Thunderhead - Schlucht des Verderbens
Rücken und richtete den Revolver auf den Hauseingang, in dem kurz darauf der Skinwalker erschien. Es war unglaublich, dass er sich noch auf den Beinen halten konnte. Mit den Händen hielt er sich den Bauch, und Nora sah wie das Blut aus seinem Pelz auf den Boden des Platzes tropfte. Der Skinwalker hatte zwei riesige Wunden an Brust und Unterleib. Als er Nora erblickte, wankte er mit einem hasserfüllten Schrei auf sie zu. Nora drückte ein drittes Mal ab. Die Kugel, die den Skinwalker direkt im Gesicht traf, schleuderte ihm den Kopf nach hinten und warf seinen Körper zur Seite, Nora kniete sich nieder und feuerte zwei weitere Schüsse direkt in die Maske. Blutige Fleisch- und Lederfetzen wirbelten durch die vom beißenden Pulverqualm erfüllte Luft. Der Skinwalker wälzte sich wie ein von ekstatischen Bewegungen geschüttelter Tänzer auf dem Boden herum. Noras Schüsse hatten ihm einen Großteil des Schädels weggerissen, so dass zwischen den Knochensplittern die hellgraue Masse seines Gehirns hervorquoll. Aus einer zerfetzten Arterie in seiner Brust spritzte Blut in raschen, rhythmischen Stößen in den Staub. Ein grausiges Gurgeln entwand sich seiner Kehle, während Nora laut schreiend immer wieder abdrückte und gar nicht merkte, dass der Hammer des Revolvers schon längst nur noch auf leer geschossene Patronen klickte.
Und dann endlich erstarb das Röcheln des Skinwalkers, und eine tiefe Stille senkte sich über die Stadt.
Unter starken Schmerzen erhob sich Nora langsam. Sie machte ein paar Schritte auf die Begrenzungsmauer zu und sackte wieder in sich zusammen. Erschöpft ließ sie den Revolver aus der Hand gleiten. Es war vorüber.
Minutenlang blieb Nora hier, am Eingang nach Quivira, liegen und weinte leise vor sich hin.
ach einer Weile stand Nora auf und trat mit zittrigen Knien an den Rand des Alkovens. Das Tal von Quivira, das von dem breiten, hochwassergeschwollenen Fluss in zwei Teile zerschnitten wurde, lag in schwaches, silbriges Licht getaucht unter ihr. Hinter ihr erhoben sich massiv und schweigend die Häuser der alten Stadt.
Langsam wie eine Schlafwandlerin humpelte sie hinüber zur Strickleiter und begann Sprosse um Sprosse hinunterzuklettern. Es war eine schmerzhafte Quälerei, die Nora dennoch kaum wahrnahm, weil sie noch immer unter Schock stand. Unten angekommen, schaute sie hinüber zum Lager. Als sie merkte, dass das orangefarbene Leuchten im Sanitätszelt erloschen war, spürte sie, wie ihr ein Schluchzen in die Kehle stieg. Jetzt in dieses Zelt zu sehen war die schmerzlichste Aufgabe, die sich in ihrem ganzen Leben je gestellt hatte. Dennoch musste sie sich persönlich davon überzeugen, dass der schlimmste Fall eingetreten war.
Sie ging ein paar Schritte auf das Lager zu und blieb dann stehen. Ein paar Meter von der Felswand entfernt lag die grotesk verdrehte Leiche von Sloane im Sand. Nora trat auf sie zu. Die weit aufgerissenen, einst bernsteinfarbenen Augen blickten dunkel und starr ins Leere. Das Mondlicht lag wie ein matter Film auf ihnen und glänzte auf dem Blut, das neben ihr in den Sand geflossen war. Erschaudernd wandte Nora den Blick ab und hielt automatisch nach dem toten Skinwalker Ausschau. Doch der war nirgends zu sehen.
Wieder wallte nackte Angst in Nora hoch und versetzte alle ihre Sinne in Alarmbereitschaft. Sorgfältig suchte sie die Umgebung ab und fand an die fünf Meter von der toten Sloane entfernt eine blutgetränkte Vertiefung im Sand, die etwa die Form eines menschlichen Körpers hatte. Daneben lag eine silberne Concha, aber der Skinwalker war verschwunden. Nora trat instinktiv einen Schritt zur Seite und hielt sich mit der Hand den Mund zu, während ihre Blicke die Umgebung prüften. Nirgends war eine Spur von der Kreatur zu sehen.
Nora drehte sich um und ging auf das im Mondlicht liegende Lager zu, wobei ihr die Schnittwunde am Oberschenkel und der verstauchte Knöchel höllisch wehtaten. Was sie vorfand, war noch schlimmer als erwartet. Das Innere des Sanitätszeltes bot ein Bild der Verwüstung: Ausrüstungsgegenstände und Verbandsmaterial waren auf dem Boden verstreut, und der Schlafsack, in dem Bill Smithback gelegen hatte, war in Fetzen gerissen. Überall fanden sich Blutflecken, doch Bill selbst war spurlos verschwunden.
Laut schluchzend taumelte Nora aus dem Zelt und starrte hinauf zum mondhellen Himmel. »Verdammt!«, schrie sie. »Verdammt! Verdammt!«
Und dann spürte sie, wie sie plötzlich von hinten ein Arm an der Schulter packte und
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