Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
Gefühl des Triumphes in sich fühlte. Er wollte es auskosten, solange es ging.
Schließlich betrat er den Thronsaal. Die Anführer seiner Truppen machten ehrerbietig Platz. In einer Ecke drängten sich die Magier der Königin zusammen, allesamt widerliche kleine Angsthasen. Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen sprachen sie weiterhin ihre Zauber, um das Schloss nur nicht abstürzen zu lassen und die geringe Hoffnung, die Begegnung mit Alebin zu überleben, aufrechtzuerhalten.
Alebin wandte sich dem Häuflein aufrechter Verteidiger zu, die seiner Mutter geblieben waren. Mutlos standen sie da, ihrer Widerstandskraft beraubt, blutbeschmiert und mit stumpfen Blicken. Lothyncam wartete in erster Reihe, bibbernd, und hatte die Linke gegen eine tiefe Wunde am Schwertarm gepresst. Immer wieder schüttelte er den Kopf, als verstünde er nicht, was rings um ihn vor sich ging.
»Steh auf und beschütze mich!«, forderte eine herrische, befehlsgewohnte Stimme. »So, wie du es mir geschworen hast, du Versager!« Koinosthea trat aus dem Schatten eines zerfetzten Vorhangs, umrundete ihren Thronsitz und lehnte sich gegen dessen vergoldeten Arm. Ihre Blicke trafen Alebins. In ihren Augen waren Verachtung und Hass zu lesen – aber auch ein klein wenig Angst.
Lothyncam stützte sich auf. Er sah von links nach rechts, von rechts nach links. Mit schmerzverzerrtem Gesicht brachte er sein Schwert hoch und humpelte zu seiner Mutter, um sich vor sie zu stellen.
»Lass es bleiben, kleiner Bruder«, sagte Alebin ruhig. »Zwischen uns beiden gibt es nichts, was mit der Waffe bereinigt gehört.«
»Hörst du, wie er sich über dich lustig macht?«, stichelte Koinosthea. »Er hält dich für einen Weichling und einen Verlierer, der keinerlei Beachtung verdient.«
»Lass dich nicht von ihr einwickeln, Lothyncam.« Alebin griff nach seiner Waffe. »Bilde dir deine eigene Meinung. Bemerkst du nicht, was sie vorhat? Sie will uns gegeneinander aufhetzen; sie spielt ihre bösen Spielchen, wie immer.«
Sein Halbbruder kam auf ihn zu. In seinem fahlen Gesicht zeichnete sich der nahende Tod ab. Samhain, der Graue Mann, war längst anwesend und kümmerte sich um jene, die gestorben waren. Nun streckte er seine Finger auch nach Lothyncam aus …
»Töte ihn!«, kreischte Koinosthea. »Serviere mir seinen Kopf auf einem Silbertablett, und ich werde dich lieben wie meinen eigenen Sohn!«
»Tu es nicht«, flüsterte Alebin. Er deutete seinen Leuten, hinter ihn zurückzuweichen. »Lass nicht zu, dass sie
das
mit dir macht.
Sie
ist der Feind, nicht ich.«
Lothyncam torkelte ihm entgegen. Schweiß stand auf seiner Stirn, Blut drang aus Nase und Mund. Irgendwie brachte er mithilfe beider Hände die Waffe hoch über den Kopf. Er röchelte, stieß einen Schrei der Verzweiflung aus, hieb von oben herab.
Mühelos wehrte Alebin seinen Angriff ab und ließ seinen Halbbruder ins Leere laufen. Der Junge krachte mit seinem ganzen Gewicht gegen einen Eichentisch. Als er sich wieder umdrehte, um sich für einen neuen Waffengang zu stellen, wurde er vom Schatten des Grauen Mannes begleitet.
»Lass es bleiben«, bat Alebin wieder.
Lothyncam bewegte sich rascher, als er es ihm angesichts seines Zustandes zugetraut hätte. Er war heran, schlug abermals zu. Alebin schaffte es gerade noch, seine Waffe vor sich zu bringen und den wuchtigen Hieb zu blocken. Sein Halbbruder war so nahe, dass er seinen Angstschweiß riechen konnte.
Der Junge stieß ihm mit der Stirn gegen die Nase. Alebin meinte, sein Kopf müsse explodieren. Lothyncam biss, zog, zerrte, kratzte und pumpte das letzte Restchen Energie aus seinem ausgemergelten, hinfälligen Körper.
Für einen Moment wurde es ruhig. Sie standen da, Brust an Brust, die Hände ineinander gekrampft. Nicht wie Elfen, die einen Kampf auf Leben und Tod austrugen, sondern wie ein eng umschlungenes Paar, das die Ekstasen der Liebe genoss.
»Bitte«, flehte Lothyncam in diesem Augenblick der Stille so leise, dass nur Alebin es hören konnte, »mach dem ein Ende! Tu es für mich! Ich kann nicht mehr.«
Alebin verstand und erkannte plötzlich, welches seine Rolle in diesem bösen Spiel war. Er konnte den Regeln, die Koinosthea aufgestellt hatte, unmöglich entkommen. Sie war eine Meisterin der Manipulation, an die er niemals heranreichen würde.
»Schlaf gut, Bruderherz«, flüsterte Alebin. Er drückte Lothyncams linken Arm beiseite, zog seinen Dolch und rammte ihn bis zum Heft ins Herz des Bruders. Die Augen des jungen
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