Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
der neulich auktioniert werden sollte?« fragte Victor.
Bowden zeigte ihm ein verwischtes Schwarz-Weiß-Foto, auf dem ein Mann gerade eilig in ein geparktes Fahrzeug einstieg. »Unser Hauptverdächtiger ist ein Bursche namens Byron 2 .«
Victor betrachtete das Bild sorgfältig. »Byron Nummer Zwei? Der Kerl muss sich ja mächtig beeilt haben, als das neue Namensrecht damals in Kraft trat. Wie viele Byrons gibt es inzwischen?«
»Letzte Woche ist Byron 2620 registriert worden«, sagte ich. »Wir haben Byron 2 jetzt schon eine Woche beschattet. Aber der Bursche ist schlau. Keins der gefälschten Fragmente von
Heaven and Earth
haben wir ihm eindeutig zuschreiben können.«
»Abhören?«
»Haben wir versucht. Aber der Richter hat uns keine Erlaubnis gegeben. Dass der Verdächtige sich mit Hilfe einer Operation einen künstlichen Klumpfuß verschafft und seine Halbschwester geschwängert hat, um seinem Vorbild nachzueifern, finde er zwar ein bisschen übertrieben, sagt er, aber es sei durchaus kein Beweis, dass er auch Manuskripte gefälscht habe. Wir müssen ihn in flagranti erwischen, mit der Tinte an den Fingern, aber im Moment macht er gerade eine Mittelmeerreise. Wir werden jetzt einen Durchsuchungsbefehl beantragen, solange er weg ist.«
»So wahnsinnig viel zu tun gibt es also derzeitig nicht?«
»Warum? Steht etwas an?«
»Na ja«, begann Victor. »Es hat offenbar wieder jemand versucht, den
Cardenio
zu fälschen. Könnten Sie der Sache mal nachgehen?«
»Kein Problem«, sagte ich. »Haben Sie eine Adresse?«
»Ja«, sagte Victor. »Hier ist die Liste der Leute, bei denen die Fälschungen aufgetaucht sind.«
Er warf ein Blatt Papier auf den Tisch und wünschte uns Glück.
Bowden studierte die Liste sorgfältig. »Als Erstes gehen wir in die Roseberry Street«, sagte er. »Die liegt am nächsten.«
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(1)
»Thursday Next!«
(2)
»Hallo, Miss Next? Test, Test, Test. Eins, zwei, drei.«
(3)
»Wenn Sie gerade zu tun haben, Miss Next, können wir uns auch später unterhalten.«
(4)
»Mein Name ist Snell, Akrid Snell. Wer war denn die bestürzend attraktive Frau in dem engen rosa Pullover?«
(5)
»Wirklich? Ist sie verheiratet?«
(6)
»Tut mir leid. Das hab ich Ihnen ja noch gar nicht gesagt: Ich bin Ihr Pflichtverteidiger.«
(7)
»Natürlich nicht! Das ist ja genau unsere Verteidigungsstrategie: Sie sind vollständig unschuldig. Wenn wir den Ermittlungsrichter davon überzeugen können, erreichen wir wahrscheinlich eine Vertagung.«
(8)
»Sorry, Miss Next. Da ist mir gerade ein Anruf dazwischengekommen. Portia mal wieder. Sie wollte ihr Plädoyer noch einmal mit mir absprechen. Ganz schön lebhaft, die Dame. Ihre Anhörung ist nächsten Donnerstag, Thursday. Bereiten Sie sich darauf vor!«
(9)
»Das ist gut, Thursday. Ich darf Sie doch Thursday nennen? Bleiben Sie bei Ihrer blauäugigen Rolle als Unschuldslamm, dann haben wir Sie schneller vom Haken, als Sie
verrucca
sagen können.«
(10)
»Ich werde Ihnen alles bei unserer Besprechung erklären. Tut mir leid, dass ich vorerst in Fußnoten mit Ihnen kommunizieren muss, aber in zehn Minuten muss ich im Gericht sein. Sprechen Sie mit absolut niemandem über den Fall, und wir sehen uns am Donnerstag, Thursday. Lustig: Donnerstag ... Thursday. Na ja, vielleicht auch wieder nicht. Ich muss los. Vergessen Sie nicht: Sie dürfen mit niemandem über die Angelegenheit reden. Und wenn Sie irgendwas über die häuslichen Verhältnisse dieses Flakk-Mädchens herausfinden könnten, wäre ich Ihnen äußerst verbunden. Also, tschüsschen und tüdelioo!«
3. Der entfesselte Cardenio
Cardenio
wurde 1613 am Hof aufgeführt. In das Stationers' Register wurde es 1653 aufgenommen, als Verfasser werden »Mr Fletcher und Shakespeare« genannt. 1728 veröffentlichte ein gewisser Theobald Lewis sein Stück
Double Falsehood,
bei dessen Niederschrift er nach eigenen Angaben eine alte Probenfassung des Cardenio zur Vorlage nahm. Angesichts der nicht unbedingt Shakespeareschen Qualitäten von
Double Falsehood
und der Weigerung von Lewis, das Originalmanuskript vorzulegen, erscheint seine Behauptung recht zweifelhaft. Cardenio ist der Name des wahnsinnigen Ritters aus dem 1605 erstmals erschienen Roman
Don Quijote.
Im Roman von Cervantes hat Cardenio über seiner Liebe zu Luscinda den Verstand verloren, und man vermutet, dass Shakespeares Stück sich mit dieser Liebesgeschichte beschäftigt. Ob das allerdings wirklich so war, werden wir vermutlich niemals
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