Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
dich an die Verwahrstelle für Nichteligkeiten und Wichteligkeiten übergeben muss. Die werden wissen, was man mit dir anfangen soll. Von mir aus kannst du in den Wurzelräumen des Baumschlosses niedrige Handlangerdienste verrichten. Hauptsache, ich habe dich nicht mehr am Hals.«
Oha. Es war an der Zeit, auf die Knie zu fallen und an Grogs großes und gutes Herz zu appellieren.
Ich beginne mit einem ruhigen ersten Akt. Ein langsamer Aufbau ist vonnöten; nur nicht zu dick auftragen, sonst glaubt mir Grog nicht
. Pirx ließ sich auf die Knie fallen und rang verzweifelt die Hände. »Das darfst du mir nicht antun! Du Bewundernswerter, du Großzügiger, du Sanftmütiger! Ich appelliere an dein großes und gutes Herz; du weißt, dass ich’s nicht böse meine. Es steckt in mir, und manchmal komme ich nicht dagegen an.«
Der Grogoch blickte ihn verdutzt an. Er wirkte unsicher und wusste offenbar nicht, wie er reagieren sollte. Gut so.
Zweiter Akt: wie ein Wurm auf dem Boden krümmen
. »Ich krümme mich auf dem Boden vor dir, wie der Wurm, der ich bin! Deine Weit- und Offenherzigkeit ist mir ein Labsal, denn ich weiß, dass du mich niemals hergeben wirst. Das bringst du nicht fertig. Nicht du, mein Gönner und Förderer, dem ich meine zukünftigen Besitzungen und Königreiche verdanke.«
Und schon wankte der Kobold. Unschlüssig rang er um Worte.
Dritter Akt und Höhepunkt des Schauspiels: das Gesicht des Leids. Tief herabgezogene Mundwinkel, das Zittern der Lippen – und die dicken, fetten Tränen, die aus den Augenwinkeln hervorzuquellen drohen
. Pirx presste und quetschte, bis sich Flüssigkeit in den Augen sammelte; er stammelte sinnlose Worte, zitterte und verzog das Gesicht zu jener Grimasse, für die er so lange trainiert hatte.
»Aber … aber …«
Da war es. Das Gestotter des Mitleids und des Erbarmens. Pirx hatte ihn. Wie immer. »Du hast mich doch gern, oder?«, fragte er mit erstickter Stimme. »Du könntest mich niemals wegschicken, nicht wahr? Du wirst mich behüten, mich umsorgen und dafür sorgen, dass ich mich bessere.«
»N… natürlich.«
Pirx stürzte sich auf den viel zu gutmütigen alten Freund und umarmte ihn mit aller Kraft. »Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann! Du bist der beste Freund, den ich jemals hatte. Danke!« Schmatz. »Danke!« Schmatz. »Danke!«
»Ist schon gut – lass endlich die Knutscherei bleiben! Man könnte uns sehen. Und dann …«
»Natürlich, natürlich! Ich hab dich schon losgelassen. Ab jetzt bin ich ganz freundlich zu dir und folge dir aufs Wort.«
Sie gingen den breiten Astarm entlang zu ihrer Behausung, um sich auf ihre künftigen Aufgaben nahe Land’s End vorzubereiten.
Nach einiger Zeit sagte der Grogoch: »Ich habe das seltsame Gefühl, dass ich von dir reingelegt wurde.«
»Wie bitte? Schäm dich, Grog! Ich bin nur ein harmloser und dummer, kleiner Pixie. Wie könnte ich einen so erfahrenen Feenkobold wie dich übers Ohr hauen?« Pirx stimmte ein fröhliches Lied an und lief vorneweg.
14 Eine schlüpfende Larve
und letzte Vorbereitungen
Das Stundenglas wies darauf hin, dass Alebin nicht mehr viel Zeit blieb, um Abschied zu nehmen und alle Angelegenheiten zu regeln. Er musste unbedingt dafür Sorge tragen, dass er Lyonesse bei seiner Rückkehr so vorfand, wie er es nun zurückließ. Andernfalls…
Er führte ein langes Gespräch mit Doolin, dem Buckligen, und stattete anschließend David einen Besuch in Ethons unterirdischem Reich ab. Der Elf wirkte erschöpft – dennoch hatte er es irgendwie geschafft, die Mundfessel abzulegen. Alebin machte Hadubey deutlich, was ihm drohte, wenn er seine Wacharbeit weiterhin vernachlässigte. Der Winzdrache bibberte und zitterte und verschluckte sich mehrmals an seinem eigenen Feueratem, ohne ein Wort hervorzubringen.
Gut so. Angst war ein guter Kamerad der Untergebenen. Der Kleine würde seine Augen offen halten und es nicht zulassen, dass jemand hinabgelangte.
Danach besprach sich Alebin mit weiteren Vertrauten; er erneuerte mehrere Zauber, die Cunomorus’ Handlungsfreiheit weiter einschränkten. Er vergewisserte sich der Zuverlässigkeit der Wächterelfen und sorgte dafür, dass der Ausbau des Rosen-Palastes zügig vorangetrieben wurde. Und er suchte ein weiteres Gespräch mit Nadja.
»Du siehst übermüdet aus«, sagte er.
»Ist das ein Wunder, wenn ich nächtelang von meinem Sohn getrennt bin und vor Sorge fast vergehe?«
»Ihr werdet euch beide daran gewöhnen müssen.« Selbst nun,
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