Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Platz auf. »Ich weiß. Darauf weise ich die da oben ja bei jeder Gelegenheit hin. Doch bis die Führer der Hegemonie zur Einsicht gelangen, können noch viele Jahre vergehen. Bis dahin ist es für die Mers zu spät, und für die Bewohner Tiamats möglicherweise auch.«
»Weiß Mond Bescheid, daß Ihr zurückkehrt?«
»Ja.«
»Wie denkt sie darüber?«
»Ich glaube ... sie hat auch davor Angst.«
»Und Ihr ...?«
Schweigend sah er sie eine Weile an; dann wandte er sich ab, betrachtete die schattige Landschaft und das in der Ferne schimmernde Meer. »Ich fürchte«, murmelte er schließlich, »daß ich das alles hier gar nicht aufgeben will, Dhara. Ich fürchte, nach allem, was ich durchgemacht habe, um dieses Ziel zu erreichen, will ich gar nicht mehr nach Tiamat zurückgehen.«
Er merkte, wie sie leise hinter ihn trat und ihn umarmte; ihr warmer Körper schmiegte sich gegen seinen Rücken, und ihre Haare kitzelten seinen Hals, als sie den Kopf auf seine Schulter legte. Sie sagte nichts, sondern hielt ihn nur fest umschlungen.
Langsam, unsicher, legte er seine Hände auf die ihren. »Ich könnte für den Rest meines Lebens hier stehenbleiben, den Ausblick genießen, und dabei wäre ich wunschlos glücklich«, flüsterte er. Er dachte daran, daß er sich in das Weltparlament wählen lassen könnte; dann wäre er für die Geschicke seines eigenen Planeten verantwortlich und nicht für Tiamat, dessen Bewohner ihm wahrscheinlich nur Haß und Abneigung entgegenbringen würden. »Ich habe alles erreicht, wovon ich träumte – sogar noch mehr. Ich fühle mich respektiert, verehrt ...« – er drehte sich, bis er ihr gegenüberstand – »sogar geliebt?«
Sie drückte ihn enger an sich, während er seine Arme um sie legte.
»Sathra, Bhan, Ihr Gast ist eingetroffen.«
Gundhalinu prallte unwillkürlich zurück, als sein Hausverwalter mit einer Verneigung auf den Balkon trat; als der Mann sah, daß sein Herr seine Gemahlin umarmte, entfernte er sich diskret. Gundhalinu atmete tief durch; er hatte das Recht, seine Frau zu umarmen, trotzdem wandte er sich von ihr ab.
Sie hakte sich bei ihm unter, und gemeinsam gingen sie ins Haus, um KR Aspundh zu begrüßen; Gundhalinu spürte, wie sie ihn besorgt von der Seite ansah, doch in ihrem Blick lag noch etwas, das weit stärker war als ihr Kummer – Mitleid.
Aspundh blickte verwundert drein, als sie ihm in gedrückter Stimmung entgegentraten; doch während sie auf das Dinner warteten, unterhielt er sie mit leichtem, unverfänglichem Geplauder. Gundhalinu merkte, wie die Atmosphäre lockerer wurde, und er selbst sich entspannte. Sie alle tranken große Mengen Lith, und während des Hauptgerichts begann Pandhara, anzügliche Witze zu erzählen, über die Aspundh sich überraschenderweise köstlich amüsierte. In schweigendem Staunen beobachtete Gundhalinu seinen Gast; ihm selbst war ganz und gar nicht zum Lachen zumute, ihn freute lediglich, daß Aspundh sich so gut unterhielt.
»Entzückend, PHN ...« Aspundh schnappte nach
Luft. »Und meine besten Empfehlungen an Ihren Küchenchef.« Er führte sein Glas an die Lippen und spülte den letzten Bissen des ungewohnt stark gewürzten Essens mit einem Schluck Lith hinunter. »So gut habe ich seit Jahren nicht gespeist.«
»Danke«, sagte sie und hielt sich die Hand vor den Mund, wie um ein Kichern zu unterdrücken. »Hat es Euch auch geschmeckt, BZ?«
Er nickte, gelinde verwirrt. Er hatte noch gar nicht gemerkt, daß seine Schale fast leergegessen war. »Ausgezeichnet«, murmelte er. »Was ist es denn?« Er aß noch einen Happen.
»Grisha!« Sie strahlte ihn an. »Nach einem Rezept meiner Mutter.«
»Grisha
?« Er schluckte krampfhaft und begann zu husten. »Soll das heißen, daß wir Rattenfleisch essen?«
»BZ! Wie könnt Ihr so etwas aussprechen!« Entrüstet sah sie ihn an. »Wir essen doch kein Rattenfleisch! Seid kein Snob, ich bitte Euch.« Dann fing sie wieder haltlos an zu kichern. »Ihr habt noch nie zuvor Grisha gegessen?«
»Mein Vater kochte es früher sehr häufig«, erzählte Aspundh. »Es ist eines meiner Leibgerichte.«
Gundhalinu starrte ihn an. »Aber Grisha ist ... ist ...« Zu spät fiel ihm ein, daß KR Aspundhs Vater ein NonTech gewesen war.
»Ist dir Grisha zu ›gewöhnlich‹?« Half Pandhara aus und tätschelte ihm über den Tisch hinweg die Hand. »›Gewöhnlich‹ bedeutet doch nur, daß es sehr viele Menschen essen.«
Kopfschüttelnd betrachtete er seinen Teller. »Als ich noch ein
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