Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
Glaube an die Rechtmäßigkeit Ihres Handelns, haben Sie angespornt«, meinte Aspundh. »Vielleicht war sie sich ihrer Aufgabe doch nicht so sicher, wie Sie zu glauben scheinen. Wenn Sie mit dem Oberkommando der Polizei oder dem Zentralen Koordinations-Komitee zu tun hatten, gewannen Sie da den Eindruck, Sie hätten die Situation falsch eingeschätzt?«
Gundhalinus Miene verfinsterte sich. »Nein.«
»Und fühlen Sie sich immer noch für das verantwortlich, was auf Tiamat geschehen wird?«
»Und ob.« Er senkte den Blick. »Und Sie wissen, daß es so ist.«
»Was wird aus Mond Dawntreader?«
Hilflos schaute BZ Pandhara an; ihm war klar, daß sie den Schmerz und die Verwirrung aus seinem Blick herauslas, auch wenn er nicht darüber sprechen konnte.
»Haben Sie daran gedacht«, fuhr Aspundh zögernd fort, »was der Sommerkönigin zustoßen kann, wenn die Hegemonie nach Tiamat zurückkehrt?«
Eine eisige Hand umklammerte Gundhalinus Herz. »Bei den Göttern ... Nein, sie würden nicht befehlen, daß man sie opfert! Es wäre der falsche Zeitpunkt ... der Sommer hat dort ja kaum begonnen. Die Rituale des Wechsels würden verletzt.«
»Für Tiamat ist die Rückkehr der Hegemonie bereits ein grober Verstoß gegen die Tradition. Ich behaupte ja nicht, daß es so kommen muß, ich kann es nicht wissen. Aber was wäre, wenn ...?«
Gundhalinu sackte in die kühlen Seidenkissen zurück. Mond Dawntreader war nicht die Herrscherin, die die Hegemonie nach ihrer Rückkehr anzutreffen erwartete. Wenn sie ihnen trotzte ... Alte Machtstrukturen waren noch intakt; die meisten der ehemals einflußreichen Winterleute lebten noch, und sie würden nicht zögern, Mond dem Meer zu opfern. Wieder schaute er Pandhara an; sein Herz verkrampfte sich, dabei hatte er immer gewußt, daß er nicht würde bleiben können, denn seine Erinnerungen und die Wahrheit würden ihn niemals loslassen.
»BZ«, sagte sie mit einer Stimme, die viel kräftiger und sicherer klang als vorher. »Als Ihr mir Eure Geschichte erzähltet, wußte ich nichts von Eurer Vergangenheit, ich hatte ja keine Ahnung, was Ihr alles erlitten und durchgemacht habt. Tiamat hat Euch zu dem gemacht, was Ihr heute seid. Ich habe das Gefühl, als hätte der Geist dieses Ortes mich berührt, als würden Eure Ahnen durch Euch zu mir sprechen. Ihr müßt tun, was Ihr für das Richtige haltet, dann werdet Ihr auch Euer Ziel erreichen. Als Ihr mich in den Arm nahmt, sah ich einen bestimmten Blick in Euren Augen ... und jetzt sehe ich ihn wieder – Ihr seid nur ein Geist. In Wahrheit seid Ihr gar nicht hier, und Ihr werdet es nie sein, solange die Antworten auf all Eure Fragen nur auf Tiamat zu finden sind ... denn dort liegt der Schlüssel zu Eurer Persönlichkeit. Geht zu Mond zurück ... und die Götter werden Euch beschützen.«
Sie berührte leicht seine Fingerspitzen; seine Hand umschloß die ihre, ihr Körper kam ihm realer und stofflicher vor als sein eigenes Fleisch. Beinahe unsicher blickte er Aspundh an.
Mond.
Es mußte jetzt gleich passieren, ein letzter Transfer, um ihr die endgültige Botschaft mitzuteilen ...
Aspundh verstand seinen Blick und nickte; schwerfällig stand er auf.
BZ erhob sich gleichfalls. »Ich zeige KR seine Zimmer, Dhara. «
Sie blieb an ihrem Platz; mittlerweile kannte sie das geheimnisvolle Ritual, zu dem sich ihr Gatte und sein Gast zurückzogen, und sie gab sich mit der Erklärung zufrieden, sie hätten vertrauliche politische Angelegenheiten zu erörtern. »Ich danke Ihnen für Ihren Besuch, KR.«
Aspundh nickte. »Es war mir eine Ehre, Sie besuchen zu dürfen.«
Beide schauten Gundhalinu an.
Der zögerte. »Würdet Ihr hier auf mich warten, Dhara? Ich ... möchte noch etwas mit Euch besprechen.«
Sie nickte überrascht, und als sie den Männern hinterherblickte, schien etwas von der brütenden Sorge von ihr abgefallen zu sein.
»BZ ...«, sagte Aspundh und setzte sich in einen bequemen Sessel, während Gundhalinu die Tür schloß. Dann nahm er seinem Gast gegenüber Platz. »Ja, ich bin bereit«, sagte er leise.
»Für den Transfer?« fragte Aspundh. »Oder um nach Tiamat zurückzugehen?«
»Für beides.«
»Dann will ich Ihnen etwas verraten, das Ihnen den Abschiedsschmerz vielleicht ein wenig lindern hilft.« Gespannt sah Gundhalinu, Aspundh an.
»Es gibt Anzeichen dafür«, begann Aspundh, »daß der Konflikt, in dem Sie sich augenblicklich befinden, gezielt herbeigeführt wurde, um Ihnen genau die Zweifel einzuimpfen, mit
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