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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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hat sie mich angelogen? Warum hat sie so getan, als sei eine andere Frau ihre Mutter, und wieso ist Gran ...?«
    »Sie hat dich nicht angelogen«, antwortete Funke mit ruhigem Nachdruck. »Alles, was sie dir je erzählt hat, ist wahr.« Er seufzte und bekam einen abwesenden Ausdruck. »Viele Jahre lang wußte sie es ja selbst nicht, und als du noch klein warst, hätte sie es dir gar nicht erklären können. Du hättest es nur nicht von einem Fremden erfahren dürfen.« Mit den Fingerspitzen hob er sachte ihr Kinn. »Was möchtest du sonst noch wissen, Ani? Ich erzähle dir, soviel ich kann.«
    »Warst du Arienrhods Liebhaber?« Sie schleuderte ihm die Frage entgegen, bevor ihr Mut sie verließ.
    Er zuckte zusammen und zwang sich dazu, ihr in die Augen zu sehen. »Ja«, antwortet er leise. Seine Hände krallten sich in den silbernen Lederbezug der Couch. Ariele starrte auf die weißen Fingerknöchel und spürte, wie sie selbst die Fäuste ballte.
    »Und hast du das Wasser des Lebens mit ihr getrunken?«
    »Ja.« Die Antwort war kaum zu hören.
    »Bist du deshalb immer so unglücklich, wenn du die Mers siehst?«
    Er nickte, doch er blickte zur Seite, wie wenn er nicht wollte, daß sie den Ausdruck in seinen Augen sähe. »Wer hat dir das alles erzählt?« fragte er mit heiserer Stimme.
    »Elcos Vater.«
    »Kirard Set?« Ruckartig hob er den Kopf; seine graugrünen Augen funkelten hart und kalt wie Smaragde. »Was ... was hat er sonst noch gesagt?«
    »Daß ...« Ariele brach ab, als sie sein schmerzerfülltes Gesicht sah. »Daß Mama auch einen anderen Mann geliebt hat, einen Außenweltler. Und vielleicht ... vielleicht bist du gar nicht unser Vater.«
    Er legte den Arm um sie und zog sie an sich; ihren Kopf barg er an seiner Brust, so daß sie einander nicht mehr ansehen konnten. Sie spürte, wie er vor Wut erschauerte, aber dieses Mal blieb er ihr die Antwort schuldig.
     
    Vor dem Stadthaus von Merovys Eltern blieb Tammis stehen und blickte die ruhige Allee entlang, an deren Ende die Sturmwälle die Gefahren der Nacht in Schach hielten. Unsicher fragte Merovy: »Möchtest du noch mit hineinkommen und dich unterhalten?« Unterwegs hatte er kaum zwei Worte mit ihr gesprochen.
    Anstatt zu antworten, nahm er sie in die Arme und küßte sie hingebungsvoll. Ohne zu zögern erwiderte sie den Kuß und schmiegte sich an ihn, wobei sie ihn mit ihrem Körper wärmte. Sie hatten sich schon oft geküßt, ungeschickt, wie um zu experimentieren. Aber noch nie zuvor hatte er dabei so empfunden wie jetzt, wo ihre körperliche Nähe seine ohnehin schon aufgewühlten Gefühle noch weiter verwirrten. Die unterschiedlichsten Eindrücke stürmten auf ihn ein ... der Druck ihrer Lippen, mit Angst gepaarte Bereitschaft, ihr Körper so dicht an seinem; dazwischen schob sich die Erinnerung, wie Elco Teels Kuß und Umarmung sich angefühlt hatten, so wissend und erfahren; Visionen suchten ihn heim, Bilder von seinen Eltern, die sich nackt unter fremden Menschen bewegten. Bis jetzt hatte er geglaubt, mit seinen Eltern sei es so gewesen wie mit ihm und Merovy, die er immer geliebt hatte, seit er sich entsinnen konnte; doch nun war er sich nicht mehr sicher.
    Er unterbrach den Kuß und löste sich beinahe grob von Merovy, indem er sie gegen die Mauer in den Schatten eines Balkons stieß. Zuerst blickte sie erschrokken, dann fast erleichtert drein. »Gute Nacht, Tammis«, flüsterte sie und tastete nach dem Türgriff. Sie öffnete die Tür und ging ins Haus. Lange Zeit blieb Tammis stehen und starrte gegen die geschlossene Tür, dann drehte er sich um und lief die Straße zurück, die Hände vor den Mund gepreßt.
    Er ging den ganzen Heimweg zu Fuß; er brauchte Zeit, um seine Gedanken zu klären, und er mußte die Emotionen abreagieren, die ihn wie mit einem dunklen Feuer vergifteten. Einmal hatte er versucht, seinen Vater über die Gefühle auszufragen, die ihn neuerdings quälten, über seine Verwirrung, die ihn jedesmal überkam, wenn er einen Knaben- oder Mädchenkörper sah. Doch als er versuchte, offen und ehrlich über seine erwachende Sexualität zu reden, hatte sein Vater ihm einen Vortrag über die Sitten auf den Sommerinseln gehalten, die in den Augen seiner Freunde aus der Stadt unglaublich streng sein mußten. Auf seine Frage hin, ob es nicht auch Wege gäbe, die Gefühle auszuleben, hatte sein Vater wütend reagiert und das Gespräch abgebrochen.
    Darüber brütete er nach, in der Überzeugung, daß er irgend etwas nicht begriff,

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