Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
Rochester bemerkte, daß ich ebenso große Furcht empfand wie er, stählte er seinen Mut und rief: »Feigling! Zeig dich!«
    Es gab einen lauten Knall, gefolgt von einem grellen, orangefarbenen Blitz, als Rochester einen Schuß in Richtung der Treppe zum Dachgeschoß abgab.
    »Da! Da läuft er, wie ein Hase; ich glaube, ich habe ihn getroffen!«
    Wir eilten zu der Stelle, fanden jedoch kein Blut, sondern nur die schwere Bleikugel, die in der Brüstung steckte.
    »Jetzt haben wir ihn!« jauchzte Rochester. »Von hier oben gibt es kein Entkommen, außer über das Dach, und auch keinen Weg nach unten, es sei denn er will an den Regenrinnen seinen Hals riskieren!«
    Wir stiegen die Treppe hinauf ins obere Stockwerk. Obgleich die Fenster hier etwas größer waren, herrschte unheimliche Dunkelheit.
    Plötzlich erstarrten wir. Mitten auf dem Flur, halb im Schatten, das Gesicht von einer einzigen Kerze schwach erhellt, stand Hades. Er gehörte nicht zu jenem Typus des Verbrechers, der sich versteckte. Er hielt die Kerzenflamme an ein aufgerolltes Stück Papier, bei dem es sich nur um das Wordsworth-Gedicht handeln konnte, in dem meine Tante gefangen war.
    »Das Codewort, Thursday, wenn ich bitten darf!«
    »Niemals!«
    Er hielt die Kerze noch näher an das Blatt und verzog die Lippen zu einem Lächeln.
    »Das Codewort, bitte!«
    Doch sein Lächeln gerann jäh zu einer schmerzverzerrten Fratze; er heulte auf in unmenschlicher Qual, und Kerze und Gedicht fielen zu Boden. Als er sich langsam umwandte, sahen wir, woher seine Schmerzen rührten. Auf seinem Rücken saß, sich wildentschlossen an ihn klammernd, die irre Mrs. Rochester. Sie gackerte wie toll und zerrte an einer Schere, die sie Hades zwischen die Schulterblätter getrieben hatte. Er schrie erneut auf und sank auf die Knie, während seine Kerze einen mit Wachs polierten Sekretär in Brand setzte.
    Gierig leckten die Flammen an dem Möbelstück, und Rochester riß einige Vorhänge herab, um sie zu ersticken. Doch Hades stand schon wieder, strotzend vor neugewonnener Kraft: Die Schere war zurückgezogen worden. Er schlug nach Rochester und streifte ihn am Kinn; Edward taumelte und stürzte zu Boden.
    Mit einem manischen Grinsen im Gesicht nahm Acheron eine Petroleumlampe vom Buffett und schleuderte sie quer durch den Flur; sie explodierte und entzündete einen Wandbehang. Dann wandte er sich zu der Irren um, die sich, scheinbar blindlings um sich schlagend, auf ihn stürzte. Mit einem geschickten Hieb riß sie Hades das zerfledderte Schulheft mit Mycrofts Gebrauchsanweisung aus der Tasche, stieß einen infernalischen Triumphschrei aus und lief davon.
    »Geben Sie auf, Hades!« brüllte ich und drückte zweimal ab.
    Acheron schwankte unter der Wucht der Schüsse, hatte sich jedoch rasch wieder gefangen und lief Bertha und der Gebrauchsanweisung hinterher. Hustend hob ich das kostbare Gedicht auf; unterdessen erfüllte dichter Rauch den Flur. Die Gobelins standen in Flammen. Ich half Rochester auf die Beine. Wir rannten hinter Hades her, der auf seiner Jagd nach der Gebrauchsanweisung und der schwachsinnigen Kreolin weitere Brände gelegt hatte. Wir fanden die beiden in einem großen Hinterzimmer.
    Es gab keinen geeigneteren Augenblick, um das Portal zu öffnen; das Bett brannte lichterloh, und Hades und Bertha vollführten ein wahnsinniges Katz-und-Maus-Spiel. Das Heft umklammernd, schlug sie mit der Schere nach ihm, wovor er große Angst zu haben schien.
    »Sagen Sie das Codewort!« rief ich Rochester zu.
    »Wie lautet es?«
    »Süßer Wahn!«
    Rochester schrie das Losungswort. Nichts. Er schrie es noch lauter.
    Noch immer nichts. Ich hatte einen Fehler gemacht.
Jane Eyre
war in der ersten Person geschrieben. Bowden und Mycroft konnten folglich nur das lesen, was Jane erlebte – was wir erlebten, kam im Buch nicht vor. Das hatte ich nicht bedacht.
    »Was jetzt?« fragte Rochester.
    »Ich weiß nicht.
Achtung!!!
«
    Bertha stürzte wie eine Furie an uns vorbei zur Tür, gefolgt von Hades, der die Gebrauchsanweisung offenbar so dringend zurückhaben wollte, daß er Rochester und mich darüber fast vergessen hatte. Wir liefen hinter ihnen her auf den Korridor, doch das Treppenhaus war unterdessen eine regelrechte Flammenwand, und Hitze und Rauch drängten uns zurück. Hustend und mit tränenden Augen flüchtete sich Bertha aufs Dach, dicht gefolgt von Hades, Rochester und mir. Die frische, kühle Luft war eine Wohltat. Bertha lief uns voran auf das Bleidach des Ballsaals.

Weitere Kostenlose Bücher