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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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brillantesten Verstand seit dem legendären Vanamoinen.
Man nennt mich den
neuen Vanamoinen,
hatte er selbst einmal gesagt. Aber den verfügbaren Hinweisen zufolge hatte er nie eine formelle Ausbildung genossen.
    Als niederes Mitglied der Bruderschaft hatte er seine Laufbahn begonnen, und auf Samathe wurde er behördlich wegen Mordes an seinem Vater gesucht. Anscheinend war er aufgrund seiner überragenden Intelligenz schon mit Anfang Zwanzig zu einer Schlüsselposition in der Bruderschaft aufgestiegen, doch diese Möglichkeit kam Gundhalinu sehr unwahrscheinlich vor. Seiner Ansicht nach fehlten in der Gleichung etliche Elemente. Er zog weiterhin Erkundigungen ein, in der Hoffnung, irgendwann einmal die richtigen Antworten zu finden.
    Von Nummer Vier war Kullervo spurlos verschwunden, obwohl die Regierung alarmiert worden war und nach ihm fahnden ließ. Offiziell hieß es, Kullervo sei von den tückischen Phänomenen in World's End getötet worden; doch aus denselben privaten Quellen, die ihn – wenn auch verspätet – über Kullervos wahre Bündnispartner aufklärten, erfuhr er, daß er buchstäblich zur selben Zeit, als ihre letzte Konfrontation am Feuersee stattfand, mit seinem Schiff aus dem Orbit verschwunden war.
    Er konnte nur vermuten, daß Kullervo mit seinem grenzenlosen Einfallsreichtum einen Weg gefunden hatte, das Stardrive-Plasma zu aktivieren und sein Schiff aus der Falle herauszukatapultieren. Das bedeutete natürlich, daß die Bruderschaft jetzt im Besitz des Stardrive-Plasmas und des Antriebsaggregats war, und wenn Reede Kullervo das Projekt leitete, würde sie in kürzester Zeit über Schiffe mit Hyperlichtgeschwindigkeit verfügen.
    Deshalb war Gundhalinu seit seiner Rückkehr nach Kharemough wieder ein Sklave seiner Pflichten. Ungefähr ein Jahr lang hatte er sich im Weltraum um Kharemough aufgehalten, und nun setzte er zum erstenmal nach sehr langer Zeit wieder einen Fuß auf seinen Heimatplaneten.
    Die wichtigsten industriellen Aktivitäten fanden im cislunaren Raum oder auf den beiden Monden statt. Während der Himmel dunkler wurde, konnte er bereits die Spektralfarben sehen, die die Nacht auf Kharemough bunt bemalten. Als Kind hatte er dieses Schauspiel geliebt, aber sobald er alt genug war, um die Zusammenhänge zu begreifen, erklärte man ihm, daß die Ursache für den Farbenzauber die industrielle Verschmutzung war. Dies sei der Preis, den Kharemough für seine führende Rolle in der Hegemonie bezahlen müsse, hieß es, wie wenn man stolz auf dieses Opfer wäre. Fortan fand er den Himmel nicht mehr schön, vielleicht war das der erste Schritt zu seiner Desillusionierung gewesen.
    Trotzdem tat es ihm gut – mehr, als er es sich vorgestellt hatte –, wieder auf der Welt zu sein, wo er geboren worden war, zurückzukehren in den kleinen, vertrauten Kreis seiner Standesgenossen. Nach seiner Schande und dem mißglückten Selbstmordversuch auf Tiamat hatte er nicht damit gerechnet, Kharemough je wiederzusehen, geschweige denn, dort freundlich aufgenommen zu werden. Aber jetzt war er der Ehrenwerte Kommandant Gundhalinu-eshkradken, Techniker des Zweiten Rangs, Held der Hegemonie, und so weiter, und so weiter.
    Was er während seiner Abwesenheit von Kharemough über sich selbst und seinen Platz im Universum erfahren hatte, ließ ihn zweifeln, ob er überhaupt wieder ein Mitglied der technokratischen Gesellschaft sein wollte – er verabscheute ihre Heuchelei, ihre Unnachgiebigkeit, ihre Vorurteile und ihre Ungerechtigkeit. Dennoch – wie er nun in diesem Zimmer stand, den satten Duft der Geschichte einatmete, und dabei den exquisiten Harmonien eines Kunstlieds von Lantheile lauschte, das seine Sinne mit verhaltener Leidenschaft erfüllte.
    Gundhalinu berührte einen Vorhang und ließ seine schwieligen Hände über die Seide gleiten; sie fühlte sich kühl an wie Wasser, und weich wie die Haut eines Kindes. Seufzend blickte er auf seine Hände; früher, als er noch auf Kharemough lebte, hatte er nie Schwielen gehabt. Kräftige Muskeln und arbeitsgewohnte Hände kennzeichneten die niederen Kasten, die NonTechs und die Unklassifizierten, nicht die Angehörigen der Techniker-Elite, die ihren überlegenen Verstand einsetzten, um Kharemough in eine noch glänzendere Zukunft zu führen. Er fragte sich, wie es nun weitergehen würde, da Kharemough von der Zukunft eingeholt worden war – in gleicher Weise wie er selbst. Vermutlich war die soziopolitische Balance seiner Welt und der gesamten Hegemonie

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