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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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lag die Lichtung leer und verlassen vor ihm. Die Herde war lautlos weitergezogen. Der riesige Bulle hatte eine deutlich sichtbare Spur hinterlassen, die in eine andere Richtung, nach Norden, wies.
    Er richtete sich auf, noch immer geblendet und gefangen von diesem einen Blick, der sein Innerstes gestreift hatte. Es schwindelte ihm, und seine Hände zitterten.
    Ringsum blühten Apfelbäume. Schneeweiße Blütenblätter fielen zu Boden und erstarrten dort im Frost. Rotgelbe Früchte wuchsen wie im Zeitraffer, bis auch sie, überreif geworden, auf das gefrorene Erdreich plumpsten. Jason japste nach Luft. Die Götter! Sie sandten ihm Zeichen, nur wusste er nicht, wie er sie deuten sollte.
    Aber es gab andere, die ihm helfen würden, ganz sicher. Sobald Jason fand, sich wieder unter Kontrolle zu haben, traf er eine Entscheidung. Sie fiel ihm leicht. Sie kostete nichts.
    Er streifte sein Gewand ab, und er streifte seinen Namen ab. Er wurde zu
Hiquiyoannis
, dem Sohn des
Nowaminnish
, dem Enkel des
Quiquinonshi
. Zu lange hatte er sein elterliches Erbe verleugnet und war den Pfaden des Neuen Volkes gefolgt. Nun würde er zurückkehren zu den
Tla-o-qui-aht
und sich ihren jahrtausendealten Regeln unterwerfen.
    Trotz der Eiseskälte wälzte sich Hiquiyoannis dreimal über den steif gefrorenen Boden. Dann urinierte er in einem Halbkreis um sich, trat vorsichtig durch die offene Seite, suchte eine
Glücksraupe
und fand sie wie erhofft in einem halb vermoderten Baumstamm. Er aß ihr schlafendes Inneres und führte sich dann den Chitin-Teil in den Anus ein.
    Den Schmerz ignorierte er. Er würde nach einigen Stunden nachlassen und das Vergessen bewirken, das er für seinen Abschied benötigte. Flint, Carl und Owen würden niemals mehr auch nur einen Gedanken an ihn verschwenden. Mit ein wenig Glück würde er sogar aus dem Fokus des riesigen Bullen verschwinden, der sich auf einer Suche durch alle Welten und alle Zeiten befand.
    Die Götter mochten jenen schützen, dem der Zorn dieses Geistes galt.

7 Alebins Erinnerungen, Teil 2
    Merlin war ein guter, aber auch ein gestrenger Lehrmeister. Er weckte nicht nur die in Alebin ruhenden Kräfte; er schulte ihn auch in der großen Kunst des Betrügens.
    »Woher hast du all deine Künste?«, fragte der Schüler eines Tages neugierig – und fand sich unvermittelt auf den Brettern der verfallenden Hütte wieder, die sie seit einiger Zeit für ihre Übungszwecke verwendeten.
    »Das ist meine erste und letzte Mahnung«, sagte Merlin gut gelaunt. »Ich spreche nicht über meine Vergangenheit, und du wirst dies respektieren. Verstanden?«
    »Jawohl … Herr.«
    Alebin richtete sich auf und wischte sich Blut aus den Mundwinkeln. Sein Lehrmeister war der Einzige, der es schaffte, ihm Wunden zuzufügen. Wenn es in den zahlreichen Trainingsrunden gegen Menschen ging, gegen betagte Schwertkünstler oder ausgefuchste Nahkämpfer, behielt der Elf stets die Oberhand.
    »Wir sollten uns allmählich um ein Anwesen bemühen, das deinen Ansprüchen gerecht wird«, befand Merlin nach einer Weile. Er packte seine Ausrüstungsgegenstände – jede Menge prall gefüllte Lederbeutel, kleine Tongefäße, Porzellanmörser, Blei- und Kupferstößel, Reibschalen, Schächtelchen voll getrockneter Kräuter, Pulvern und Cremes, Tücher, mehrere Messer sowie zwei Almanache, deren Gewicht Alebin beim bloßen Anheben zum Ächzen brachten – und stopfte sie in einen Lederrucksack, den er sich anschließend fröhlich pfeifend über den Rücken schwang.
    »Ein Anwesen?« Alebin sprach einen einfachen Suggestiv-Zauber. Die Schmerzen im Mundbereich vergingen augenblicklich. »Ich fühle mich eigentlich recht wohl hier.«
    »Für eine Dienstmagd mag diese Kate reichen. Ich aber möchte endlich wieder auf einem anständigen Lager ruhen und nicht am Morgen Flöhe und Läuse aus meinem Bart zupfen müssen.«
    Der Bart … Er war Merlin praktisch über Nacht gewachsen und trug das Silberweiß eines Greises. Der Zauberer wechselte problemlos von einer Maske in die nächste. Nur der stechende Blick, der Alebin immer wieder in die Knie zwang, blieb stets gleich.
    »Was hältst du also für angemessen?«, fragte er seinen Lehrmeister.
    »Ich hörte, dass sich weit oben im Norden, in der Nähe der Ortschaft Bun Ilidh an der Westküste des Landes, Großes tut; zumindest, wenn man die Maßstäbe der Menschen heranzieht. Dort will jemand einen alten Broch zu einer Festung ausbauen, sodass mehrere Familien im Inneren nicht nur

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