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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Bahn langsam in das sogenannte Labyrinth einfädelte. »Fate, darf ich dir eine persönliche Frage stellen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Wieso hast du niemals ... Ich kenne dich jetzt schon so lange, aber in deinem Leben scheint es noch nie einen Mann gegeben zu haben.«
    »Ach so, darüber machst du dir also Gedanken. Nun ja, ich war schon eine Sibylle, lange bevor du mich kennenlerntest. Und weil die Außenweltler in der Stadt das Gerücht verbreiteten, Sibyllen seien verrückt und mit einer ansteckenden Krankheit behaftet, konnte ich meinen Status niemandem anvertrauen. Andernfalls hätte man mich aus der Stadt verbannt – und da ich selbst mit einem Sichtverstärker halbblind war, hatte ich davor eine schreckliche Angst. Außerdem befürchtete ich, ich könnte beim Intimverkehr versehentlich jemanden anstecken ... Ich konnte ja nicht wissen, wieviel Wahrheit in den Legenden der Außenweltler steckte.«
    »Wie bist du überhaupt zu einer Sibylle geworden?« Als einzige Sibylle in Karbunkel hatte Fate jahrelang unerkannt unter ihnen gelebt.
    Seufzend faltete sie die Hände im Schoß ihres Samtrocks. »Ich war noch keine zweiundzwanzig Jahre alt. Mein erstes großes Fest stand bevor. Ich stamme aus einer Maskenmacher-Familie, und seit ich ein Kind war, hatten wir Masken für die Festivals hergestellt. Eines Tages kam jemand in meinen Laden. Er behauptete, er sei ein Angehöriger des Sommervolks, was aber gelogen war, und er käme eigens für das große Fest in die Stadt. Angeblich interessierte er sich für meine Masken und wollte wissen, wie man sie macht. Danach kam er jeden Tag zu mir in den Laden, blieb eine Weile und half mir, Perlen auszusuchen. Ich fing an, mich auf seine Besuche zu freuen, und jedesmal, wenn ich nur seine Stimme hörte, oder wenn er mich berührte, fühlte ich mich leicht wie ein Vogel im Flug ... Wir verbrachten das ganze Fest miteinander, und in der Nacht der Masken wurde ich die seine ... – dabei hat er mich angesteckt.«
    Unwillkürlich erschauerte Tor; als Angehörige des Wintervolks hatte sie eine tiefsitzende Furcht davor, von einer Sibylle angesteckt zu werden. Trotzdem ließ sie ihre Hand auf Fates Arm ruhen und hoffte, die Frau würde nichts von ihrer heftigen Reaktion bemerken.
    »Später bat er mich um Verzeihung ... Er behauptete, es sei ein Unfall gewesen. Aber er sprach nicht und benahm sich auch nicht wie ein echter Sommer. Jetzt glaube ich, daß er nicht einmal von Tiamat stammte. Er muß die Wahrheit über das Sibyllennetz gekannt haben, und daß es einen festen Datenport hier in der Stadt brauchte. Er wußte genau, was er mir antat ...« Sie drehte den Kopf zur Seite, wie wenn sie nicht wollte, daß Tor ihr Gesicht sähe.
    »Eine Zeitlang blieb er bei mir. Er unterwies mich, wie man den Transfer kontrolliert, doch er brachte mir nur soviel bei, daß ich zurechtkam. Die volle Wahrheit hat er mir nie verraten. Und dann verließ er mich. Er sagte, er müsse zum Sommervolk zurück, bevor man entdeckte, daß er ein Sibyl sei. Ich blieb allein mit meinem fürchterlichen Geheimnis und meinen Masken. Von diesem Tag an legte ich mir selbst eine Maske zu und gab durch nichts zu erkennen, daß ich infiziert war. Aber nach diesem ... Körperkontakt lebte ich in ständiger Angst; ich fürchtete mich davor, jemanden zu verraten oder selbst enttarnt zu werden.«
    Tor schüttelte den Kopf. »Dieser Schuft!« Sie ballte die Fäuste und holte tief Luft. »Aber was ist jetzt?« Sie schaute Fate an. »Du kennst die Wahrheit über dich selbst, und die Winterleute hassen die Sibyllen nicht mehr. Außerdem weißt du, wie du dich und auch einen Liebhaber schützen kannst. Du könntest ...«
    »Nein.« Energisch schüttelte Fate den Kopf. »Ich habe sehr lange allein gelebt, vielleicht zu lange. Mittlerweile genieße ich das Alleinsein. Ich fühle mich nicht einsam, ich bin nicht traurig, ich habe eine sinnvolle Beschäftigung und gute Freunde.« Sie lächelte in Tors Richtung. »Ich bin zufrieden.«
    Tor gab einen brummenden Laut von sich. »Das kann ich von mir nicht behaupten ... Vielleicht bist du besser dran als ich ...« Sie fuhren nun mitten durch das Labyrinth und näherten sich dem Sibyllen-College. »Sollen wir die Fahrt unterbrechen und kurz in den Laden gehen?« fragte sie; plötzlich hatte sie keine Lust, sich schon so früh von Fate zu trennen.
    »Ach ... na schön, von mir aus.« Fate nickte zustimmend. »Ich war schon lange nicht mehr dort. « Sie brauchte nicht zu fragen,

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