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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Heuchler und ein Verräter, der die Uniform eines ehrbaren Mannes trug. Und er war fest davon überzeugt, daß der Chefinspektor ihn durchschaute.
Tiamat.
Das war das einzige, woran er im Augenblick denken konnte. Dieses Wort, diese Welt, beherrschten ihn.
Tiamat, Tiamat, Tiamat ...
    »Inspektor«, sagte Savanne und deutete ein Nicken an. Gundhalinu preßte die Lippen noch fester aufeinander und spürte, wie sich jeder Muskel in seinem Gesicht und in seinem Körper verspannte, als wappne er sich gegen einen Angriff. Doch der Chefinspektor sagte nur: »Wir beide wissen, daß Ihre Leistung in den letzten Monaten nachgelassen hat.« Wie üblich, kam Savanne direkt auf den Punkt.
    Gundhalinu nahm Haltung an und zwang sich dazu, Savannes Blick zu erwidern. »Ja, Sir.«
    Savannes Fingerspitzen huschten über die Tastatur des Computers, wahllos irgendwelche Informationen auf den Bildschirm zaubernd, wie in einer zerstreuten Geste. Aber vielleicht waren es gar keine wahllosen Informationen. Von seinem Standpunkt aus konnte Gundhalinu den Text nicht lesen. »Um in so kurzer Zeit zum Inspektor befördert zu werden, müssen Sie Ihren Dienst auf Tiamat gewissenhaft versehen haben. Doch in Anbetracht der Tatsache, daß Sie Techniker zweiten Ranges waren, überrascht mich das nicht ...« Savanne stammte von Kharemough, wie Gundhalinu und die meisten hohen Offiziere der Streitkräfte. Er kannte das starre, technokratische Klassensystem und alles, was damit zusammenhing.
    Waren.
Gundhalinu schluckte an dem Wort wie an einem Stück trockenen Brots. Er versteckte die Hände hinter seinem Rücken und betastete die vernarbten Handgelenke. Indem er sich von Kharemough fernhielt, konnte er seiner Familie die Schande ersparen. Doch er hatte es nicht geschafft, sein Versagen zu vergessen; denn seine eigenen Leute vergaßen es nicht, und die traf er überall an, wohin er auch ging.
    Savanne blickte hoch und quittierte seine heimliche Geste mit einem leichten Stirnrunzeln. »Gundhalinu, ich weiß, daß Ihr Dienst auf Tiamat nicht glatt verlaufen ist, und daß Sie immer noch von unangenehmen Erinnerungen gequält werden ... Ich weiß auch, daß Sie immer noch die Narben haben.« Er senkte die Lider, wie wenn die bloße Erwähnung dieser Tatsache ihm peinlich sei. »Allerdings ist mir ein Rätsel, wieso Sie die Narben nicht schon längst entfernen ließen. Daraus dürfen Sie aber nicht schließen, daß ich Ihnen Ihr damaliges Verhalten zum Vorwurf mache.«
    Gundhalinu merkte, wie ihm das Blut in die Wangen schoß. Daß Savanne überhaupt auf die Narben zu sprechen kam, verriet ihm bereits genug. Er gab keine Antwort.
    »Seit fast fünf Standardjahren versehen Sie Ihren Dienst bei uns auf Nummer Vier, und die meiste Zeit haben Sie Ihre Probleme für sich behalten. Vielleicht hätten Sie ruhig ein wenig mehr aus sich herausgehen sollen ...«
    Gundhalinu blickte zu Boden. Ihm war bekannt, daß einige der anderen Offiziere ihn für einzelgängerisch und unnahbar hielten und sie hatten ja recht. Was sie über ihn dachten, war ihm gleichgültig, denn seit seiner Zeit auf Tiamat interessierte ihn nichts mehr. Während er vor dem Chefinspektor stand, fühlte er, wie die Kälte eines längst vergangenen Winters wieder in seine Knochen drang. Er versuchte, sich an ein Gesicht zu erinnern an das Gesicht eines Mädchens mit schneeweißem Haar und Augen wie Achate – um das Bild sogleich wieder zu verdrängen.
    »Sie haben eine bewundernswerte Selbstdisziplin bewiesen ... bis vor kurzem«, sagte Savanne. »Aber seit der Wendroe Brethren-Affäre ... Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, was alles schiefgelaufen ist. Der Generalgouverneur hat sich persönlich bei mir darüber beschwert.«
    Jetzt wußte Gundhalinu, woher der Wind wehte. Am liebsten hätte er eine Grimasse geschnitten.
Die Polizei mußte den guten Willen der Hegemonie demonstrieren.
Er blinzelte nervös, doch er hielt Savannes Blicken stand. »Ich übernehme die volle Verantwortung dafür, Sir. Meine Vorwürfe gegen den Kammerherrn jener Bruderschaft sind unentschuldbar.«
Obwohl sie stimmen.
In ihren Beziehungen mit der herrschenden Kaste eines Planeten war es zumeist die Wahrheit, die als erstes geopfert wurde.
    Kharemough hielt die Hegemonie durch ein lockeres Netz aus Wirtschaftssanktionen und eigennützigen Manipulationen zusammen, denn ohne einen überlicht-schnellen Schiffsantrieb war eine echte Zentralisierung unmöglich. Außer dem gemeinsamen Zugang zu den Schwarzen Pforten hatten

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