffe zu heben. Wie viel Bloodbane hatten sie ihr gegeben? Der Stock krachte, splitterte und ächzte. Wäre es eine tödliche Dosis gewesen, wäre es längst vorbei. Es musste genug gewesen sein, um sie zu schwächen, aber nicht so viel, dass man es leicht beweisen könnte. Sie konnte nicht klar sehen und ihr wurde abwechselnd heiß und kalt. Cain war so riesig – er war ein Berg, und seine Hiebe … Chaol wirkte im Vergleich wie ein Kind …
»Schon müde?«, fragte Cain. »Schade, dass die ganze Kläfferei zu nicht viel gut war.«
Er wusste es. Er wusste, dass man sie vergiftet hatte. Sie fauchte und stürzte sich auf ihn. Er trat zur Seite und ihre Augen wurden weit, als sie nur Luft traf, Luft, nichts als Luft, bis …
Krachend traf seine Faust auf ihr Rückgrat und sie sah nur noch das verschwommene Grau der Schieferplatten, bevor sie mit dem Gesicht daraufknallte.
»Einfach armselig«, sagte er und sein Schatten fiel auf sie, als sie kurz hochsah und rasch davonkroch, bevor er näher kam. Sie schmeckte das Blut im Mund. Das durfte einfach nicht wahr sein – sie konnten sie nicht dermaßen reingelegt haben. »Wenn ich Grave wäre, würde ich mich schämen, von dir geschlagen worden zu sein.«
Celaenas Atem ging schnell und hart und ihre Knie schmerzten, als sie sich aufrappelte und auf ihn losging. Aber er war zu flink, packte sie am Kragen ihrer Jacke und warf sie zurück. Obwohl sie stolperte, fiel sie nicht und blieb einen guten Meter vor ihm stehen.
Cain umkreiste sie und schwang träge sein Schwert. Seine Augen waren dunkel – so dunkel wie das Portal in die andere Welt. Er zog das Unvermeidliche in die Länge, wie ein Raubtier, das mit seinerMahlzeit spielt, bevor es sie verschlingt. Er wollte jede Sekunde genießen.
Sie musste das hier beenden, bevor die Halluzinationen einsetzten. Sie wusste, dass sie gewaltig werden würden: Seher hatten Bloodbane früher als Droge benutzt, um Geister aus anderen Welten zu sehen. Celaena schoss vorwärts und holte aus. Holz krachte auf Eisen.
Der Stock zerbrach.
Die eisenbewehrte Spitze segelte auf die andere Seite des Rings und Celaena hielt nur noch ein nutzloses Stück Holz in der Hand. Cains schwarze Augen bohrten sich für eine Sekunde in ihre, dann schnellte sein Arm nach vorn und traf ihre Schulter.
Celaena hörte es krachen, bevor sie den Schmerz spürte, und sie schrie und fiel auf die Knie, als ihre Schulter auskugelte. Cain trat dagegen und sie flog nach hinten und prallte so hart auf, dass die Schulter mit einem widerlichen Knirschen wieder eingerenkt wurde. Celaena war blind vor Schmerz. Die Welt verschwamm immer wieder vor ihren Augen. Alles war so langsam …
Cain packte sie am Kragen ihrer Jacke und zog sie hoch. Sie wand sich aus seinem Griff und taumelte rückwärts, während der Boden unter ihr auf sie zuraste und sie wieder stürzte – mit voller Wucht.
Mit der Linken hielt sie den abgebrochenen Stock in die Höhe. Cain kam keuchend und grinsend näher.
~
Dorian biss die Zähne zusammen. Irgendetwas war absolut nicht in Ordnung. Das hatte er vom Beginn dieses Zweikampfs an gewusst, und nachdem Celaena die Gelegenheit zum siegreichen Schlag gehabt, ihn jedoch nicht ausgeführt hatte, war ihm der kalte Schweiß ausgebrochen. Aber jetzt …
Cain trat ihr gegen die Schulter und er sah weg. Als dieses Untier sie hochzog und sie gleich darauf wieder zu Boden fiel, hatte er das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Celaena rieb sich immer wieder die Augen und ihr stand Schweiß auf der Stirn. Was war los?
Er sollte einschreiten und den Zweikampf augenblicklich abblasen. Sie musste morgen noch einmal antreten, mit einem Schwert und allen ihren Sinnen beieinander. Chaol zischte und Dorian hätte
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