Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
getötet.
Seine Truppen, nun insgesamt fünftausend Leute stark, schlugen eine Bahn der Vernichtung in die eisigen Lande. Sie entzogen dem Haupttal, in dem das Schwebende Schloss gesichert lag, jeglichen Nachschub, und die Nachrichten von den Schrecken, die sie verbreiteten, sorgten dafür, dass die Ländereien ringsum bereits aufgegeben wurden, bevor sich Alebins Haupttross die alten, ausgetretenen Pfade entlangbewegte.
»Sie kann keine gute Landesherrin gewesen sein«, sagte er, als sie den letzten Sattel erobert hatten und auf das Schwebende Schloss hinabblickten. »Kaum jemand beweist ihr seine Loyalität. Die Bewohner fliehen über die Eis- und Schneefelder, hinaus in die anderen Reiche, statt sich hier zu sammeln und uns auf freiem Feld Paroli zu bieten.«
»Ja, Herr«, bestätigte der kleine Doolin ehrerbietig. Seit einiger Zeit reiste er als Alebins persönlicher Lakai im Gefolge mit. Er war noch ein halbes Kind; Händler hatten ihn im zarten Babyalter als »ganz besondere Ware« angepriesen und ihn Alebin für teures Geld verkauft. Er hatte einen Sack über seinem Gesicht getragen. Doolin würde, so hatten die Verkäufer behauptet, jenem Wesen, das er als erstes in seinem Leben zu sehen bekam, bis ans Ende seiner Tage bedingungslos folgen.
»Es wird uns ein Leichtes sein, das Schloss zu erobern«, murmelte Alebin. In seinen Gedanken beschäftigte er sich längst nicht mehr mit den Details der Eroberung. Er träumte von jenem Moment, da er im Thronsaal vor seiner Mutter stand und sie zwang, vor ihm auf die Knie zu fallen, um sein Urteil zu hören.
»Und wenn Koinosthea die Taue losbinden und das Schwebende Schloss abtreiben lässt?«, überraschte ihn Doolin mit einem durchaus sinnvollen Einwand.
»Ich habe daran gedacht. Mach dir keine Sorgen.« Alebin drehte sich um und rief, so laut er konnte, über seine Verbündeten hinweg: »Wir sind weit gekommen, Freunde! Es ist nur noch ein kleines Stück unseres gemeinsamen Weges zu gehen. Noch bevor ihr ins Schwitzen kommt, habt ihr das Dorf erobert. Noch bevor ihr außer Atem geratet, werdet ihr die Trossen des Schwebenden Schlosses erklimmen. Bevor ihr des Tötens müde seid, steht ihr im Thronsaal der verhassten Königin. Und wenn eure Mägen nach Essen verlangen, habt ihr die Beute bereits unter euch verteilt und könnt mit gefüllten Taschen eures Weges gehen.«
Hurrarufe antworteten ihm. Das Geschrei wurde lauter, breitete sich in konzentrischen Kreisen aus, bis es die hintersten Reihen seiner Truppen erreicht hatte. Waffen wurden gegen Schilde geklopft, Trolle hieben sich mit dornengespickten Keulen gegen den Kopf, und einige Zwerge gruben vor Freude Lachkammern in den frostigen Boden.
Einzig Alebin wusste, dass es schwieriger werden würde, als er es dargestellt hatte. Sicherlich war Koinosthea nicht gänzlich unvorbereitet und würde ihm heftigen Widerstand entgegensetzen. Doch der Sieg war sein, keine Frage. Der Trunk, den er nun an die Menschen ausgeben wollte, immunisierte sie gegen jeglichen Zauber, den die Magier im Dienste der Königin bewirken mochten.
Sie überliefen die Stellungen im Dorf und eroberten die metallenen Trossen. Mithilfe des Gottes Goibniu, den Alebin vor geraumer Zeit mit diversen Versprechungen auf seine Seite gebracht hatte, sicherten sie die Taue, bevor diese von Koinostheas Truppen gekappt werden konnten. Zunächst stürmten die menschlichen Fußtruppen ins Schloss, wild, wie es ihrer Natur entsprach. Sie waren Kanonenfutter, das dazu diente, die Möglichkeiten der Verteidiger auszuloten.
Die Magie von Alebins Mutter versagte, wie erwartet, an der Immunität der Menschen. Dennoch richteten Koinosthea treu gebliebene Elfen, erfahrene Kämpfer, ein fürchterliches Blutbad unter Alebins Begleitern an. Sie waren flinker, geschickter, erfahrener. Doch der schieren Masse der Angreifenden und ihrer schrecklichen Kampfeswut mussten auch sie letztlich weichen. Kaledonische, icenische, bulivantische, anglische, jütische, sächsische und piktische Helfershelfer fielen mit der ihnen eingeimpften Kampfeswut über die Verteidiger her.
Alebin wartete, bis die letzten Schlachtgeräusche verklungen waren und die Stimmen der Verwundeten leiser wurden. Erst dann betrat er in Begleitung Doolins das Schwebende Schloss. Ein Ozean aus Blut, durch den er watete, verwehrte ihm die Sicht durchs Glasgestein nach unten. Die Gemäuer stöhnten, ächzten und beklagten die Toten, während er durch die Gänge spazierte und dieses ganz besondere
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