Throne of Glass – Die Erwählte
langsamer und blieben stehen. Mit äußerster Mühe sank Celaena nicht auf die Knie, brachte ihre Beine dazu, langsamer zu laufen, ganz, ganz langsam, bis sie schließlich ins Gehen verfielen,brachte sich selbst dazu, immer weiter ein- und auszuatmen, während immer noch Sternchen vor ihren Augen tanzten.
»Gut«, sagte Brullo, zügelte sein Pferd und musterte die, die zuerst ins Ziel gelaufen waren. »Holt euch Wasser. Das Training geht gleich weiter.«
Zwischen den Flecken in ihrem Gesichtsfeld erkannte Celaena Chaol, der sein Pferd anhielt. Ihre Füße bewegten sich ganz von selbst auf ihn zu, dann an ihm vorbei zurück in den Wald. »Wo wollt Ihr hin?«
»Ich habe irgendwo meinen Ring verloren«, log sie und tat ihr Bestes, um zerstreut auszusehen. »Ich gehe ihn nur kurz suchen.« Ohne auf seine Zustimmung zu warten, ging sie zurück in den Wald, unter dem höhnischen Gekicher der anderen Champions, die mitgehört hatten. Herannahende Schritte verrieten ihr, dass noch ein Champion unterwegs war. Sie schlug sich ins Gebüsch und stolperte, als die Welt dunkel und leicht wurde und in Schräglage geriet. Kaum war sie auf die Knie gesunken, musste sie sich übergeben.
Sie würgte und würgte, bis sie nichts mehr in sich hatte. Der Nachzügler lief an ihr vorbei. Am ganzen Körper zitternd klammerte sie sich an den nächsten Baum und zog sich hoch. Am Wegrand entdeckte sie Captain Westfall, der sie mit einem nachdenklichen Ausdruck ansah.
Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und trat ohne ein Wort aus dem Wald.
13
E s war Mittag, als Brullo sie für diesen Tag entließ, und es wäre stark untertrieben zu behaupten, dass Celaena Hunger hatte. Sie war noch beim Essen und schaufelte Fleisch und Brot in sich hinein, als sich die Tür zu ihrem Speiseraum öffnete. »Was wollt Ihr hier?«, fragte sie mit vollem Mund.
»Was?«, fragte der Captain der Garde, während er sich zu ihr an den Tisch setzte. Er hatte sich umgezogen und ein Bad genommen. Er zog eine Platte mit Lachs zu sich und belud seinen Teller. Celaena machte ein angewidertes Gesicht und rümpfte die Nase. »Mögt Ihr keinen Lachs?«
»Ich hasse Fisch. Ich würde lieber sterben, als so was zu essen.«
»Erstaunlich«, sagte er und nahm den ersten Bissen.
»Warum?«
»Weil Ihr wie einer riecht.«
Sie öffnete den Mund und zeigte ihm die Masse aus Brot und Rindfleisch, die sie gerade kaute. Chaol schüttelte den Kopf. »Ihr mögt eine gute Kämpferin sein, aber Eure Manieren sind eine Schande.«
Sie wartete darauf, dass er sie auf vorhin ansprach, als sie sich übergeben musste, aber er fügte nichts hinzu. »Wenn ich will, kann ich sprechen und mich benehmen wie eine Dame.«
»Dann schlage ich vor, Ihr fangt sofort damit an.« Nach einer Pause fragte er: »Genießt Ihr Eure vorläufige Freiheit?«
»Ist das ein Seitenhieb oder eine ehrliche Frage?«
Chaol aß ein Stück Fisch. »Entscheidet selbst.«
Durch das Fenster sah man den Nachmittagshimmel, ein wenig blass, aber immer noch schön. »Meistens genieße ich es. Vor allem weil ich jetzt Bücher lesen kann, solange Ihr mich hier einsperrt. Das werdet Ihr wahrscheinlich nicht verstehen.«
»Im Gegenteil. Ich habe vielleicht nicht so viel Zeit zum Lesen wie Ihr und Dorian, aber das heißt nicht, dass ich Bücher weniger mag.«
Celaena biss in einen Apfel. Er war säuerlich, mit einem süßen, honigartigen Nachgeschmack. »Wirklich? Und was lest Ihr gern?« Er nannte ein paar Titel und sie war überrascht. »Das ist eine gute Wahl – größtenteils. Was sonst noch?«, fragte sie und sie vertieften sich so ins Gespräch, dass die Zeit verflog. Plötzlich schlug die Uhr eins und er stand auf.
»Dieser Nachmittag gehört Euch, Ihr könnt ihn verbringen, wie Ihr möchtet.«
»Wo geht Ihr hin?«
»Die Beine hochlegen.«
»Okay, dann hoffe ich, Ihr lest etwas Vernünftiges, bevor ich Euch wiedersehe.«
Auf dem Weg zur Tür schnüffelte er. »Und ich hoffe, Ihr nehmt ein Bad, bevor ich Euch wiedersehe.«
Seufzend rief Celaena nach ihren Dienerinnen, damit sie ihr ein Bad einließen. Ihr winkte ein Lesenachmittag auf dem Balkon.
~
Am nächsten Morgen wurde Celaenas Schlafzimmertür geöffnet und vertraute Schritte hallten durch den Raum. Chaol Westfall bliebwie angewurzelt stehen, als er entdeckte, dass die Assassinin am Türsturz hing und sich wieder und wieder hochzog, bis sie mit dem Kinn das Holz berührte. Das Unterhemd klebte ihr am Körper und der Schweiß lief ihr in
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