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Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Thursday Next 02 - In einem anderen Buch

Titel: Thursday Next 02 - In einem anderen Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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sowieso niemanden überfahren. Entweder du erwischst sie oder du erwischst sie nicht, und kein Einziger hat auch nur einen Kratzer abgekriegt, oder?«
    Inzwischen war auch die Polizei eingetroffen. Der Streifenwagen hatte tiefe Kratzer und Beulen auf beiden Seiten, was vermutlich mit den beiden Zementblöcken zu tun hatte.
    »Ich bin mehr an meinen Bugatti gewöhnt«, sagte Miss Havisham, als sie mir den Schlüssel zurückgab und ausstieg, »aber der Wagen ist gar nicht so übel. Besonders gefällt mir die Gangschaltung.«
    Ich kannte die beiden Polizeibeamten, die jetzt auf uns zukamen. Sie sahen wenig vergnügt aus. Die örtlichen Polizeibehörden mochten SpecOps ohnehin nicht, und wir erwiderten diese Gefühle. Einem von uns etwas anzuhängen bereitete ihnen stets das größte Vergnügen. Jetzt betrachteten sie Miss Havisham mit strengen Augen, schienen allerdings vorläufig noch unsicher, wie sie ihre Empörung über deren offensichtliche Missachtung der Straßenverkehrsordnung in angemessene Form kleiden sollten.
    »Sie«, sagte einer der beiden Beamten mit kaum unterdrückter Wut in der Stimme, »Sie haben ganz schön Ärger, Madam!«
    Miss Havisham sah den jungen Beamten ziemlich herablassend an. »Junger Mann«, sagte sie hoheitsvoll, »Sie wissen ja gar nicht, wovon Sie reden.«
    »Hören Sie, Rawlings«, versuchte ich zu vermitteln und stieg aus dem Wagen, »können wir -«
    »Miss Next«, erklärte der Beamte mit Entschiedenheit, »Sie kommen gleich dran, okay?« Er wandte sich erneut an Miss Havisham: »Name?«
    »Ich bin La Dame-rouge«, log sie mit spektakulärer Frechheit. »Und nach meinem Führerschein und meiner grünen Versicherungskarte fragen Sie bitte gar nicht erst - so etwas habe ich nicht.«
    Darüber musste der Beamte erst einmal nachdenken.
    »Würden Sie sich bitte in unseren Wagen setzen, Madam!« sagte er schließlich. »Wir müssen Sie zur Befragung mit aufs Revier nehmen.«
    »Stehe ich unter Arrest?«
    »Wenn Sie sich weigern mitzukommen .«
    Miss Havisham warf mir einen Blick zu und formte unhörbar die Worte: »Auf drei!« Dann seufzte sie theatralisch und ging zu dem Streifenwagen hinüber. Dabei benahm sie sich, als wäre sie wirklich steinalt: Sie wackelte mit dem Kopf und ließ die Finger arthritisch zittern. Ich beobachtete ihre Hand, mit der sie mir - ohne dass die Beamten es sahen - signalisierte: erst hob sie einen Finger, dann zwei und dann, während sie sich erschöpft auf die Kühlerhaube des Polizeifahrzeugs stützte, hob sie den dritten Finger.
    »Achtung!« schrie ich und zeigte hinauf in den Himmel. »Aufpassen!«
    Die beiden Beamten, die natürlich von der Geschichte mit dem Hispano-Suiza vor zwei Tagen gehört hatten, schauten auch brav in den Himmel, während ich und Miss Havisham eilends davonstoben. Wir taten so, als hätten wir zwei Bekannte entdeckt, stellten uns an die Spitze der Besucherschlange, die vor dem Eingang der Buchmesse stand und warteten dringend auf Einlass.
    Die Beamten, nicht faul, rannten hinter uns her, aber in diesem Augenblick öffneten sich die Tore des Paradieses, und Tausende von Bibliophilen aller Altersklassen stürmten hinein. Die Beamten wurden beiseite gedrängt und am Ende sogar von den Füßen gerissen, während ich und Miss Havisham im Triumph in die Messehalle gespült wurden.
    Im Inneren herrschten chaotische Zustände. Ich wurde bald von meiner Begleiterin getrennt, als direkt vor mir zwei Herren mittleren Alters über ein signiertes Exemplar von Kerouacs
On the Road
so in Streit gerieten, dass sie die begehrte Trophäe am Ende in Stücke rissen. Ich kämpfte mich durch die Landkartenabteilung, die Reisebücher und die Ratgeber im Erdgeschoss und hatte die Hoffnung, Miss Havisham jemals wieder zu sehen, schon beinahe aufgegeben, als mir eine Frau auffiel, unter deren grauem Regenmantel eine rote Robe mit langer Schleppe hervorlugte.
    Ich verfolgte die Schleppe quer durch die Halle bis zum Aufzug in die oberen Stockwerke. Ich konnte meinen Fuß gerade noch in die Tür stellen, ehe der Aufzug nach oben entschwand. Der Liftboy, ein freundlicher Neandertaler, warf mir einen eigenartigen Blick zu, öffnete die Türen aber noch einmal, um mich hereinzulassen, ehe er abfuhr. Die Herzkönigin sah mich hochnäsig an und wechselte das Standbein, um eine vornehmere Haltung einzunehmen. Sie war ziemlich korpulent; ihr kastanienrotes Haar war zu einem engen Knoten geschlungen, die Krone war unter der Kapuze des Regenmantels versteckt.

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