Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Pernatte.
»Richtig.« Gundhalinu sah Jarsakh an; dieses Mal lächelte sie unverbindlich, ihr Blick war hart wie Stahl. Weil er in der Produktion keine Fehler und Verzögerungen duldete, waren sie oft aneinandergeraten. »Es hat ein paar Rückschläge gegeben, aber es besteht kein Zweifel daran, daß die neue Flotte binnen zehn Jahren fertig sein wird.«
»Je eher, desto besser, wie?« meinte Pernatte. »Wir müssen unsere rechtmäßige Führungsrolle in der Hegemonie behaupten – und dank Ihres Einsatzes wird es uns auch gelingen. Außerdem tut es not, eine ständige Verbindung mit unserer verlorenen Kolonie Tiamat aufrechtzuerhalten; wir werden nämlich nicht jünger, wissen Sie?« Er lachte so sorglos wie einer, der davon überzeugt ist, daß sein Zuhörer die Pointe versteht und billigt.
»Dienten Sie nicht auf Tiamat bei der Hegemonischen Polizei?« fragte Jarsakh.
Gundhalinu nickte und setzte gleichfalls ein gekünsteltes Lächeln auf. »Bis zur endgültigen Abreise.«
»Das muß ja ein herrliches Schauspiel gewesen sein. Waren Sie dabei, als die Schneekönigin geopfert wurde?«
»Nein.« Er senkte den Blick. »Zu der Zeit lag ich im Krankenhaus.«
»Ein fürchterlich rückständiger Planet. Sie hatten Glück, daß Sie nicht gestorben sind.« Sie schüttelte den Kopf. »Für uns alle wäre das eine Tragödie gewesen.«
Gundhalinu erwiderte nichts darauf.
»Der junge Vhanu hat mir erzählt, daß Sie in die Politik eintreten wollen, sobald sich die Sternenschiff-Technologie etabliert hat«, meinte Pernatte.
»Ja, das erwäge ich in der Tat.« Angenehm überrascht sah er Vhanu an; der lächelte und blickte zu Boden. »Allerdings war meine Familie politisch niemals aktiv, ich habe also noch viel zu lernen.«
Wie Gundhalinu gehofft hatte, wurde Pernattes Lächeln breiter. »Mit Vergnügen wäre ich Ihr Mentor. Wie Sie wissen, bin ich auf diesem Gebiet nicht gerade unbewandert.«
Ihr Götter, habt Dank!
Gundhalinu verbeugte sich, damit niemand sah, daß er vor Aufregung rot wurde. »Dafür wäre ich Ihnen sehr dankbar, Pernatte-sadhu.«
»Dann erlauben Sie, daß CMP und ich Sie heute abend mit ein paar einflußreichen Persönlichkeiten bekanntmachen. Es wäre eine Schande, dieses günstige Zusammentreffen mit Geplauder und Schmeicheleien zu verplempern. Haben Sie schon darüber nachgedacht, welches Ressort Sie interessieren könnte? Vielleicht streben Sie einen Sitz in der Globalen Regierung oder im Hegemonischen Koordinationsrat an? Für einen Mann Ihrer Herkunft und mit Ihrer Reputation käme sogar eine Stellung in der Hegemonischen Gesellschaft in Frage, falls es eine Vakanz gibt ...« Er berührte Gundhalinus Arm.
Gundhalinu deutete ein Lachen an. »Nach so hohen Ämtern strebe ich nicht. Ich hatte eher an einen Posten in der Justiz oder in der Kolonialverwaltung gedacht – zum Beispiel wäre ich gern Oberster Richter auf Tiamat, wenn die Hinreise wieder möglich ist.«
Jarsakhs glänzende, berechnende Augen weiteten sich vor Überraschung. »Vater aller meiner Ahnen! Sie wollen
freiwillig
auf diese unglückliche, primitive Welt zurückkehren? Aber Sie sagten doch, um ein Haar wären Sie dort gestorben ...«
Zwar hatte er nichts dergleichen gesagt, aber es stimmte. »Vielleicht will ich deshalb noch einmal dorthin zurück, Bhai. Dafür zu sorgen, daß Tiamat sich zu einer modernen Gesellschaft entwickelt, die ein gleichberechtigter Partner in der Hegemonie sein kann, scheint mit eine lohnende Lebensaufgabe zu sein.« Er lächelte zurückhaltend.
»Diese Barbaren wollen Sie zivilisieren?« Pernatte schüttelte den Kopf. »Ein nobles Ziel, aber ein hoffnungsloses Unterfangen, will mir scheinen. Kann man Menschen, die noch Kannibalismus praktizieren ...«
»Menschenopfer, Allerliebster«, korrigierte ihn Jarsakh liebenswürdig, »nicht Kannibalismus.«
»Was auch immer«, brummte er verärgert. »Ich finde, man sollte lieber Wege finden, um sie auf Dauer in Schach zu halten. Schließlich können auf der verdammten Welt ohnehin nur diese Wilden leben. Das einzig Wertvolle, das sie haben, ist das Wasser des Lebens.«
»Aber das ist immerhin das Lösegeld für ganze Planeten wert«, versetzte Jarsakh trocken.
Gundhalinu biß sich auf die Zunge. Vhanu stand immer noch neben ihm und gaffte die Pernattes an, als höre er aus ihnen die Stimmen seiner Ahnen – was in gewissem Sinne sogar stimmte. »Ein Grund mehr, um dort jemanden zu stationieren, der sich um den Nachschub kümmert«, sagte er, die
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