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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ihrem Alter lag, oder daran, daß sie ihren Körper nicht mehr trainierte. Doch der Anblick, der sich ihr bot, verscheuchte jeden Gedanken an ihre Sterblichkeit. Sie sah Scharen von Sommerleuten – grasgrüne Kleidung, seegrüne Kleidung ... helle, von der Sonne gerötete Gesichter, jung und alt, lachend, tobend, essend, beim Spiel. Ein zeitloses Bild.
    Sie ging an den alten Steinhäusern mit den frisch gedeckten Seehaardächern vorbei, immer tiefer in die Vergangenheit eindringend, während sie nach bekannten Gesichtern Ausschau hielt. Fremde blickten sie neugierig an, lächelten, als sie das blitzende Kleeblattmedaillon sahen, und nannten sie ›Sibylle‹. Ein paar kamen ihr sehr vertraut vor, aber sie wußte nicht, ob sie schon in der Stadt mit ihnen zu tun gehabt hatte, oder sie von ihrer Jugend auf den Inseln her kannte. Die meisten Sommerleute gafften sie an, ohne sie zu erkennen; doch einige neigten den Kopf und murmelten überrascht: »Herrin ...«, ehe sie sich abwandten und die Neuigkeit weitergaben.
    Die Nachricht von ihrer Ankunft würde sich verbreiten, vielleicht erspähte Capella Goodventure sie zuerst. Ziellos schlenderte sie weiter, zwang sich zur Geduld, und mischte sich unter das Volk, wie es sich für eine Sibylle gehörte. Als sie das Dorf hinter sich ließen und die offenen Wiesen betraten, blieben Ariele und Tammis dicht bei ihr; nicht ohne Sorge bemerkte sie, daß die beiden sich unter ihren eigenen Leuten fremder fühlten als zwischen den Wintermenschen in der Stadt, mit denen sie allerdings fast ihr ganzes Leben verbracht hatten. Und zu ihrer Verwunderung spürte sie, daß es ihr ähnlich erging wie ihren Kindern.
    Eine leise Stimme in ihr, die nie ganz zum Schweigen gebracht werden konnte, erinnerte sie daran, daß sie von ihrem Blut her eine Winterfrau war: Arienrhods Klon. Dennoch entstammten sie ein und derselben Wurzel, die Winter- wie die Sommerleute. Sie bewohnten dieselbe Welt, und ihr Erbe gehörte ihnen allen. Ihr eigener Name,
Dawntreader,
und der Name
Goodventure,
waren ursprünglich Schiffsnamen gewesen, die von ihren Vorfahren, die als Flüchtlinge nach Tiamat gelangten, an ihre Nachkommenschaft weitergegeben wurden.
    Wenigstens etwas hatten sie und Capella Goodventure gemeinsam – beide liebten ihre Welt. Das durften sie nie vergessen.
    Tammis reichte ihr eine warme Fischpastete, während Ariele sich leicht widerstrebend von einem hübschen blonden Jüngling an die Hand nehmen ließ. Sie gesellten sich zu einer Gruppe von jungen Leuten, die unter der Anleitung einer älteren Frau einen Triadentanz einstudierten. Als Mond die Musik hörte, erinnerte sie sich an die Tanzschritte, und ihr Körper wiegte sich im Takt. Ihr Fleisch mochte Winter sein, aber vom Temperament her war sie eine Sommer, es steckte ihr im Blut. Lächelnd wandte sie sich an Tammis, der neben ihr stand und den Tänzern zusah. »Möchtest du nicht auch mitmachen?« fragte sie ihn.
    Kopfschüttelnd blickte er zu Boden. »Nein; ich höre lieber zu. Man braucht auch einen Partner ...« Als er den Kopf wieder hob, merkte sie ihm seine instinktive Scheu an; es wäre verkehrt gewesen, ihn zum Mitmachen zu drängen, er war glücklich, wenn er abseits stehen konnte. »Früher habe ich auch so getanzt«, sagte sie.
    »Möchtest du denn mittanzen?« fragte er verblüfft, wie wenn er sich wunderte, daß seine Mutter auch ein anderes Leben kannte als das, welches sie in der Stadt führte.
    »Nein«, erwiderte sie leise, »dieser Tanz ist nur etwas für junge Leute, ein Tanz für Verliebte.« Als sie sah, wie Ariele in den Kreis trat und sich mit natürlicher Anmut zwischen den anderen Tänzern drehte, fühlte sie sich an ihre eigene Jugend erinnert.
    »Herrin«, sagte eine vertraute Stimme hinter ihr. Sie erschrak und drehte sich um. Vor ihr stand Capella Goodventure mit argwöhnischer, verschlossener Miene. »Mit dir hatte ich nicht gerechnet:«
    »Aber am Dock war ein Platz für mein Boot reserviert«, sagte Mond.
    »Für die Herrin bleibt immer eine Anlegestelle frei, in der Hoffnung, sie möge kommen. Das ist Tradition. Trotzdem hätte ich nicht geglaubt, daß du hier persönlich in Erscheinung trittst.« Mit Nachdruck betonte sie das
Du.
    »Aber jetzt bin ich hier ... und ich danke dir, daß du auch während meiner Abwesenheit an mich denkst, Capella Goodventure.«
    Die Älteste des Goodventure-Clans streifte sie mit einem sonderbaren Blick, wie wenn sie sich fragte, ob Mond wirklich meinte, was sie sagte, oder ob

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