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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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– nachdem er zum Lügner und Verräter an seinem eigenen Volk geworden war, weil er ihr half, Karbunkel zu erreichen; nachdem er ihr Liebhaber wurde und sie hinterher zu dem Mann führte, den sie unbedingt retten wollte, und mit dem sie verheiratet war; nachdem sie die Sommerkönigin geworden war, und er Tiamat verließ, ohne sie zu verraten. Damals hatte er geglaubt, er würde sie nie wiedersehen.
    Erst als er versuchte, sein eigenes Leben und seine Karriere neu aufzubauen, kam ihm voll zu Bewußtsein, was er früher nur geahnt hatte: daß Mond tatsächlich all das war, was sie behauptete zu sein. Und ihm dämmerte, daß er selbst als ahnungslose, unbedeutende Figur in einem Großen Spiel fungierte, dessen Regeln er nicht kannte.
    »Und das trieb mich nach World's End.« Kopfschüttelnd berührte er das Sibyllenzeichen. »Plötzlich merkte ich, daß ich in dem Spiel gar keine Nebenfigur mehr war, sondern die Historie veränderte.«
    Nachdem er zu sprechen aufhörte, saß seine Frau eine Weile schweigend da, die Arme um die Knie geschlungen, und starrte in den Himmel. Bedächtig wiegte sie den Kopf. »Ihr seid Eurer Ahnen würdig«, murmelte sie schließlich. In einer bewundernden Geste nahm sie seine Hand und drückte sie sich gegen die Stirn.
    Ungeduldig entzog er ihr die Hand und erwiderte: »Ich habe Euch nicht alles erzählt.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Glaubt Ihr denn, Eure Ahnen hätten der Welt alles erzählt – jeden einzelnen schrecklichen Aspekt der Wahrheit?«
    Er sah sie an.
    »›Historie‹ setzt sich auch nur aus Ereignissen zusammen, von denen man annimmt, daß sie passiert sind, Gundhalinu-ken«, sagte sie leise.
    Plötzlich fiel ihm Ilmarinen ein, sein Vorfahr, der aus höheren Motiven Verrat beging und das Große Spiel in Gang setzte. Er seufzte tief. »Warum sieht man das Offensichtliche immer erst zuletzt?«
    Wieder berührte sie ihn; sanft streichelte sie seinen Arm und nahm die Hand gleich wieder fort. »Wenn es anders wäre, ergäbe das Leben vielleicht einen Sinn.« Sie streifte ihn nur mit einem flüchtigen Blick, wie wenn es ihr wehtäte, ihn anzuschauen. Doch als sie weitersprach, klang ihre Stimme kühl und unpersönlich. »Und das könnten wir nicht ertragen, oder?«
    Danach schienen sie sich nichts mehr zu sagen zu haben; deshalb wünschte er ihr eine gute Nacht und suchte sein Zimmer auf. Obwohl er viel später als beabsichtigt zu Bett ging, schlief er schlecht, wie ein Verurteilter am Vorabend seiner Hinrichtung.
    Am nächsten Morgen gingen sie ins Serakande Center, wo das Museum für Künste und Wissenschaft Werke seiner Frau ausstellte. Er trug unauffällige Zivilkleidung, und kaum jemand schenkte ihm Beachtung. Im Mittelpunkt des Interesses stand Pandahra; er genoß den Luxus, unbehelligt im Schatten eines anderen Menschen zu stehen und zu beobachten, wie sie vom Publikum umschwärmt wurde. Er bewunderte ihre Anmut und Intelligenz, wie sie vor Vergnügen strahlte, und wie die Leute sich zu ihr hingezogen fühlten.
    Hinterher gingen sie in sein Lieblingsrestaurant; der Besitzer brachte ihnen eine Flasche importierten Lilander aus seinen Privatbeständen. Später saßen sie in einer kleinen Teestube in einer Seitengasse, im Kreis von Pandharas alten Freunden, und in der anheimelnden Dunkelheit diskutierten sie über Kunst und Politik; alle aus der Clique waren schöpferisch tätig, NonTechs, denen weder Pandharas neuer gesellschaftlicher Status noch sein Rang imponierten. Sie rauchten Gewürzstäbchen und nannten ihn ›Sibyl‹, und er wußte, daß die Anrede ehrenvoll gemeint war.
    Nun war der Abend des letzten Tages angebrochen, den er auf seiner Heimatwelt verbrachte; durch die offene Tür wehte Musik zu ihnen heraus, und während er seine Frau betrachtete, die er nie wiedersehen würde, kam es ihm vor, als schaue er sie zum erstenmal bewußt an. »Ihr seid wunderschön«, preßte er mühsam hervor, als sie grüßend die Hand hob. Er berührte sie mit der seinen und spürte die Wärme, als ihre Handflächen sich aneinanderlegten. Er konnte den Blick nicht von ihrem Gesicht abwenden. »Ich danke Euch für den heutigen Tag«, sagte er, während es ihm endlich gelang, sich von ihrem Anblick zu lösen. »Wenn ich fort bin, werde ich die Erinnerung daran ein Leben lang hüten.«
    »Ich auch«, räumte sie ein und schaute über den fernen Ozean. »BZ ... gestern abend dachte ich noch lange über alles nach, was Ihr mir erzählt habt – und auch über das, was Ihr mir

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