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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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anstarrte, schien er durch sie hindurchzublicken. »Und ich dachte, wir wären sicher.«
    Ich dachte, wir wären sicher.
Mond setzte sich wieder hin und ballte auf dem Tisch die Fäuste.
    »Und das hast du alles im Transfer erfahren?« Stirnrunzelnd sah er sie an. »Von Gundhalinu persönlich?«
    »Ja.« Mond strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Es war anders als alles, was ich bisher erlebt habe. Mir war, als würde ich in das Große Nichts hineingezogen, in das Herz des Sibyllencomputers. Aber er war auch da, nicht körperlich, sondern als ... Geist. Wir konnten frei miteinander sprechen ...«
    Er schüttelte den Kopf. »Und du bist dir sicher, daß er es wirklich war?«
    Vielleicht war es das Sibyllennetz.
»So hat das Netz noch nie mit mir gesprochen. Seit ich Königin bin, hat es sich überhaupt nicht mehr an mich gewandt.« Ihre Stimme klang verloren. »Ich bin mir sicher, daß er es war.« Während sie ihm alles erzählte, schaute sie ihn an, und sie fühlte sich wiederum von ihm beobachtet. – »Er sagte, er wolle mit der Hegemonie zurückkommen ... als der neue Oberste Richter.«
    Funke erstarrte. »Warum?« preßte er hervor.
    Sie senkte den Blick. »Er will uns helfen; weil er es der Hegemonie ermöglicht hat, nach Tiamat zurückzukommen, fühlt er sich für uns verantwortlich.«
    »Warum?« wiederholte Funke mit heiserer Stimme.
    Sie hob den Kopf. »Er sagte ... daß er mich immer noch liebt.«
    Funke sog scharf den Atem ein, stellte aber nicht die Frage, mit der Mond gerechnet hatte.
    Mond wandte den Blick ab und schwieg; sie sah sich im Spiegel an der Wand, aber so, wie sie als junges Mädchen gewesen war. Sie war sich nicht einmal sicher, wessen Gesicht ihr – von der Erinnerung verbrämt – entgegenschaute: ihr eigenes oder das von Arienrhod ... »Wir brauchen seine Hilfe«, murmelte sie. »Tiamat ist auf ihn angewiesen. Du weißt, was uns bevorsteht; die Hegemonie wird Tiamat wieder voll und ganz beherrschen wollen. Und wir können uns nicht dagegen wehren.«
    »Ich weiß«, erwiderte er mit gepreßter Stimme. »Das Wasser des Lebens ... Darauf sind sie aus. Und wenn es irgend geht, werden sie es sich beschaffen.« Seine Kiefermuskeln spannten sich. »Meiner Meinung nach wird selbst Gundhalinu dies nicht verhindern können.«
    »Ich erzählte ihm die Wahrheit über die Mers, daß sie intelligente Wesen sind.« Sie faltete die Hände. »Ich weiß nicht, ob er mir glaubte ... Aber die Information ist da, für jeden zugänglich, der sich vergewissern will – im Sibyllennetz. Wenn er es fertigbringt, daß die Hegemonie diese Tatsache zugibt ...«
    »Das schafft er nie!« versetzte Funke wütend. »Bei den Augen der Herrin, Mond – sie wollen es nicht wissen!« Seine Stimme klang scharf. »Diejenigen, die das Wasser des Lebens trinken, interessieren sich nur für ihr eigenes Wohlergehen ... und sie haben die Macht. Es kümmert sie nicht, ob andere Lebewesen leiden Hauptsache, ihnen geht es gut. Und Mers sind ja schließlich keine Menschen. Du sprichst von denen, die in der Hegemonie den Kurs bestimmen, und sie werden nicht auf dich hören.«
    Mond stand auf und starrte ihr Spiegelbild an. »Dieses Mal werden sie aber zuhören müssen.« Sie berührte das Kleeblatt, das von ihrem Hals baumelte. »Es geht nicht nur darum, daß eine ganze Spezies ausgerottet wird, es steht mehr auf dem Spiel als Moral; die Mers zu schützen, ist von allgemeinem Interesse, es ist eine Frage des Überlebens – auch für die Hegemonie.« Sie beugte sich über den Tisch und sagte mit Nachdruck: »Denn die Mers sind der Schlüssel. Wenn es sie nicht mehr gibt, dann ... dann ...« Hinter ihren Augen tat sich etwas: es war wie das Schlagen von dunklen, gigantischen Schwingen. Ihre Gedanken verhedderten sich, gerieten in ein Chaos, und die Worte blieben ihr in der Kehle stecken.
    »Sie sind ... sie sind ...« Sie sank auf ihren Stuhl zurück.
    »Mond ...?« Funke streckte die Arme nach ihr aus.
    »Ich ... kann nicht ...« Sie erschauerte, wie wenn etwas in ihr gegen eine undurchdringliche Mauer prallte. »Ich kann es dir nicht sagen ... Ich kann es niemandem sagen.« Sie schüttelte den Kopf. Ihre Gedanken begannen sich zu klären, die schwarzen Schwingen falteten sich langsam zusammen, während sie sich dem Sibyllennetz ergab, das sie fest in der Gewalt hatte.
Das Zentrum der Welten ist Karbunkel; der Große Computer, das heimliche Herz des Sibyllennetzes, liegt hier versteckt.
Niemand durfte je davon erfahren,

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